Dokumentarfilm | Österreich/Deutschland 2009 | 96 Minuten

Regie: Lilian Franck

Dokumentarfilm über den Wiener Klavierstimmer Stefan Knüpfer, der dafür sorgt, dass die Instrumente den Anforderungen internationaler Star-Pianisten genügen. Mit Liebe zum Detail widmet sich der Film in langen Einstellungen dem "Innenleben" der Instrumente und der Arbeit des Stimmers. Ein faszinierender Einblick in einen verborgenen Aspekt der Musikwelt, der für die Brillanz der großen Pianisten unabdingbar ist. - Sehenswert ab 12.
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Filmdaten

Originaltitel
PIANOMANIA
Produktionsland
Österreich/Deutschland
Produktionsjahr
2009
Produktionsfirma
Oval/WILDart
Regie
Lilian Franck · Robert Cibis
Buch
Lilian Franck · Robert Cibis
Kamera
Jerzy Palacz
Musik
Matthias Petsche
Schnitt
Michèle Barbin
Länge
96 Minuten
Kinostart
09.09.2010
Fsk
ab 0; f
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 12.
Genre
Dokumentarfilm
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Verleih DVD
Lighthouse
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Diskussion
Die Katastrophe konnte gerade noch einmal abgewendet werden: Die neuen Hammerköpfe für den „245“ sind endlich da! Die zuvor angelieferten Köpfe für einen der Konzertflügel der Wiener Konzerthalle waren – Stefan Knüpfer hatte mit einem Blick geschätzt – „etwa 0,7 mm zu schmal“ gewesen. So etwas ist einfach untragbar angesichts des Qualitätsanspruchs, mit dem Knüpfer an seine Arbeit herangeht. Knüpfer ist Stimmer und Cheftechniker bei Steinway & Sons Austria und sorgt dafür, dass ein Alfred Brendel seine Klangfarbe bekommt, egal in welcher Umgebung und auf welchem Flügel er seinen Beethoven gibt. Er begleitet Lang Lang beim Flügelkauf und Pierre Laurant Aimard bei den diffizilen Aufnahmen seiner Bach-Einspielungen. Knüpfer ist der Meister des Stimmhammers, des Schraubenziehers und der Stimmgabel. Wenn er mit einem Flügel fertig ist, sind mitunter Tage ins Land gegangen – oder eine ganze Nacht im menschenleeren Wiener Mozart-Saal, um die besagten Hammerköpfe mit selbst gerührtem Leim im Innenleben des Flügels zu fixieren. Es ist eine bizarre, im Normalfall verborgene Welt, der sich die Dokumentaristen Lilian Franck und Robert Cibis mit „Pianomania“ nähern. Sie tun dies mit aller gebotenen Behutsamkeit, denn in dieser Welt ist es nicht witzig gemeint, wenn ein Pianist fragt, ob denn ein Flügel in diesem Konzerthaus „leben“ würde oder ob er antransportiert worden sei. Im Universum der Pianisten und deren unauffälliger Helfershelfer spielt schon ein Hauch einer Andruckveränderung der Klaviatur eine entscheidende Rolle. Man muss dazu wissen, dass auch die berühmtesten Solisten hier nicht mit eigenem Gerät reisen: Wo ein Violinist seine Stradivari nie einem Fremden überlassen würde, da sind Brendel und Co. auf das angewiesen, was an Instrumenten bereit gestellt wird. Dafür, dass diese in Wien allerhöchsten Anforderungen gerecht werden, steht Stefan Knüpfer. Er hat es nicht leicht mit den Stars, die mitunter selbst die Großtaten des Stimmmeisters noch zu verbessern wissen. Aber Knüpfer ist die Geduld in Person, die noch die letzte Unebenheit ausmerzt, um dem Steinway den perfekten Klang zu entlocken. „Pianomania“ nimmt sich viel Zeit für „Nebensächlichkeiten“, die anhand der technisch aufwändigen Bach-Einspielungen von Maestro Aimard im Mozart-Saal dem staunenden Zuschauer vor Augen geführt werden. Da wird die „245“ des Öfteren von Knüpfer in ihre Einzelteile zerlegt, nur um dem absoluten Gehör des Klaviervirtuosen gerecht zu werden. Franck und Cibis zwingen den Zuschauer und -hörer zur Disziplin, denn wenn schon ein Blick ins Innere des Instruments und seiner Herren gewagt wird, dann auch in aller Ausführlichkeit. Um die Arbeit solcher Exoten zu würdigen, reichen schließlich nicht die fünf Minuten „Schnellschell“-Reportage aus dem Fernsehen. Auch formal ziehen die Regisseure die Handbremse: mit langen, ruhigen Einstellungen auf Mensch und „Material“. Nur als „Zwischenspiel“ beweisen sie – von atemloser Musik begleitet –, dass sie ihre ausgesucht komponierten Bilder auch virtuos im Staccato montieren können. „Pianomania“ ist eine dokumentarische Offenbarung, die – eine vernünftige Tonanlage im Kino vorausgesetzt – den Blick auf den Pianisten um eine wertvolle Komponente erweitert.
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