The Black Power Mixtape 1967-1975

Dokumentarfilm | Deutschland/USA/Schweden/Norwegen 2011 | 96 (TV auch: 60) Minuten

Regie: Göran Hugo Olsson

Dokumentarische Kompilation über die Entwicklung der US-amerikanischen Black-Power-Bewegung, die sich auf historische Aufnahmen aus den Archiven des schwedischen Fernsehens stützt. Den Bildern wird dabei eine Tonspur mit Statements von Black-Power-Aktivisten unterlegt. Als Sammlung zeitgeschichtlichen Materials ist der Film von einigem Wert; gleichwohl verschenkt die konzeptlose Montage des "Mixtape" eine konturierte Auswertung der Dokumente. (O.m.d.U.) - Ab 14.
Zur Filmkritik

Filmdaten

Originaltitel
THE BLACK POWER MIXTAPE 1967-1975
Produktionsland
Deutschland/USA/Schweden/Norwegen
Produktionsjahr
2011
Produktionsfirma
Story/Louverture Films/SVT
Regie
Göran Hugo Olsson
Buch
Göran Hugo Olsson
Musik
Ahmir "Questlove" Thompson · Om'Mas Keith
Schnitt
Hanna Lejonqvist · Göran Hugo Olsson
Länge
96 (TV auch: 60) Minuten
Kinostart
14.12.2011
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Dokumentarfilm
Externe Links
IMDb | TMDB

Diskussion
„Ich bin im Gefängnis geboren“, lautet die Antwort von Stokely Carmichael auf die Frage, ob er denn nicht befürchte, bei seiner Rückkehr in die USA verhaftet zu werden. Der charismatische Bürgerrechtler, der in diesen Archivaufnahmen bei einer Pressekonferenz in Paris zu sehen ist, stellte als erster die Forderung nach „Black Power“ – als einer Geste der Selbstermächtigung gegen den institutionalisierten Rassismus in den USA. Zu diesem Zeitpunkt war die afroamerikanische Bürgerrechtsbewegung an einem signifikanten Wendepunkt angelangt. Mit dem Konzept des passiven Widerstands, das Martin Luther King so vehement vertreten hatte, schien die politische und wirtschaftliche Gleichberechtigung zunehmend unerreichbar. Eine zunächst noch friedliche Radikalisierung begann, Auftritt und Rhetorik zeugten plötzlich von einem schwarzen Selbstbewusstsein, das sich bis dahin noch nie so befreit artikuliert hatte. Schließlich aber nahm der Protest auch gewalttätige Züge an. Gruppen wie die Black Panthers riefen zum bewaffneten Widerstand auf; Aktivisten wie Sympathisanten wurden mit gnadenlosen Mitteln verfolgt. Aber auch innerhalb der Organisation fanden Konflikte statt; die Black-Power-Bewegung war nicht zuletzt ein heftig umkämpftes Feld disparater Gruppierungen und Haltungen. Ein „Mixtape“ nennt Göran Hugo Olsson seine Dokumentation, die die Entwicklungsgeschichte der Black-Power-Bewegung in chronologischer Abfolge, aber keinesfalls kohärent oder gar enzyklopädisch nachzeichnet. Der Begriff ist in seiner Ambitioniertheit vielleicht ein wenig verwirrend, bedeutet er doch nicht viel mehr als die unbearbeitete Aneinanderreihung von Found Footage. Allerdings hat Olsson die Bilder mit einer Tonspur unterlegt, in denen sich zeitgenössische afroamerikanische Aktivisten, Musiker, Filmemacher und Akademiker wie Robin Kelley, Melvin Van Peebles, Talib Kweli und Eryka Badu zu der Black-Power-Bewegung äußern und deren Einfluss auf ihr eigenes Selbstverständnis zu beschreiben versuchen. Die bisher unveröffentlichten 16mm-Aufnahmen fand der Regisseur in den Archiven des schwedischen Fernsehens, das im Zug des Vietnam-Kriegs ein verstärktes Interesse an der Black-Power-Bewegung entwickelte, die in den hysterisierten US-Medien als terroristische Gruppe dargestellt wurde, als eine Gefahr, die es zu bekämpfen galt. Schwedische Reporter bereisten die USA, führten Interviews, filmten in den Straßen und zeichneten ein eigenes Bild der politischen und sozialen Verhältnisse. Ihre Berichte sind weitgehend frei von analytischen oder gesellschaftlich einordnenden Kommentaren; stattdessen spricht eine wohlwollend-anteilnehmende, aber auch naiv-staunende Haltung aus ihnen. Bei einem Interview mit der Mutter von Carmichael lässt sich eine schwedische Reporterin beispielsweise bereitwillig das Mikrofon von ihrem Sohn Stokely aus der Hand nehmen, der das Gespräch rhetorisch versiert zu Ende führt. Als Sammlung von zeitgeschichtlichem Material ist „The Black Power Mixtape 1967-1975“ zweifellos wertvoll; unter den Aufnahmen finden sich Interviews, Reden und Statements der Black-Panthers-Gründer Bobby Seal und Huey P. Newton, des Dokumentarfilmers Emile de Antonio, des Aktivisten Eldridge Cleaver und der Black-Power-Ikone Angela Davis. Zugleich aber verlässt sich der Film zu sehr auf das Spektakuläre des Materials: Sieht man genauer hin, wirkt die Zusammenstellung mitunter etwas konzeptlos. Auch wenn Olssons Nicht-Eingreifen in die Originalbilder und der Verzicht auf ihre kommentierende Kontextualisierung ihre Berechtigung haben, hätten sich mit den Mitteln der Montage durchaus gezieltere Fragestellungen verfolgen lassen. Hier aber wird die Montage meist auf eine bloße Aneinanderreihung von Bildern reduziert, anstatt sie dialektisch miteinander zu konfrontieren. Auch würde man gerne mehr über die Herkunft und Umstände der Bilder wissen, wie es beispielsweise dazu kam, dass zahlreiche Black-Power-Aktivisten Schweden bereisten. Weniger fallen solche Informationsdefizite an den Rändern der Zeitgeschichte ins Gewicht, im Porträtieren des Alltagslebens, etwa in Harlem; man sieht Leute in Gruppen vor ihren Wohnungen sitzen, Kinder auf dem Weg in die Schule oder auf der Straße spielen und sich mit Wasser bespritzen – Bilder, wie sie später auch in den Filmen von Spike Lee auftauchen.
Kommentar verfassen

Kommentieren