Thriller | Indien 2010 | 134 Minuten

Regie: Mani Ratnam

In der indischen Provinz soll ein neuer Polizeichef die Macht eines Banditen eindämmen. Der aber entführt die Frau seines Widersachers. Was als simple Räuber-und-Gendarm-Geschichte beginnt, entwickelt sich zum differenzierten Blick auf soziale Ungerechtigkeiten, wobei einfache Gut-Böse-Schemata nicht greifen. Dank mitreißender Montagesequenzen, einer bravourösen Inszenierung, die Gesang- und Tanznummern, Action und gefühlvollen Momenten gleichermaßen gerecht wird, sowie seines substanziellen politischen Subtexts ein außergewöhnlicher Entführungsthriller. - Sehenswert ab 16.
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Filmdaten

Originaltitel
RAAVANAN
Produktionsland
Indien
Produktionsjahr
2010
Produktionsfirma
Madras Talkies/Reliance Big Pic.
Regie
Mani Ratnam
Buch
Mani Ratnam · Suhasini
Kamera
Manikandan · Santosh Sivan
Musik
A.R. Rahman
Schnitt
A. Sreekar Prasad
Darsteller
Chiyaan Vikram (Veeraiya) · Aishwarya Rai (Ragini Subramaniam) · Prithviraj (Dev Prakash Subramaniam) · Karthik (Gyanaprakasam) · Prabhu (Singarasan)
Länge
134 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 16
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 16.
Genre
Thriller
Externe Links
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Heimkino

Verleih DVD
REM (16:9, 2.35:1, DD5.1 Tamil/dt.)
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Diskussion

Bei den Filmfestspielen in Venedig 2010 wurde der tamilische Regisseur Mani Ratnam für sein Lebenswerk geehrt – als Filmemacher von (sprach-)grenz(en)überschreitender Bedeutung, der es geschafft hat, neben „Tollywood“, dem tamilischen Kinomarkt, auch Bollywood sowie eine internationale Fangemeinde zu erobern. Auch „Raavanan“ ist von Ratnams Signatur geprägt – von den zu den treibenden Rhythmen von A.R. Rahman furios geschnittenen Montagesequenzen bis hin zum politischen Subtext der Geschichte. Diese erinnert in einigen Aspekten an Ratnams Klassiker „Dil se“ (37 090): Ein Mann und eine Frau begegnen sich, zwischen denen sich der tiefe Graben eines mit brutaler Gewalt ausgetragenen sozialen Konflikts auftut, und die zunächst solide scheinende Unterscheidung zwischen den Guten und den Bösen wird im Verlauf der Handlung immer schwieriger. Dabei spielt Ratnam meisterlich auf der Klaviatur der Gefühle, die das indische Kino zur Verfügung stellt. Seine Tanzsequenzen sind Augen- und Ohrenweiden; sie lassen die Handlung nicht stocken, sondern führen sie zu emotionalen Höhepunkten. Zudem überzeugt „Raavanan“ als mitreissender Actionfilm, dessen Kampfszenen bei aller Exaltiertheit unmittelbar-kraftvoll bleiben. Inhaltlich greift der Film eine Geschichte aus dem indischen Epos „Ramayana“ auf: Raavan ist ein Dämonenkönig, der die Frau des Gottes Rama entführt. Diese mythische Episode übersetzt Ratnam in einen Entführungsthriller. Im Zentrum stehen der Polizeioffizier Dev und seine junge Frau. Der Mann wird in eine Gegend Südindiens versetzt, in der die Regeln der Hauptstadt nur noch bedingt gelten: Mehr Einfluss als die staatlichen Institutionen hat hier der Gangster Beera. Die Exposition zeigt eine Reihe brutaler Morde, bei denen Polizisten von Beeras Männern förmlich hingerichtet werden. Der neue Mann soll Beeras Regime ein Ende setzen, wofür ihm Beera bald auch einen persönlichen Grund liefert, als er Devs Frau in den Dschungel verschleppt. Dev macht sich mit seinen Truppen auf, um den Verbrecher zu stellen. Was zunächst wie eine packend inszenierte, aber simple Räuber-und-Gendarm-Geschichte aussieht, wird dank geschickt eingeflochtener Rückblenden bald vielschichtiger: Die gefangene Frau erkennt, dass ihr Entführer, der von den Einheimischen als eine Art Robin Hood verehrt wird, Gründe für sein gewalttätiges Handeln hat und dass ihr Mann die Regeln einer Regierung vertritt, die nicht unbedingt für Gerechtigkeit steht. Indem die Erzählperspektive auf Seiten der entführten Frau bleibt, die als Opfer in den bewaffneten Konflikt gerät, lenkt die Inszenierung die Sympathien zu der einzigen Figur, die an die Möglichkeit einer Verständigung glaubt und versucht, Lösungen jenseits des Tötens zu finden. Die DVD enthält die Tamil-Fassung des Films, in der Vikram die Rolle des charismatischen Räubers spielt. Parallel drehte Ratnam eine Hindi-Version mit dem Bollywood-Star Abhishek Bachchan (die als „Ravaan“ veröffentlicht wurde), was für Ratnams Sonderstellung im indischen Kino sehr bezeichnend ist. Schade ist, dass die DVD keinen Vergleich der beiden Fassungen ermöglicht. An Sprachversionen werden das tamilische Original und eine deutsche Synchronisation geboten. Die Extras beschränken sich auf ein 30-minütiges Making-of mit Impressionen von den Dreharbeiten und Interviews, die die Arbeitsweise Ratnams umreißen.

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