Nachtmeerfahrten

Dokumentarfilm | Deutschland 2011 | 70 Minuten

Regie: Rüdiger Sünner

Dokumentarfilm über Carl Gustav Jung (1875-1961), den Mitbegründer der Psychoanalyse. Das Porträt orientiert sich weitgehend an der Biografie Jungs und stellt dessen wichtigste Theorien vor. Bei aller Sympathie für den Porträtierten werden auch Schattenseiten wie Jungs Liebäugeln mit der NS-Ideologie nicht ausgespart. Als Einführung in Jungs Leben und Werk hilfreich, laboriert der Film jedoch an einer visuell fantasielosen Umsetzung. - Ab 14.
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Filmdaten

Produktionsland
Deutschland
Produktionsjahr
2011
Produktionsfirma
Rüdiger Sünner Filmprod.
Regie
Rüdiger Sünner
Buch
Rüdiger Sünner
Kamera
Rüdiger Sünner
Musik
Thomas Tallis
Schnitt
Rüdiger Sünner
Länge
70 Minuten
Kinostart
27.10.2011
Fsk
ab 0
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Dokumentarfilm
Externe Links
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Heimkino

Verleih DVD
absolut (16:9, 1.78:1, DD2.0 dt.)
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Diskussion
Als Journalist und Filmemacher hat sich Rüdiger Sünner bereits in mehreren Produktionen wie „Abenteuer Anthroposophie“ oder „Das kreative Universum“ (fd 40 195) mit dem Verhältnis von Ratio und Spiritualität auseinander gesetzt. Nun hat er sich des Schweizers Carl Gustav Jung angenommen, dessen Todestag sich am 6. Juni 2011 zum 50. Mal jährte. Sünner beginnt seinen Film mit Kino-Plakaten, auf denen Bösewichte aus Fantasy-Produktionen zu sehen sind, und fragt dazu aus dem Off, ob die „Dunkelzonen des Unbewussten verführerischer sind als das taghelle Bewusstsein“. Fürwahr keine sonderlich originelle Frage, die hier als Einstieg in das Leben und Wirken des großen Freud-Widersachers steht. Auch im Folgenden ist in dieser Dokumentation von den Mythen der Moderne, in denen sich das Archaische Bahn bricht, nur herzlich wenig zu sehen. Sünner bietet ein in jeder Hinsicht konventionelles Denker-Porträt, dessen Dramaturgie sich weitgehend an der Biografie Jungs orientiert. Während die Kamera ausgiebig Jungs Altersdomizil in Bollingen am Zürichsee erkundet, zitiert ein Sprecher aus dessen Schriften. Parallel zeichnet der Kommentar die Entwicklung des Psychologen von seinen frühen Erfahrungen als Arzt in Zürich über seine Freundschaft mit Sigmund Freud und den späteren Bruch mit seinem Mentor nach, bis hin zu Jungs Lehre von den Archetypen und seinem Bemühen um die Integration der dunklen Seiten in ein ganzheitliches Bild des Menschen. Besonderes Gewicht kommt dabei Jungs Metapher der (Titel gebenden) Nachtmeerfahrten zu, mit der er seine Erkundungen des kollektiven Unbewussten umschrieb. So sehr dieses filmische Porträt von Sympathie getragen ist, bleiben redlicherweise aber auch Fehltritte C.G. Jungs nicht außen vor, etwa seine vorübergehende Liebäugelei mit der NS-Ideologie und ihrer Reanimation germanischer Mythen und Symbole. So attestierte er dem „arischen Unbewussten ein höheres Potenzial als dem jüdischen“ und nahm diesen Satz bis zu seinem Tod nie öffentlich zurück. Als Einführung in Jungs Gedankenwelt ist der Film, in dem zahlreiche Psychologen, Biografen und sonstige Experten zu Wort kommen, durchaus hilfreich, wobei sich die visuellen Elemente wenig originell ausnehmen. Werden in Zitaten aus Jungs Schriften Orte oder Gegenstände erwähnt, sieht man diese sogleich im Bild; geht es um eine Forschungsgreise nach Indien, erscheint das Taj Mahal, und wenn das Interesse des Psychologen für den Sonnenkult der Indianer erwähnt wird, geht am Horizont die Sonne auf. Nimmt man die fortwährend auftauchenden Bilder von Wasser und Feuer in ihrer schlichten Metaphorik hinzu, die sich bisweilen schon am Rande zum Kitsch bewegen, hätte man sich hier deutlich mehr Einfallsreichtum oder Mut zur Assoziation gewünscht.
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