Long Distance Love

Dokumentarfilm | Schweden 2009 | 77 Minuten

Regie: Magnus Gertten

Dokumentarischer Film über ein junges Paar aus der kirgisischen Stadt Osch an der der Grenze zu Usbekistan. Die wirtschaftlich desolate Situation der Region zwingt den Mann, seine schwangere Frau zurück zu lassen und in Moskau Arbeit zu suchen; doch auch dort ist das (Über-)Leben hart. Die mit Rückblenden und reinszenierten Szenen arbeitende Erzählstruktur des Films verwischt die Grenze zwischen Dokumentation und Fiktion, was sich als effektive Herangehensweise erweist, um das Erleben der Protagonisten eindrücklich zu vermitteln. - Ab 14.
Zur Filmkritik

Filmdaten

Originaltitel
LONG DISTANCE LOVE | MILOSC NA ODLEGLOSC
Produktionsland
Schweden
Produktionsjahr
2009
Produktionsfirma
Auto Images
Regie
Magnus Gertten · Elin Jönsson
Kamera
Jon Rudberg
Musik
Magnus Jarlbo
Schnitt
Jesper Osmund
Länge
77 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 0
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Dokumentarfilm
Externe Links
IMDb | TMDB | JustWatch

Heimkino

Verleih DVD
Neue Visionen (16:9, 1.78:1, DD2.0 usbek.)
DVD kaufen

Diskussion
Einwanderer aus Kirgistan sitzen in einer Wohnung in Moskau beisammen. Die etwa 20 Menschen eint die Suche nach Arbeit. Ein Mann erzählt, dass sein Onkel ihm bei einer Tasse Tee einmal den Rat gegeben habe, sich nicht von fremden Ländern locken zu lassen. Wenn er zu Hause leide, sei das immer noch besser als in der Fremde. Auf dem Boden steht ein Wasserkessel, daneben eine Tasse mit dem Konterfei von Wladimir Putin. Zu Russland und dann zur Sowjetunion gehörte Kirgistan seit 1876. Im August 1991 erklärte die Republik ihre Unabhängigkeit. Seitdem wurde das Land, in dem über 41 Prozent der Menschen unterhalb der Armutsgrenze leben, immer wieder von schweren Unruhen erschüttert. Erst kürzlich kam es zu blutigen Ausschreitungen zwischen Kirgisen und Angehörigen der usbekischen Minderheit. In der Stadt Osch, die an der Grenze zu Usbekistan gelegen ist, wurde der Ausnahmezustand verhängt. Hier ist auch das Zentrum von „Long Distance Love“: Die in Osch lebende Familie des 18-jährigen Alisher muss wie viele andere um ihre Existenz bangen. Als er seine 17-jährige Freundin Dildora heiratet und diese schwanger wird, geht er nach Russland, weil er zu Hause keinen Job findet. Die Hoffnung auf schnelle Arbeit wird allerdings schon auf der Reise getrübt, als er von anderen kirgisischen Arbeitssuchenden erfährt, dass auch in Moskau die Zeiten hart seien. Viel länger als geplant bleibt Alisher in der 3.500 Kilometer von seiner Heimat entfernten Metropole. Bis er Geld verdient, vergeht viel Zeit. Die Geburt seines Sohns erlebt er nicht. Immer wieder wird er von Verzweiflung gepackt, während die Familie zu Hause ihre Wohnung verliert. Mehr als ein halbes Jahr befindet er sich bereits in Moskau, als die Polizei ihn auf der Straße kontrolliert und feststellt, dass sein Pass ungültig ist. Die kirgisische Agentur, die ihn nach Moskau vermittelte, hat ihn betrogen. Er muss nach Hause zurück. Das Glück des Wiedersehens ist groß, doch es währt nur kurz. Die Probleme nehmen kein Ende. Alisher muss wieder weg. Doch diesmal geht er nach Bischek, der Hauptstadt Kirgistans, wo er tatsächlich Arbeit findet. Von seiner Frau nicht allzu lange getrennt zu sein, verringert das Leid. „Long Distance Love“ kann zu jener Form des Dokumentarfilms gezählt werden, die als solche kaum erkennbar ist. Die Geschichte um Alisher und Dildora ist von den ersten Bildern an inszeniert. So tritt Alisher eingangs als rückblickender Erzähler auf. Vieles von dem, was man danach sieht, muss demzufolge re-inszeniert ein. Zudem ist die Ästhetik des Films selten dokumentarisch. Wenn Alishers Mutter bei ihrer Arbeit gezeigt wird und sie dann davon erzählt, wird der erste Eindruck, sie spreche für die Kamera, nach einem Umschnitt relativiert, weil Dildora dabei sitzt und ihr zuhört. Zudem erwecken die Personen den Eindruck, dass sie schauspielern. Dennoch geht dadurch die enorme Intimität vieler Szenen, vor allem mit Alisher und Dildora, nicht verloren. Den Film als Spiel mit Inszenierung und Authentizität zu bezeichnen, würde allerdings in die falsche Richtung führen. „Long Distance Love“ zählt eher zu jenen ambitionierten Dokumentarfilmen, die ganz selbstverständlich das Leben mit allen Mitteln, die der Film zur Verfügung stellt, auf die Leinwand bringen.
Kommentar verfassen

Kommentieren