Young Victoria

Historienfilm | USA/Großbritannien 2009 | 104 Minuten

Regie: Jean-Marc Vallée

Historienfilm über die britische Königin Victoria, der die Zeit kurz vor und die ersten Jahre nach ihrer Inthronisation beleuchtet. Dabei geht es um die Reifung der unerfahrenen jungen Frau, die durch politische Intrigen und die "Hofdamenkrise" herausgefordert wird, aber auch durch die Beziehung zu ihrem künftigen Ehemann Prinz Albert. Das gediegen inszenierte Kostümkino wartet mit üppiger Ausstattung und prominenten Darstellern auf, wobei ihm besonders das frische Spiel der Hauptdarsteller Akzente einer bewegenden, durchaus modernen Coming-of-Age- und Liebesgeschichte verleiht. - Ab 12.
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Filmdaten

Originaltitel
THE YOUNG VICTORIA
Produktionsland
USA/Großbritannien
Produktionsjahr
2009
Produktionsfirma
GK Films/Initial Ent.
Regie
Jean-Marc Vallée
Buch
Julian Fellowes
Kamera
Hagen Bogdanski
Musik
Ilan Eshkeri
Schnitt
Jill Bilcock · Matt Garner
Darsteller
Emily Blunt (Queen Victoria) · Rupert Friend (Prinz Albert) · Paul Bettany (Lord Melbourne) · Miranda Richardson (Herzogin von Kent) · Jim Broadbent (König William)
Länge
104 Minuten
Kinostart
22.04.2010
Fsk
ab 0; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 12.
Genre
Historienfilm
Externe Links
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Heimkino

Die Extras enthalten u.a. ein Feature mit im Film nicht verwendeten Szenen (23 Min.).

