Drama | USA 2010 | 91 Minuten

Regie: Philip Seymour Hoffman

Ein alleinstehender, zurückhaltender Chauffeur von Leihlimousinen wird von einem befreundeten Ehepaar mit einer ebenfalls alleinstehenden Frau zusammengebracht. Um deren Herz zu erobern, lernt er Kochen und ist sogar bereit, seine Wasserscheu zu überwinden. Während sich sein Liebesglück anbahnt, gerät die Ehe der Freunde in die Krise. Angenehm stilles, unprätentiöses Regiedebüt über den Versuch zweier Menschen, einen Weg zueinander zu finden. Die im Grunde schlichte Liebesgeschichte wird von den sympathischen Hauptfiguren getragen und mit Substanz gefüllt. - Ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
JACK GOES BOATING
Produktionsland
USA
Produktionsjahr
2010
Produktionsfirma
Big Beach Films/Cooper's Town Prod./Labyrinth Theater Company/Olfactory Prod.
Regie
Philip Seymour Hoffman
Buch
Bob Glaudini
Kamera
Mott Hupfel
Musik
Susan Jacobs
Schnitt
Brian A. Kates
Darsteller
Philip Seymour Hoffman (Jack) · Amy Ryan (Connie) · John Ortiz (Clyde) · Daphne Rubin-Vega (Lucy) · Thomas McCarthy (Dr. Bob)
Länge
91 Minuten
Kinostart
24.02.2011
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Drama
Externe Links
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Heimkino

Verleih DVD
Alamode (16:9, 1.85:1, DD5.1 engl./dt.)
Verleih Blu-ray
Alamode (16:9, 1.85:1, dts-HD engl./dt.)
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Diskussion
Jack ist ein netter Kerl. Wenn man ihn das erste Mal auf der Leinwand sieht, liegt er im Bett und starrt an die Decke, wobei die Kamera in Draufsicht einen Ausdruck von so naiver Nachdenklichkeit auf seinem Gesicht einfängt, dass man ihm keinen bösen Gedanken zutraut. Bald darauf erfährt man, dass Jack vor allem deshalb gerne Reggae hört, weil diese Musik eine positive Stimmung verbreitet. Obwohl er als Chauffeur von Leihlimousinen berufsbedingt ständig Zurückhaltung übt, nimmt er sich auch privat so höflich zurück, dass seine Mitmenschen ungestört zu Wort kommen. Als die neurotische Connie beim ersten Blind Date weitschweifig nacherzählt, wie ihr vermeintlich todgeweihter Vater aus dem Koma erwachte, schenkt Jack ihr seine volle Aufmerksamkeit. Und er gibt ihr alle Zeit der Welt, sich auf eine Beziehung einzulassen. Als nächste Verabredung schlägt er eine Ruderpartie vor, die das Wetter erst Monate später erlaubt. Da scheint es verzeihlich, dass sich Jack gegenüber Lucy, der Ehefrau seines Kollegen und einzigen Freundes Clyde, verplappert und damit die schwärenden Probleme in deren Ehe verkompliziert; oder dass Jack im Zuge der Vorbereitung eines Abendessens, das über seine Chancen bei Connie Klarheit bringen soll, die Hilfsbereitschaft von Clyde und Lucy über Gebühr strapaziert. Allerdings kann man den Mangel an Sensibilität gegenüber dem befreundeten Paar auch als Ausdruck eines Desinteresses werten, auf das bereits Jacks Angewohnheit hindeutet, sich ständig mit den Kopfhörern eines alten Walkman von der Umwelt abzuschirmen. In diesem Licht kann man Jack statt naiv einfältig nennen, und statt seine Zurückhaltung zu loben, mag man mit Fug und Recht einwenden, dass es ihm an Faszinationskraft mangelt. So ähnlich verhält es sich auch mit diesem Film. „Jack in Love“ ist nett. Es handelt sich um die Independent-Verfilmung eines Off-Broadway-Stücks, wobei Drehbuchautor Bob Glaudini die Handlung seiner Bühnenvorlage auf diverse Orte in New York verteilt. An Philip Seymour Hoffman gibt es ohnehin nichts auszusetzen, zumal er sich sowohl als Hauptdarsteller als auch als Regisseur bescheiden zeigt. Nachdem Jack von Clyde gelernt hat, dass es leichter ist, Schwimmen zu lernen, wenn man die einzelnen Bewegungsabläufe visualisiere, führt der Regiedebütant durch dezente Überblendungen die mentale Vorbereitung seiner Figur auf die sommerliche Ruderpartie vor Augen. Ansonsten beschränkt sich die Regie darauf, Kameramann Mott Hupfel diskret das Spiel des Ensembles einfangen zu lassen, das (mit Ausnahme von Amy Ryan) seine Rollen schon auf der Bühne verkörperte. Obwohl die von ihm selbst gespielte Figur im Zentrum steht, lässt Hoffman dabei zwei Kollegen glänzen, die man viel zu selten im Kino sieht: Amy Ryan legt Connies Nervosität so nuanciert an, dass man nie weiß, ob diese bei ihren Erzählungen übertreibt oder vielleicht zur Einbildung neigt; und es bricht einem fast das Herz, John Ortiz als Clyde zuzusehen, der ein herzensguter Kerl ist, aber im Begriff steht, jene Beherrschung zu verlieren, die er zur Rettung seiner Ehe bräuchte. Umso mehr stört es, dass der Film gerade dieses Ehekriseln als Katalysator für den Reifeprozess des Protagonisten missbraucht. Wenn man genau hinschaut, mag man einwenden, dass auch die brave Lektion des Films fürs Leben – dass auf jedes Töpfchen irgendein Deckelchen passt – in einem netten Independent-Film nicht unbedingt origineller und aufrichtiger wirkt als in einer Fernsehschnulze; das Gleiche gilt für die andere erbaulichen Botschaften: dass man alles Mögliche lernen kann, wenn man es nur will, beispielsweise Jack das Schwimmen und Kochen. Implizit schwingt dabei ein gewisse Herablassung mit: „Wenn dieser nette, plumpe Einfaltspinsel das kann, dann können es ja wohl alle!“ Es ist bezeichnend, dass es Stück wie Inszenierung versäumen klar zu machen, worin genau die beruflichen Aufstiegschancen bestehen, die Jack nebenbei ergreift. Der Film hält es nicht für nötig zu vermitteln, warum es für einen einfachen Kerl wie Jack eine Verbesserung sein soll, auf irgendeine Stelle bei den New Yorker Verkehrsbetrieben zu wechseln.
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