Los Colores de la montaña

- | Kolumbien/Panama 2010 | 90 Minuten

Regie: Carlos César Arbeláez

Aus der noch gänzlich kindlichen Sicht eines Neunjährigen wird vom Alltag in einem abgelegenen kolumbianischen Bergdorf erzählt, von der Liebe der Dorfjungen zum Fußball, von einem Minenfeld und der schleichend langsamen Annäherung eines grausamen Bürgerkriegs an das Leben der Kinder. Ein eindringlicher, in seiner unschuldig-unbeschönigten Bildlichkeit ebenso betörender wie erschreckender Film von schlichter Bescheidenheit, der sich zum eindrucksvollen Plädoyer für Frieden in einer von absurden Konflikten regierten Welt verdichtet. (Preis der Ökumenischen Jury Fribourg 2011) - Sehenswert ab 10.
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Filmdaten

Originaltitel
LOS COLORES DE LA MONTAÑA
Produktionsland
Kolumbien/Panama
Produktionsjahr
2010
Produktionsfirma
El Bus/RCN Cine/e-Nnovva
Regie
Carlos César Arbeláez
Buch
Carlos César Arbeláez
Kamera
Oscar Jimenez
Musik
Camilo Montilla · Oriol Caro
Schnitt
Andrés Durán
Darsteller
Hernán Mauricio Ocampo (Manuel) · Luis Nolberto Sánchez (Julián) · Genaro Alfonso Aristizábal (Poca Luz) · Hernán Méndez (Ernesto) · Carmen Torres (Miriam)
Länge
90 Minuten
Kinostart
15.09.2011
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 10.
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Diskussion
Die Berge, das weiß der neunjährige Manuel, sind grün. Deshalb freut er sich so sehr, als die Lehrerin eines Tages aus der Stadt neue Farbstifte mitbringt und sich darunter auch Grün in verschiedensten Schattierungen findet. Manuel ist noch ganz Kind, versunken in seiner selig-beseelten Kinderwelt, die aus Vater, Mutter und jüngerem Bruder besteht. Ferner gibt es eine Kuh, deren Kalb, einen kaputten Ball, einen Zeichenblock, die Stifte. Wenn eine Lehrerin da ist, geht Manuel zur Schule. Meist aber spielt er. Mit seinen Freunden aus der Nachbarschaft, mit Julián und dem Albino-Jungen Poca Luz. Ganz auf diesen Protagonisten abgestimmt, nimmt der Film des kolumbianischen Regisseurs Carlos César Arbeláez seinen Anfang im Kindlich-Ungefähren. Mit Manuel, der von zu Hause losstürmt, den Steilhang hinunter, einen Feldweg hoch zum Hof, wo Julián wohnt; ein Auftakt, der an Abbas Kiarostamis’ „Wo ist das Haus meines Freundes?“ (1988) erinnert. Doch noch mehr als bei Kiarostami ist „Los colores de la montaña“ ganz der Sicht und dem Verständnis seines kindlichen Protagonisten verpflichtet. Eine solche Kulturen und Kontinente übergreifende Erzählweise ist ohne zusätzliche Erklärungen nicht ganz einfach. Deshalb ärgert man sich auch über Manuel, als es das erste Mal richtig brenzlig wird: Der Junge, der sich mit seinem Vater hinter einer Hecke versteckt, will einfach nicht still sein, derweil die Mutter bärtige Kerle vom Hof weist. Solche Kerle, das wissen die Erwachsenen, sind gefährlich. Doch Manuel weiß das (noch) nicht. Und die Erwachsenen in diesem berückend-bedrückenden Film, der im winzigen Dorf La Parede irgendwo im kolumbischen Hochland spielt, erklären ihren Kindern nichts. Vielleicht gibt es ja tatsächlich auch nichts zu erklären, wenn man wie diese unverhofft zum Spielball der Geschichte wird. Wenn das Stück Land, das man Jahrzehnte lang hegte und pflegte, einem plötzlich nicht mehr Heimat sein soll. Wenn man die Wahl hat, entweder den in den umliegenden Wäldern harrenden Guerilleros oder den Paramilitärs beizutreten und man zwischen die Fronten gerät, ob man will oder nicht. Das ist fatal und kann tödlich sein. Doch Arbeláez erzählt aus Kindersicht, deshalb wundert man sich, wieso sich der Vater versteckt und die Mutter heimlich in die Stadt will. Wieso die Schulbänke immer leerer werden und Julián eines Tages die Fußballschuhe seines Bruders trägt. Oder dass der neue Ball, den man zum Geburtstag erhielt, schon beim ersten Spiel in einem Minenfeld landet, aus dem man ihn nicht zurückholen kann. Eines Tages übermalt die Lehrerin mit den Kindern die mit Polit-Parolen verschmierten Wände der Schule. Saftig-grüne Hügel, Häuser, Schweine, Kaninchen, Kühe: ein idyllisches Bild. „Die Schule ist ein Ort des Friedens“, schreibt sie darunter – und muss das Dorf am nächsten Tag verlassen. „Auf Wiedersehen, Lehrerin!“, rufen die wenigen zurückbleibenden Kinder. „Los colores de la montaña“ ist ein eindringlicher, in seiner unschuldig-unbeschönigten Bildlichkeit ebenso betörender wie erschreckender Film. Ein in schlichter Bescheidenheit großartiges Plädoyer für Frieden in einer von absurden Konflikten regierten Welt.
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