Der gestiefelte Kater (2011)

Kinderfilm | USA 2011 | 90 Minuten

Regie: Chris Miller

Der gestiefelte Kater aus dem "Shrek"-Franchise mausert sich zum Helden eines eigenen abenteuerlichen Animationsfilms, der die Vorgeschichte des ebenso charmant-verführerischen wie schlagkräftigen Tiers beleuchtet. Dabei gerät er durch seinen besten Freund, ein überdimensioniertes Ei, auf die schiefe Bahn, ohne freilich seinen alten Kindheitstraum aufzugeben, die legendären Zauberbohnen zu finden. Einfallsreich und charmant setzt der Film weniger auf eine packende Erzählung als auf eine gewitzte Bricolage aus Märchenmotiven sowie Anspielungen auf die Gegenwartskultur, wobei er dank origineller Charaktere und einer großartigen Bildgestaltung bestens unterhält. - Ab 10.
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Filmdaten

Originaltitel
PUSS IN BOOTS
Produktionsland
USA
Produktionsjahr
2011
Produktionsfirma
DreamWorks Animation
Regie
Chris Miller
Buch
Tom Wheeler · David H. Steinberg · Jon Zack · Brian Lynch
Musik
Henry Jackman
Schnitt
Erika Dapkewicz
Länge
90 Minuten
Kinostart
08.12.2011
Fsk
ab 0; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 10.
Genre
Kinderfilm | Animation | Märchenfilm
Externe Links
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Diskussion
Man nennt ihn den „roten Rabauken“ oder auch „Katernova“, so flüstert einem das karottig orangene Fellknäuel verführerisch zu. Dreidimensional lässt er die Schnurrbarthaare ins Bild zucken, greift sich Piratenschlapphut und Lederstiefel, um der Mieze der letzten Nacht ein (Nimmer-)Wiedersehen zu sagen. „Puss in Boots“ heißt diese spanisch angehauchte, brisante Mischung aus Don Juan und Zorro im Original, und das nicht nur im englischsprachigen Titel, sondern auch in zahlreichen Adaptionen, die das französische Märchen vom „Le chat botté“ von Charles Perrault und später vom „Gestiefelten Kater“ der Gebrüder Grimm bisher in Trick- und Realfilmen erfahren hat. Zuletzt war es die „Shrek“-Reihe ab Teil Zwei (fd 36 557), die Puss aka Kater etablierte. Nun, da die Animationsreihe aus dem Hause DreamWorks abgedreht oder besser abgepixelt ist, konnte man es sich angesichts der Popularität der frechen „Klamottenfräse“ augenscheinlich nicht verkneifen, ihm und seinen Fans einen eigenen Leinwandauftritt zu bescheren. Dieser versorgt den Kater nun mit einer Vorgeschichte: Sie führt in ein Dörfchen namens San Ricardo, in dem Kater einst als Waisenkätzchen abgegeben und durch das eiförmige Waisenkind Humpty Alexander Dumpty zu der kriminellen Natur wurde, die er nie sein wollte. Mit seinem besten Freund Humpty träumte Kater von den sagenhaften Zauberbohnen: Eine überdimensionale Pflanze soll sich aus ihnen bis zum Himmel ranken und zu einer goldene Eier legenden Gans führen. Ähnlich wie bei „Shrek“ öffnet DreamWorks also auch hier wieder ein großes Bilderbuch westlicher Sagen- und Märchenstoffe und Referenzen, die bis in die Moderne reichen. Die „Oh My God-Cat“ eines populären Youtube-Videos mit weit aufgerissenen Augen und Schnauze als Sinnbild des Erstaunens findet sich hier ebenso wie Humpty Dumptys eigener Verweis auf seinen englischen Kinderreim, der angeblich von seiner Entzweiung mit Kater auf der Brücke ihres Heimatdorfs erzählt. Nach fünf Jahren, 35 Katzenjahren, die alles verjähren lassen, wie Humpty hofft, treffen sie sich nach dem großen Vertrauensbruch wieder: das wandelnde Ei, das den Kater mit seinen gemeinsamen Diebstählen einst in die Verbrecherkarriere trieb, und der Kater, der ihm das nie verzieh. Den alten Kindheitstraum haben sie dennoch nicht vergessen, und so begeben sie sich mit der schönen Taschendiebin Kitty Samtpfote auf ihren Diebeszug gegen die jetzigen Besitzer der sagenhaften Zauberbohnen – gegen das Killerpärchen Jack und Jill, das sich selbst gerade im Clinch über Jacks Kinderwunsch befindet. „Puss in Boots“, also Muschi in Stiefeln, ist besagter Originaltitel: Das hört sich zweideutig an, und tatsächlich ist der Film auch ab und an durchaus bereit zu einigen Schlüpfrigkeiten. Welche Wortwitze sich mit Eiern machen lassen, ist bekannt. Dass es dem Film dennoch gelingt, diese so charmant augenzwinkernd einzuarbeiten, dass er sich sowohl für Kinder als auch für Erwachsene eignet, ist eine Sache. Die andere ist, mit welchem Einfallsreichtum und welch großartigen Kamerafahrten über die Totalen von Wüste und Weltraum diese unterhaltsame Jagd nach Zauberbohnen und Goldeiern befeuert wird. DreamWorks war im Vergleich zu Pixar schon immer Gag-orientierter, horchte weniger auf die zwischen-tierisch leisen Töne des Herzens. Daraus resultierend, ist auch „Der gestiefelte Kater“ rasanter und stärker mit Kampf- und Tanzeinlagen vollgepackt als die ohnehin schlecht vergleichbaren, weil narrativ anders angelegten Werke von Pixar und Disney. Diese fusionierten ohnehin 2006 im Animationssektor; DreamWorks scheint unterdessen zu versuchen, sich als Adresse für weniger klassische, mit mehr Bezügen auf die Gegenwartskultur aufgepeppte Familienunterhaltung zu behaupten. Kreativ und clever taucht dementsprechend ein recht buntes Bouquet detailliert animierter und durchdachter Figuren auf – wie hässlich sie im Falle des Gaunerpärchens und ihres Wildschwein-Rudels als Kutschen-Zugtiere auch sein mögen. „Der gestiefelte Kater“ und seine Hauptfigur führen die Tradition tierisch gewitzter Einzelkämpfer von DreamWorks („Kung Fu Panda“, fd 38 796) fort. Hier sieht man einem Kater zu, der sein Zielpublikum zwar niedlich umschmeichelt, aber auch jede Menge Überraschendes und Widerborstiges auf Lager hat.
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