Willkommen bei den Rileys

Drama | USA/Großbritannien 2010 | 110 Minuten

Regie: Jake Scott

Ein Ehepaar aus dem US-amerikanischen Mittelstand hat sich seit dem Unfalltod der Tochter voneinander entfremdet. Auf einer Dienstreise nach New Orleans lernt der Mann eine junge Stripperin kennen, die der Verstorbenen ähnlich sieht, und versucht, die misslichen Lebensumstände des Mädchens zu verbessern. Daraufhin reist ihm seine Frau nach, um ihre erkaltete Ehe zu retten. Ein bewegendes, von einem vorzüglich spielenden Ensemble getragenes Drama, das zwar nicht alle plakativen Klippen umschifft, gleichwohl aber als Geschichte über die Einsamkeit von Trauernden und darüber, wie man diese Isolation wieder überwindet, überzeugt. - Ab 16.
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Filmdaten

Originaltitel
WELCOME TO THE RILEYS
Produktionsland
USA/Großbritannien
Produktionsjahr
2010
Produktionsfirma
Argonaut Pic./Destination Films/Scott Free Prod.
Regie
Jake Scott
Buch
Ken Hixon
Kamera
Christopher Soos
Musik
Marc Streitenfeld
Schnitt
Nicolas Gaster
Darsteller
James Gandolfini (Doug Riley) · Kristen Stewart (Mallory) · Melissa Leo (Lois Riley) · Joe Chrest (Jerry) · Ally Sheedy (Harriet)
Länge
110 Minuten
Kinostart
31.03.2011
Fsk
ab 16; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 16.
Genre
Drama
Externe Links
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Heimkino

Verleih DVD
Arsenal (16:9, 1.78:1, DD2.0 engl./ DD5.1 dt.)
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Diskussion
Der Titel bezieht sich auf ein Schild, dass die Rileys an ihrem Bungalow in Indianapolis angebracht haben. Während der Exposition von Jake Scotts Drama merkt man allerdings recht schnell, dass es „die Rileys“ als Familie schon eine ganze Weile nicht mehr zu geben scheint. Doug Riley, ein schwergewichtiger Klempner mit einem gut gehenden Unternehmen, unterhält schon längere Zeit eine außereheliche Beziehung mit einer Kellnerin. Seine Ehefrau Lois, eine schlanke und gepflegte, trotzdem aber verhärmt aussehende Frau mittleren Alters, wirkt distanziert und beherrscht; die pedantisch geschniegelte Fassade ihres Äußeren und des properen Hauses entpuppt sich aber bald als mühsam bewahrte Oberfläche, unter der Lois mit einer schweren Angststörung kämpft: Seit Jahren hat sie sich nicht einmal mehr vor die Haustür getraut, um die Post herein zu holen. Der Grund für Lois’ psychische Probleme und für die Entfremdung von Doug ist der traumatische Verlust der gemeinsamen Tochter, die mit 16 Jahren bei einem Autounfall ums Leben kam. In New Orleans, wohin es Doug bei einer Dienstreise verschlägt, widerfährt ihm eine Begegnung, die seinem Leben eine neue Wendung gibt. Als er ziellos durch die Straßen des Vergnügungsviertels mäandert, gerät er in einen Club und dort an die Stripperin Mallory – doch nicht aus erotischem Interesse an der Frau, denn diese ist nicht nur so jung wie seine Tochter, sondern sieht der Verstorbenen außerdem sehr ähnlich. Offensichtlich weckt Mallory damit Dougs väterliche Beschützerinstinkte, denn er stürzt sich kopfüber in das Projekt, Mallorys Leben zu verbessern, was er als Handwerker zunächst ganz praktisch anpackt, indem er das heruntergekommene Haus, in dem sie Unterschlupf gefunden hat, auf Vordermann bringt. Er geht schließlich so in dieser Rolle auf, dass er Lois völlig hinter sich zu lassen scheint. Ein Telefonat, bei dem er ihr mitteilt, er könne nicht zu ihr zurückkehren, wirkt für Lois wie ein Schock – und wie ein Weckruf, der sie aus ihrem Trauerkokon herauslockt. Trotz ihrer Agoraphobie verlässt sie das Haus und setzt sich hinters Steuer ihres Wagens, um ihrem Ehemann nachzureisen. Jake Scott, der Sohn von Ridley Scott, der zusammen mit Tony Scott den Film produziert hat „Wilkommen bei den Rileys“ produziert hat – überzeugt hier vor allem als Schauspieler-Regisseur, der seine versierten Darsteller brillieren lässt. Insbesondere Melissa Leo meistert es einmal mehr bravourös, die Entwicklung ihrer Figur ebenso glaubwürdig wie berührend zu vermitteln – was durchaus keine leichte Aufgabe ist, da die Erzählperspektive zunächst auf Seiten ihres Ehemanns ist, der unter der inneren wie äußeren Abschottung seiner Frau leidet. James Gandolfini spielt Doug als Mann, dessen gewichtige Erscheinung ihm einerseits mehr Bodenhaftung und Erdverbundenheit verleiht als seiner ätherischen, wie ein Schatten ihrer selbst wirkenden Frau, andererseits aber auch die innere Last veräußerlicht, die er mit sich herum trägt. Kristen Stewart wiederum, die vor ihrem Aufstieg zum Teenie-Idol in Filmen wie „Fierce People“ (fd 38 704) oder „Into the Wild“ (fd 38 560) durchaus schauspielerisches Können bewies, hat zwar die undankbarste Rolle innerhalb des Beziehungs-Dreiecks, weil Mallory vor allem als Trigger für die Trauer- und Beziehungsarbeit der Rileys funktionalisiert wird; sie versteht es aber trotzdem, dieser Projektionsfigur ein eigenes Format zu geben; vor allem schafft sie es, Mallory nicht als bemitleidenswertes Opfer dastehen zu lassen, sondern der Figur eine gute Portion trotziger Stärke mit auf den Weg zu geben. Dabei gelingt es dem jungen Regisseur nicht immer, plakative Klippen zu umschiffen – so nuanciert und glaubwürdig Scott das Verhältnis der Eheleute Riley zueinander entwickelt, simplifiziert er doch andererseits beider Verhältnis zu Mallory. Entsprechend stellen sich in der zweiten Filmhälfte, in der diese Beziehung im Vordergrund steht, mitunter Längen ein. Trotzdem gelingt Sott zusammen mit seinem Ensemble ein durchaus bemerkenswerter Film, der weniger die sozialromantische Rettung eines „gefallenen Mädchens“ im Visier hat als vielmehr davon erzählt, wie einsam Trauer machen kann – und wie sich diese Einsamkeit überwinden lässt.
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