Gianni und die Frauen

Komödie | Italien 2011 | 89 Minuten

Regie: Gianni di Gregorio

Ein gutmütiger Rentner Anfang 60 kümmert sich hingebungsvoll um seine Familie und die Hunde in der Nachbarschaft. Er erkennt, dass alle seine gleichaltrigen Bekannten eine Geliebte haben und er von attraktiven Frauen umgeben ist; doch die Flucht in Tagträume ist wesentlich einfacher, zumal seine berufstätige Frau seinen Absichten ablehnend gegenüber steht. Leichtgewichtige Komödie, mit der Gianni di Gregorio Figuren und Handlung seines Erstlingsfilms "Das Festmahl im August" (2008) weiterentwickelt. Dabei setzt die liebe- und verständnisvolle, mitunter fast dokumentarisch anmutende Auseinandersetzung mit Männerfantasien primär auf hintersinnigen Dialogwitz. (Auch O.m.d.U.) - Ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
GIANNI E LE DONNE
Produktionsland
Italien
Produktionsjahr
2011
Produktionsfirma
BiBi/Isaria/RAI Cinema
Regie
Gianni di Gregorio
Buch
Gianni di Gregorio
Kamera
Gian Enrico Bianchi
Musik
Ratchev & Carratello
Schnitt
Marco Spoletini
Darsteller
Gianni di Gregorio (Gianni) · Valeria De Franciscis (die Mutter) · Alfonso Santagata (Alfonso) · Elisabetta Piccolomini (die Ehefrau) · Valeria Cavalli (Valeria)
Länge
89 Minuten
Kinostart
22.09.2011
Fsk
ab 0; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Komödie
Externe Links
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Diskussion
Der Titelheld ist ein nicht mehr ganz junger Einwohner Roms, Gianni, um die 60 Jahre vielleicht. Seine Frührentnertage verbringt er überwiegend damit, sich um seine skurrile alte Mutter zu kümmern. Wen diese Ausgangssituation an „Das Festmahl im August“ (fd 39 257) erinnert, Gianni di Gregorios wunderbares Regiedebüt (2008), der irrt nicht: „Gianni und die Frauen“, di Gregorios zweite Regiearbeit, scheint auf den ersten Blick eine Fortsetzung zu sein, zumindest eine Art Spin-Off des Erstlings. Tatsächlich entpuppt sich der Film trotz aller Überschneidungen als ganz und gar eigenständige Produktion. Di Gregorio erzählt von den erfolglosen Versuchen des Römers Gianni, sich eine Geliebte zuzulegen. Anders als der Protagonist im Erstling ist Gianni verheiratet, begegnet seiner berufstätigen Frau aber eigentlich nur zwischen Tür und Angel oder dann, wenn sie mal wieder einen Auftrag für ihn hat. Ähnlich abwesend ist seine studierende Tochter; mit ihrem herumgammelnden Freund verbringt Gianni ungleich mehr Zeit. Mit seinem Tagesablauf zwischen Hunde Ausführen, Besorgungen und den ständigen Anrufen seiner dekadenten Mutter, die ihn für alle möglichen Aufgaben einspannt, wirkt der gutmütige Gianni eigentlich recht zufrieden. Trotzdem fällt es auf fruchtbaren Boden, als ihm sein guter Freund Alfonso den Floh von einer Geliebten ins Ohr setzt. Sogar der schluffige alte Nachbar in seinem Trainingsanzug hat eine, da wäre es ja wohl gelacht, wenn sich nicht auch für Gianni eine fände! Das gestaltet sich freilich viel schwerer als gedacht, auch wenn es eigentlich genug Kandidatinnen gäbe: Cristina, die hübsche Pflegerin seiner Mutter, oder Alyn, die nette Nachbarin, deren Hund Gianni immer Gassi führt. Oder Gabriella, eine alte Bekannte, die sich gerade hat scheiden lassen und ein „neues Leben“ beginnen will. Irgendwas aber kommt immer dazwischen; mal ist es ein Anruf der Mutter zu nachtschlafender Zeit, mal die Gesangsleidenschaft seiner Verabredung, mal steht sich Gianni einfach nur selbst im Weg. Der Reiz des Films besteht darin, ihm bei all diesen Anbahnungsversuchen mit großer Sympathie und Wärme zuzusehen. Di Gregorio inszeniert die Geschichte mit feinem Witz, der vor allem auf der intimen Kenntnis des geschilderten Milieus und seiner Protagonisten, ihrer Lebens- und Denkweise basiert. Selbst eine Autofahrt unter Viagra-Einfluss wird nicht dem platten Amüsement geopfert, sondern gerät zur anrührenden Darstellung der Zumutungen des Alters inklusive seiner kindischen Flausen. Wie „Das Festmahl im August“ wirkt auch dieser Film streckenweise fast dokumentarisch, so nah ist di Gregorio an seinen Charakteren dran. Dies ist durchaus gewollt; nicht umsonst tragen alle Figuren die Namen ihrer Darsteller oder übernimmt di Gregorios Tochter Teresa auch im Film den Part von Giannis Tochter. Plumpe Italien-Klischees sind damit ebenso ausgeschlossen wie der Verrat an den Figuren. Auch Gestalten wie Valeria Di Franciscis, die mit gebräuntem Teint, prunkvollen Gewändern und viel Geschmeide Giannis Mutter darstellt, werden nicht dem Gelächter preisgegeben – einem Schmunzeln freilich schon. Einzig das Ende bleibt etwas unbefriedigend und hinterlässt den Geschmack einer Notlösung. Es kann jedoch den Eindruck eines leichten, alles andere als banalen Films über das Altern und das Leben allgemein nicht schmälern. Im Übrigen ist auch die Sprache, das römische Idiom, wesentlicher Bestandteil von di Gregorios Authentizität – weshalb unbedingt zur Sichtung der Originalfassung zu raten ist.
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