Männer im Wasser

Komödie | Schweden/Deutschland 2008 | 102 Minuten

Regie: Måns Herngren

Ein schwedischer Journalist in der Midlife-Krise sucht neue Herausforderungen, weshalb er seine Kumpel überredet, sich für die erste Weltmeisterschaft im Männersynchronschwimmen in Berlin anzumelden. Ein unaufdringliches Plädoyer für Toleranz und (Männer-)Freundschaft, das von einem homogenen Schauspielerensemble getragen wird und geschickt die Balance zwischen Unterhaltung und persönlich-sozialen Konflikten hält. Die stimmungsvollen Bilder und der atmosphärisch gut eingebundene Soundtrack runden ein mit kleinen Widerhaken versehenes "Feel Good Movie" ab. - Ab 12.
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Filmdaten

Originaltitel
ALLT FLYTER
Produktionsland
Schweden/Deutschland
Produktionsjahr
2008
Produktionsfirma
Fladen Film/Zentropa Entertainments/Gadda Five/Nordisk Film/SVT
Regie
Måns Herngren
Buch
Jane Magnusson · Måns Herngren
Kamera
Henrik Stenberg
Musik
The Soundtrack of our Lives
Schnitt
Fredrik Morheden
Darsteller
Jonas Inde (Fredrik) · Amanda Davin (Sara) · Andreas Rothlin-Svensson (Charles) · Jimmy Lindström (Larry) · Peter Gardiner (Victor)
Länge
102 Minuten
Kinostart
19.08.2010
Fsk
ab 0; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 12.
Genre
Komödie

Diskussion
Nun haben auch die Schweden ihr „Feel Good“-Movie à la „Ganz oder gar nicht“ (fd 32 818) – nur dass die Jungs ihre „nackte“ Selbstbestätigung nicht auf der Bühne, sondern im Wasser suchen. Genauer gesagt: beim Synchronschwimmen. Dass diese Sportart auch von Männern betrieben wird, ist nicht nur ein Gag des Films, sondern entspricht durchaus der Realität. Co-Autorin Jane Magnusson trainiert in ihrer Freizeit eine Männersynchronmannschaft und drillte die Schauspieler sechs Monate lang für das Schweben unter und auf dem Wasser. Doch nicht nur „Ganz oder gar nicht“ stand Pate. Auch „Waterboys“ (2001) von Shinobu Yaguchi spukte wohl in Köpfen der Autoren herum, als sie ihre Freundschaftsgeschichte unter Männern entwickelten. Um nicht den bloßen Oberflächenreizen einer skurrilen Grundidee zu verfallen, flochten sie einen Subtext in die Handlung ein: Der Journalist Frederik hat nicht nur seinen Job verloren, sondern auch seine Frau Lotta, die der Karriere wegen nach London zieht und ihn mit der 16-jährigen Tochter Sara zurücklässt. Das bringt Unruhe in seinen Single-Haushalt, aber auch eine neue Herausforderung. Denn seine Tochter trainiert ausgerechnet in jener Halle Synchronschwimmen, in der sein Freund Charles Bademeister ist. Zunächst ist es nur ein Party-Gag, für den sich Frederik, Charles und ihre alte Hockeymannschaft in Badeanzüge zwängen. Aber dann packt sie der Ehrgeiz. Sie gründen das einzige männliche Synchronschwimmteam in Schweden und melden sich zur ersten Weltmeisterschaft in Berlin an. Ein Problem ist allerdings, dass sie zu neunt sind, aber nur acht an den Start gehen dürfen. Was auf den ersten Blick wie eine Travestie-Fantasie aussieht, hat durchaus einen historischen Hintergrund: Das Synchronschwimmen wurde von Männern erfunden und galt bis in die 1940er-Jahre für Frauen als unschicklich. Erst Hollywoods „Schwimm“-Star Esther Williams machte es salonfähig. Deshalb erinnern manche Blickwinkel des Kameramanns Henrik Stenberg nicht von ungefähr an die Wasserballette der „badenden Venus“. Da der Film jedoch ein modernes Märchen sein will, sind die traditionellen Geschlechterrollen dem Zeitgeist angepasst. Sara ist ein selbstbewusstes Mädchen, das die Verantwortung des Vaters und als Trainerin Disziplin von der Männertruppe einfordert. Auf der anderen Seite sind es die Männer, die „diskriminiert“ werden. Zunächst werden sie von einer Frauenmannschaft aus ihrer Hockeyhalle vertrieben, dann weigert sich die Vorsitzende des Schwimmvereins, sie als Mitglieder aufzunehmen. Auch mit „schwulen“ Zuschreibungen haben sie innerhalb und außerhalb der Truppe zu kämpfen, was die Inszenierung mit einem Ausflug zur Stockholmer CSD-Parade geschickt unterläuft. Die Dialoge sind frisch und die gesellschaftspolitischen Kontexte nie aufdringlich. Dass der Film so gut die Balance hält, liegt auch an der straffen Schauspielführung von Måns Herngren, die den Protagonisten einen authentischen Anstrich verleiht. Besonders Jonas Inde und Amanda Davin spielen den Vater-Tochter-Konflikt mit berührender Intensität, ohne den komödiantischen Grundton des Films aus den Augen zu verlieren. Nur in der Berliner Sequenz wirken Dietrich Hollinderbäumer und Jan Henrik Stahlberg hölzern und wie Fremdkörper in einem ansonsten homogenen Ensemble. Letztlich aber feiert der Film auf augenzwinkernde Weise ein Plädoyer für Toleranz und (Männer-)Freundschaft in mal an großes Kino, mal an dokumentarische Perspektiven erinnernden Cinemascope-Tableaus, deren Soundtrack mit der schwedische Indie-Band „The Sound of our Lives“ dem Film einen weiteren Qualitätssprung beschert.
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