Verleih DVD
Capelight (16:9, 2.35:1, DD5.1 engl./dt.)
Verleih Blu-ray
Capelight (16:9, 2.35:1, dts-HDMA engl./dt.)
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Diskussion
Die ruhmreichsten Epochen ihrer Geschichte erlebte die britische Monarchie nicht unter den Königen Heinrich, Edward oder George, sondern unter der Herrschaft von Elisabeth und Victoria. Beide Königinnen erfreuten sich einer langen Regentschaft, weshalb ganze Zeitalter nach ihnen benannt wurden. Wer wollte da ernsthaft etwas gegen die gefühlt hundertste Verfilmung ihres Lebens einwenden, gegen ein Genre, das sich in England einer unverwüstlichen Beliebtheit erfreut, wenn es doch Schauspielerinnen vom Schlage einer Glenda Jackson, Judi Dench oder Cate Blanchett Gelegenheit zum Brillieren bietet. Emily Blunt als junge Victoria hat es schwer, in dieser Ahnenreihe einen Akzent zu setzen, glänzt aber als Augenweide, auch wenn sie ihrem historischen Vorbild, das man als korpulente Melancholikerin überwiegend von Fotografien aus der zweiten Lebenshälfte kennt, mit ihrer fröhlichen Lebhaftigkeit nicht gerade ähnelt. Die Erfahrungen als durchtriebene Manipulatorin in dem Jugenddrama „My Summer of Love“ (fd 37 113) schimmern in ihrer Darstellung der trotzig pubertierenden Thronanwärterin immerhin durch. Diese bewegt sich durch die eleganten Gemächer des Kensington Palace und später des Buckingham Palace so lange am Rande der Schwerelosigkeit, bis ihr mit gerade mal 18 Jahren nach der Krönung zur Herrscherin eines Empire eine erste politische Krise die Freude am Regieren verdirbt. Was kurz vor und nach der Thronbesteigung im Jahr 1837 geschieht, erweist sich für die unerfahrene Jugendliche als harte Lebensschule. Intrigen und Machtkämpfe bestimmen ihren Alltag und liefern genug Material für charakterliche Prüfungen. Erst muss sie sich der Machenschaften ihrer herrschsüchtigen Mutter erwehren, die ihr im Namen ihres Günstlings den Thron streitig macht. Dann versucht die über Europa verstreute Verwandtschaft, Einfluss auf ihre Heiratspläne zu nehmen. Als ihr Onkel William IV stirbt, steigt sie über Nacht zur mächtigsten Frau des Landes auf, entlässt ihre von Miranda Richardson mit viel Sinn für boshaftes Taktieren verkörperte Mutter und wählt sich Premierminister Lord Melbourne zum Berater. Obwohl dessen Partei bei der Wahl unterliegt und Melbournes Rivale von der Königin fordert, ihren von Whigs-Anhängern dominierten Hofstaat mit Hofdamen aus dem Kreis der Torys zu erweitern, weigert sie sich standhaft, den Forderungen nachzugeben – was ein taktischer Fehler ist, der sie ihr Ansehen kostet. Melbourne darf zwar mit ihrer Unterstützung im Amt bleiben, animiert damit jedoch die Presse, im Namen des betrogenen Volkes gegen die Entscheidungen aus dem Buckingham Palace Stimmung zu machen. Die einzige Überraschung, die das auf hohem Niveau die üblichen Schleifen drehende Drehbuch von Julian Fellowes bietet, ist ausgerechnet die Liebesgeschichte, die den mehr als spannenden Wirrungen der Politik ein Ende bereitet. Die glückliche Verbindung, die Victoria mit ihrem deutschen Cousin Prinz Albert von Sachsen-Coburg und Gotha einging, sucht in den Annalen des englischen Königshauses ihresgleichen. Dabei ist die Ausgangssituation zunächst ungünstig, da der Prinz zugleich Neffe des belgischen Königs ist und in dessen Auftrag allzu antrainiert um ihre Gunst wirbt. Erst als sie ihm ihren Unwillen kundtut, in der Ehe von einem ferngesteuerten Gatten unterdrückt zu werden, offenbart er ihr seine eigene Abneigung gegen die Pläne der Familie. Trotz der arrangierten Treffen verspürt das Paar nach der Aussprache eine tiefe Seelenverwandtschaft, die sich während der „Hofdamenaffäre“ vor allem im regen Briefverkehr äußert und nach vielen beschwingten Walzerrunden in Liebe übergeht. Drei Jahre nach der Thronbesteigung gibt es am Hof eine Hochzeit zu feiern, was dem ohnehin mit Opulenz nicht geizenden Kostüm-Epos Gelegenheit zum obligatorischen Bilderrausch bietet, der sich allerdings schnell als Einstimmung auf die voremanzipatorische Ehekrise entpuppt. Während Victoria in dem attraktiven Gatten einen Liebhaber und Vertrauten zu finden hofft, pocht Albert auf eine Teilnahme am politischen Geschehen. Wie gut, dass sie inzwischen in den Strategien der Machtverteidigung geübt ist. Um den Gemahl nicht gänzlich an seiner Nutzlosigkeit verkümmern zu lassen, überträgt sie ihm die Neuorganisation des Palastpersonals. Das hindert ihn nicht daran, weiterhin Kontakt zu Politikern zu suchen. Erst als er sich der Kugel eines Attentäters heldenhaft entgegen wirft und der Königin damit das Leben rettet, gibt sie nach und akzeptiert ihn als Mitregierenden an ihrer Seite. Auch wenn diese unbeholfen motivierte Wendung in einem Historienfilm kurios anmutet, muss hier doch ein Mann um die Gleichberechtigung neben einer Frau kämpfen, mutet die dramatische Bearbeitung des von Martin Scorsese und Sarah Ferguson produzierten Stoffs erfreulich zeitgemäß an. Die zwischen Voice-Over-Passagen, Halbtotalen und überdeutlicher Symbolik changierende Regie begnügt sich dagegen mit dem gediegen langsamen Erzählfluss im Modus historischer Literaturverfilmungen aus dem Hause BBC. Bei der diesjährigen „Oscar“-Verleihung musste sich das opulente Opus deshalb nur mit einer Trophäe für die Kostüme begnügen.
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