Dokumentarfilm | Deutschland 2009 | 93 Minuten

Regie: Dagmar Brendecke

Porträt der NS-Widerstandskämpferin Cato Bontjes van Beek (1920-1943), die bei Bremen in einem liberalen Künstlerhaushalt aufwuchs. Nach Kriegsbeginn suchte sie Kontakt zur "Roten Kapelle" und verfasste antifaschistische Flugblätter, wurde von der Gestapo verhaftet, zum Tode verurteilt und am 15.8.1943 hingerichtet. Der chronologisch strukturierte Film verbindet Fotos, Interviews mit Zeitzeugen und Tagebuch-Aufzeichnungen der Ermordeten zum bewegenden Zeugnis über die Entwicklung eines lebenslustigen Mädchens zur mutigen Kämpferin, wobei der Inszenierung mehr Mut zu assoziativen Bildern gut getan hätte. - Ab 14.
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Filmdaten

Produktionsland
Deutschland
Produktionsjahr
2009
Produktionsfirma
Kick Film/RBB/RB
Regie
Dagmar Brendecke
Buch
Dagmar Brendecke
Kamera
Armin Fausten · Martin Langner
Musik
Carlos Bica
Schnitt
Regina Bärtschi · Bernd Euscher
Länge
93 Minuten
Kinostart
23.09.2010
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Dokumentarfilm
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IMDb

Diskussion
Das dokumentarische Filmporträt einer Person zu zeichnen, die bereits seit 67 Jahren tot ist und von der so gut wie keine bewegten Bilder existieren, ist ein kühnes Unterfangen. Dass sich Dagmar Brendecke dieser Aufgabe dennoch gestellt hat, dürfte mit dem Anliegen zu tun haben, eine mutige Person der Zeitgeschichte dem Vergessen zu entreißen; denn selbst wer sich für Geschichte im Allgemeinen und die NS-Zeit im Besonderen interessiert, dürfte von der Widerstandskämpferin Cato Bontjes van Beek trotz einiger Bücher zu ihrer Person kaum gehört haben. 1920 als Tochter eines Keramikers und einer Tänzerin im idyllischen Fischerhude in der Nähe von Bremen geboren, wuchs sie in einem liberalen Künstlerhaushalt auf. Nach der Scheidung ihrer Eltern zog sie in den 1930er-Jahren zu ihrem Vater nach Berlin, der in seiner Werkstatt vom NS-Regime Verfolgten Unterschlupf gewährte. Mit Kriegsbeginn 1939 nahm Cato Bontjes van Beek Kontakt zu Mitgliedern der Widerstandsgruppe „Rote Kapelle“ auf, verfasste und verbreitete antifaschistische Flugblätter, wurde von der Gestapo verhaftet, vom Reichskriegsgericht zum Tode verurteilt und am 15.8.1943 hingerichtet. Neben zahlreichen Fotos aus dem Familienalbum setzt der Film bei seiner Spurensuche vor allem auf Zeitzeugen sowie auf Briefe und Tagebuch-Aufzeichnungen der Ermordeten. So kommen Cato Bontjes van Beeks Schwester, ihr Bruder und eine Nichte ausführlich zu Wort. Darüber hinaus erzählt der im Mai 2010 verstorbene Maler Rainer Küchenmeister lebhaft von seiner ungewöhnlichen Freundschaft mit der Widerstandskämpferin, die er nie gesehen hat: Während ihrer Gefangenschaft saß er in der Zelle unmittelbar unter der ihren ein. Man sprach durch die Gitterstäbe miteinander und tauschte über ein Seil Briefe und andere Dinge aus. So kamen sich die beiden Häftlinge näher, ohne sich innerhalb des Gefängnisses jemals zu begegnen. Doch letztlich hinterlassen die von der Schauspielerin Anna Thalbach gesprochenen Aufzeichnungen der jungen Cato einen stärkeren Eindruck als all die Erinnerungen der Zeitzeugen. Wie der gesamte Film chronologisch geordnet, wird in ihnen die Entwicklung eines unbeschwerten Mädchens voller Lebenslust und Neugier zu einer angesichts der politischen Verhältnisse zunehmend verzweifelten Frau nachvollziehbar. Besonders ihr Abschiedsbrief an ihre Mutter, verfasst kurz vor ihrer Hinrichtung, ist ein zutiefst bewegendes Zeugnis. Ein wenig problematisch gerät dagegen der Versuch der Regisseurin, Bilder für die aus dem Off verlesenen Texte zu finden; zumeist beschränkt sie sich dabei auf schlichte Illustrationen zu dezenter Musik. Wenn Cato von ihren Schwierigkeiten schreibt, sich im großen Berlin zu orientieren, gibt es dazu einen Blick vom Fernsehturm über die Stadt, und wo die begeisterte Hobby-Fliegerin von ihrem ersten Looping erzählt, steht dazu die Landschaft auf dem Kopf. Hier wäre mehr Mut zu assoziativen Bildern wünschenswert gewesen. Überdies hätte man gern mehr über den Jahrzehnte währenden Kampf der Familie in der Bundesrepublik Deutschland erfahren, die Widerstandskämpferin öffentlich zu rehabilitieren; von dem grotesken Umstand, dass das Todesurteil gegen Cato Bontjes van Beek erst 1998 aufgehoben wurde, ist erst ganz am Schluss die Rede.
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