Western | USA 2010 | 110 Minuten

Regie: Ethan Coen

Ein 14-jähriges Mädchen, dessen Vater ermordet wurde, heuert einen abgehalfterten Marshal an, um Rache zu nehmen. Ein junger, hitzköpfiger Texas Ranger schließt sich dem Duo an. Die Jagd nach dem Bösewicht erweist sich als waghalsige Odyssee durch einen winterlichen Kosmos voller absonderlich-gefährlicher Begegnungen. Ein spannender, bildgewaltiger Western nach einem Roman, den bereits Henry Hathaway mit John Wayne in der Hauptrolle adaptierte ("Der Marshal", 1968). Bis auf wenige Abweichungen bleibt das Remake in Handlung und Erzähltonfall nahe am Original, wobei Hauptdarsteller Jeff Bridges fasziniert, auch wenn er nicht ganz an die Ausstrahlung John Waynes heranreicht. - Ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
TRUE GRIT
Produktionsland
USA
Produktionsjahr
2010
Produktionsfirma
Scott Rudin Prod./Mike Zoss Prod.
Regie
Ethan Coen · Joel Coen
Buch
Ethan Coen · Joel Coen
Kamera
Roger Deakins
Musik
Carter Burwell
Schnitt
Ethan Coen (als Roderick Jaynes) · Joel Coen (als Roderick Jaynes)
Darsteller
Jeff Bridges (Rooster Cogburn) · Hailee Steinfeld (Mattie Ross) · Matt Damon (LaBoeuf) · Josh Brolin (Tom Chaney) · Barry Pepper (Lucky Ned Pepper)
Länge
110 Minuten
Kinostart
24.02.2011
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Western
Externe Links
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Heimkino

Verleih DVD
Paramount (16:9, 2.35:1, DD5.1 engl./dt.)
Verleih Blu-ray
Paramount (16:9, 2.35:1, dts-HDMA engl., DD5.1 dt.)
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Diskussion
Am lange beendeten Drehbuchstreik kann es nicht gelegen haben, dass sich die Coen-Brüder keines Originalskripts angenommen haben, sondern eines Westernstoffs, den es bereits einmal im Kino zu sehen gab. Ethan und Joel Coen lieben das Fabulieren, lieben das Kino, die Mythen, die es umgibt, und sie lieben das Überschreiten von Grenzen. Mit „No Country for Old Men“ (fd 38 601) hatten sie aufgrund dieser „Liebesbeziehungen“ zum Sujet bereits einen „halben Western“ realisiert, warum also nicht auch ein Remake? Vielleicht weil sie mit ihrer Neuverfilmung des Klassikers „Ladykillers“ (fd 36 588) den schlechtesten ihrer inzwischen 15 Filme ablieferten? Davon ließen sie sich offensichtlich nicht abschrecken und präsentieren nun ihre Variante eines Stoffs, den Henry Hathaway bereits Ende der 1960er-Jahre mit John Wayne realisierte. Wie in „Der Marshal“ (fd 16 449) geht es um ein für seine 14 Jahre erstaunlich selbstbewusstes Mädchen. Doch in eine Welt, in der der Colt alles und Gerechtigkeit wenig zählt, scheint die zierliche Mattie Ross so gar nicht passen zu wollen, ist doch bereits die altertümliche Pistole ihres toten Vaters für das Leichtgewicht zu wuchtig. Trotz energischer Wortgewandtheit nimmt man das „Lonesome Cowgirl“ nicht ernst. Daheim auf der Farm hat es gelernt, dass man mit Geld manchmal mehr erreicht als mit guten Worten, und das will Mattie nicht nur nutzen, um ihren kaltblütig ermordeten Vater in einem passablen Sarg aus der Stadt nach Hause zu bringen, sondern auch um den feigen Täter ins Jenseits zu befördern. Marshal Rooster Cogburn könnte der geeignete Helfer sein. Der nicht mehr junge, zielsichere und bei Bedarf gnadenlose „Gesetzeshüter“ ist einer gewissen Kopfprämie als Lohn nicht abgeneigt, zumal er seinen beachtlich steigenden Whisky-Konsum finanzieren muss. Eher ungeplant schließt sich dem ungewöhnlichen Duo der junge Texas Ranger LaBoeuf an, der den potenziellen Täter Tom Chaney schon länger auf seiner Abschussliste stehen hat. Auf dem langen Ritt durch die Prärie entwickeln das sturköpfige Mädchen, das trinkselige Raubein und der prahlerische Anfänger eine Streitkultur, die wenig hilfreich scheint, den Killer zu stellen; zumal dieser sich derweil der Bande um den Scharfschützen „Lucky“ Ned Pepper angeschlossen hat. John Wayne hatte mit John T. Chance in „Rio Bravo“ (fd 8394) und George „MacLintock“ (fd 12 602) bereits zwei kauzige Charaktere gespielt, die Pate für den brummigen (Anti-)Helden Rooster Cogburn gestanden haben könnten. Es hätte keinen Besseren für Henry Hathaways Version geben können – der erste „Oscar“ für Wayne war nicht überraschend. Nach seinem Hauptrollen-„Oscar“ für „Crazy Heart“ (fd 39 749) ist nun Jeff Bridges in einer Position, in der man dem 61-Jährigen alles zutraut: Er ist augenblicklich der einzige Charakterkopf, den man dafür, sich an Rooster Cogburn zu versuchen, nicht von vornherein zur Hölle jagen würde. Von daher kommt der Besetzungscoup einer Absolution gleich, sich an dem Western-Klassiker zu „vergreifen“. Quasi als Absicherung ließen die Regisseure verlauten, dass sie weniger ein Remake im Sinn gehabt hätten, vielmehr den Romanstoff originalgetreuer verfilmen wollten als Hathaway. Würde man den Film nur danach beurteilen, so müsste man feststellen, dass sich der Aufwand nicht gelohnt hat: Zwar bekommt Mattie Ross nun eine Rahmenhandlung zugestanden, in der sie als 40-Jährige ihre glorreiche Odyssee retrospektiv erzählen darf; zwar bekommt LaBoeuf eine andere Gewichtung, und schließlich ist das Finale ein wenig bedrückender – aber eine neue, eine spannendere, eine tiefgründigere und realistischere Geschichte als Hathaway erzählt der Film nicht. Letztlich wirkt er wie das Original: teils amüsant, teils wehmütig, teils abenteuerlich, teils trivial, teils atemberaubend schön – was auch im Jahr 2011 mehr als genug ist für einen guten Western. Jenen Rooster Cogburn freilich, in dem 1969 der ganze mythische Überbau des größten Westerners aller Zeiten mitschwang, sucht man freilich vergebens. Zwar versucht Jeff Bridges, mit annähernd unverständlichem Kauderwelsch (im hörenswerten Original) jene „Patina“ zu erzeugen, doch den Nimbus eines John Wayne kann er nicht in den Part einbringen. Und doch ist „True Grit“ ein sehr unterhaltsamer Genrefilm, den man sich mit Vergnügen anschaut, wobei man sich vor allem an kurzen Nebenrollen (wie denen von Josh Brolin und Barry Pepper als Bösewichte) erfreuen kann. Gleichwohl ärgert man sich auch ein wenig, dass die Drehbuchautoren Joel und Ethan Coen diesmal keine Lust hatten, sich eine eigene Geschichte auszudenken.
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