Hana, dul, sed - Eins, zwei, drei

Sportfilm | Österreich 2009 | 98 Minuten

Regie: Brigitte Weich

Dokumentarfilm über vier Fußball-Spielerinnen aus Nordkorea, die einst nationale Stars waren, nach einer Niederlage in einem wichtigen Spiel aber in Ungnade fielen und sich seither als Normalbürgerinnen zurechtfinden müssen. Er nimmt die Ambivalenzen seiner Protagonistinnen unkommentiert hin und zeigt, wie sie für ihren Sport schwärmen, aber sich fraglos der Diktatur unterordnen, während er auf der visuellen Ebene spannende und entlarvende Bilder findet, die die Absurdität des Systems sichtbar machen. Im Einklang mit den dynamischen Spielsequenzen erreicht der interessante Film gewiss auch Fußballfans. - Sehenswert ab 12.
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Filmdaten

Originaltitel
HANA, DUL, SED
Produktionsland
Österreich
Produktionsjahr
2009
Produktionsfirma
Ri Filme
Regie
Brigitte Weich · Karin Macher
Buch
Brigitte Weich
Kamera
Judith Benedikt
Schnitt
Michaela Müllner
Länge
98 Minuten
Kinostart
09.06.2011
Fsk
ab 0; f
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 12.
Genre
Sportfilm | Dokumentarfilm
Externe Links
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Diskussion
Die Frauenfußball-WM in Deutschland im Sommer 2011 wirft ihre Schatten voraus, und so hat womöglich auch der Startermin dieses Dokumentarfilms mit dem Ereignis zu tun. Dabei hätte die Langzeitbeobachtung einen solchen Aufhänger nicht nötig. Was auch damit zusammenhängt, dass die vier Fußballerinnen, die im Zentrum des Geschehens stehen, aus einem Land kommen, aus dem sonst kaum Bilder in deutsche Kinos gelangen. Die vier Frauen heißen Ri Jong Li, Ra Mi Me, Jin Pyol Hi und Ri Hyang Ok und waren einst Stars der nordkoreanischen Nationalmannschaft, die dank massiver staatlicher Unterstützung zu den besten der Welt gehört. Auch die vier Protagonistinnen führten ein privilegiertes Leben: Anders als ihre Landsleute durften sie ins Ausland reisen und bekamen nach dem Gewinn der Asien-Meisterschaft 2001 von Diktator Kim Jong-il Orden verliehen. Eine Niederlage im Qualifikationsspiel um die Olympia-Teilnahme 2004 gegen den Erzfeind Japan bedeutete für das Quartett jedoch das jähe Karriere-Aus. Der Film begleitet die Kickerinnen während ihrer letzten Monate als Fußballerinnen, aber auch in der Phase danach, als sie sich als Normalbürgerinnen im Alltag in der Hauptstadt Pjöngjang zurechtzufinden müssen. Man lernt vier Frauen kennen, deren Herz für den Fußball schlägt, die sich aber von Spielerinnen anderer Nationen grundlegend unterscheiden; denn so heiter und selbstbewusst sich die Sportlerinnen auch geben, wenn es um ihre Leidenschaft geht, so widerspruchslos fügen sie sich ins rigide politische System der kommunistischen Diktatur. Nicht im Traum käme es ihnen in den Sinn, auch nur ein Wort der Kritik an ihrem verehrten Führer zu äußern, obwohl sie in einem Polizeistaat leben und das Volk unter Hungersnöten zu leiden hat. So selbstverständlich, wie sie nach Auslandsreisen der erste Weg zur riesigen Statue des Diktators führt, so aufmerksam verfolgen sie vor Spielen gegen Klassenfeinde wie die USA ideologische Schulungen. Doch gerade der Umstand, dass die sympathischen Protagonistinnen zu diesen Widersprüchen nicht befragt werden, sondern diese einfach stehen gelassen und auch nicht kommentiert werden, macht den Film so reizvoll. Abgesehen davon, wären die Dreharbeiten, bei denen stets mehrere staatliche Aufpasser zugegen waren, vermutlich sofort abgebrochen worden, wenn auch nur eine Frage zu diesem Thema gestellt worden wäre. Der Film wartet mit zahlreichen wunderbaren Einstellungen auf, in denen vielleicht nicht die Menschenverachtung, aber doch die Absurdität des Systems sichtbar wird: gigantische Regierungsbauten, leere Prachtstraßen, auf deren Kreuzungen Polizistinnen geradezu sehnsüchtig auf Verkehr warten, die allgegenwärtigen, in ihrem Kitsch schon wieder hinreißend komischen Plakate und Gemälde. So überzeugt dieser Dokumentarfilm letztlich durch seine dezidiert filmischen Mittel, mit deren Hilfe er fernab jeden Reportagestils subtile Einblicke in ein Land gewährt, über dessen Bewohner man so gut wie nichts weiß. Da überdies auch die Sequenzen der Länderspiele (teils selbst gedreht, teils Archivmaterial) die sportliche Dynamik angemessen wiedergeben, kommen auch die Fußballfans auf ihre Kosten. Schließlich ist auch der Filmtitel dem Kommando eines Trainers entlehnt: „Hana, Dul, Sed“ heißt schlicht „1, 2, 3“.
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