My Week With Marilyn

Drama | Großbritannien/USA 2011 | 104 Minuten

Regie: Simon Curtis

Bei den Dreharbeiten zu dem Kinofilm "Der Prinz und die Tänzerin" (1957) sucht die Hauptdarstellerin Marilyn Monroe die Nähe des dritten Regieassistenten. Für den unerfahrenen jungen Mann werden die Wochen mit dem Star zum Höhepunkt seines Lebens. Der Film entwickelt eine Anekdote aus einer weit größeren Geschichte als zarte, optisch helle Liebesgeschichte, die freilich die Schattenseiten von Monroes Leben nicht ausspart. Eindrucksvoll sind dabei vor allem die Darsteller, vor allem Michelle Williams, die Marilyn Monroe als Person konkret macht, ohne ihre öffentliche Persona zu demontieren. - Ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
MY WEEK WITH MARILYN
Produktionsland
Großbritannien/USA
Produktionsjahr
2011
Produktionsfirma
Trademark Films
Regie
Simon Curtis
Buch
Adrian Hodges
Kamera
Ben Smithard
Musik
Conrad Pope
Schnitt
Adam Recht
Darsteller
Michelle Williams (Marilyn Monroe) · Eddie Redmayne (Colin Clark) · Kenneth Branagh (Sir Laurence Olivier) · Julia Ormond (Vivien Leigh) · Dougray Scott (Arthur Miller)
Länge
104 Minuten
Kinostart
19.04.2012
Fsk
ab 6; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Drama

Heimkino

Die Extras umfassen u.a. einen dt. untertitelbaren Audiokommentar des Regisseurs.

Verleih DVD
Ascot Elite (16:9, 2.35:1, DD5.1 engl./dt.)
Verleih Blu-ray
Ascot Elite (16:9, 2.35:1, dts-HDMA engl./dt.)
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Diskussion
Auch 50 Jahre nach ihrem Tod kennt fast jeder ihren Namen und ihr Gesicht, selbst jene, die sich nicht fürs Kino interessieren. Allerdings ist Marilyn Monroe (1926-1962) in der öffentlichen Wahrnehmung längst keine Person mehr, sondern eher ein Symbol, der Inbegriff von Hollywood und Star-Ruhm. Dazu hat wohl auch beigetragen, dass sie selbst diesen zeitgenössischen Zustand der Gnade um jeden Preis erreichen wollte und dafür bereit war, Norma Jean Baker auf der Strecke zu lassen. Nacktfotos und kosmetische Chirurgie akzeptierte sie als Mittel zur Flucht aus einer von Einsamkeit und Missbrauch zerstörten Kindheit, versprach das Auge der Kamera doch weit mehr Anerkennung, als sie in ihrem Privatleben je erfahren hatte. Insofern macht es Sinn, dass am Anfang von „My Week With Marilyn“ die Ikone steht: In einer Musical-Sequenz, die an „Blondinen bevorzugt“ (fd 3294) erinnert, reduziert sich Monroe auf das jeder Form von Wirklichkeit entrückte Objekt der Begierde. Erst danach wagt der Film die allmähliche Annäherung an die Person hinter der Hollywood-Fassade, an den unverbesserlichen Junkie, der zeitlebens von der Droge Ruhm nicht los kam. Die Einstiegssequenz entpuppt sich als Film im Film, den ein gewisser Colin Clark mit demonstrativ aufgerissenen Augen im Kino verfolgt. Es ist „seine Woche mit Marilyn“, von der im Titel die Rede ist, denn es sind die Memoiren des realen Clark, auf denen die Handlung basiert. Auch wenn der Film konsequent seiner Perspektive verpflichtet ist, erfüllt seine Figur eine reine Stellvertreterfunktion für den Zuschauer: ein farblos netter Junge, der zu oft lächelt. Es sind die Menschen, die er beobachtet und deren Gunst er gewinnen will, die den Film ausmachen. Clark suchte ebenso wie Marilyn Monroe sein Heil in der Filmwelt und erbettelte sich daher den Job als dritter Regieassistent bei Laurence Oliviers Produktionsfirma. Wenig später trifft Marilyn in England ein, wo die Dreharbeiten zur romantischen Komödie „Der Prinz und die Tänzerin“ (fd 6543) beginnen. Mehr und mehr übernimmt Clark die Rolle des Vermittlers zwischen dem Regisseur und seiner Hauptdarstellerin, die mit ihren Launen und ihrer Unzuverlässigkeit Oliviers Geduld auf die Probe stellt. Schließlich verbringt Clark ganze Tage mit ihr, ohne recht zu wissen, ob er sich in die Diva oder die Frau verliebt. „My Week With Marilyn“ erzählt eine Anekdote, eine Randnotiz aus einer wesentlich größeren Geschichte, die, wie allgemein bekannt, tragisch endet. Davon will Regisseur Simon Curtis über weite Strecken nichts wissen. Sein Blick ist der des verliebten Jungen, berauscht von der Nähe zum größten Star seiner Zeit, sodass Marilyns privates Elend (ihre glücklose Ehe, Depressionen, Alkohol- und Tablettenmissbrauch) vor allem dazu dient, den Beschützerinstinkt in Clark zu animieren, ohne dem Film die Schwere eines Seelendramas aufzubürden. Erst gegen Ende, als Clark Marilyn auffordert, Hollywood den Rücken zu kehren und mit ihm den Versuch eines normalen Lebens zu wagen, zeichnet sich das ganze Ausmaß des Verhängnisses ab: Sie ist unwiderruflich dem Glauben verfallen, dass der Ruhm sie erlösen werde. Über weite Strecken bleibt der Tonfall des Films gleichwohl heiter; seine Bilder sind hell und aufgeräumt. Was für ihn einnimmt, ist letztlich weniger, was er über Marilyn Monroe zu erzählen hat, als vielmehr das Vermögen, die Figuren zu konkreten Personen zu machen. Sie lösen sich komplett von Gewicht der Historie und werden zu Alltagsmenschen, die zwischen Gelingen und Versagen hin und her taumeln – nicht zuletzt dank der großartigen Schauspieler. Es bereitet pures Vergnügen, Kenneth Branagh dabei zuzusehen, wie er Laurence Olivier als Tyrannen darstellt, der keinerlei Rücksicht auf Marilyns Gemütszustand nimmt und ihre Schauspiellehrerin Paula Strasberg mit offener Verachtung straft; wobei Branagh Oliviers Figur nicht zur Karikatur reduziert, ihr vielmehr soweit humane Züge verleiht, dass seine Ungeduld und sein Verzweiflung an der fehlenden Professionalität der Darstellerin nachvollziehbar bleiben. Zugleich gelingt Michelle Williams das Kunststück, die artifizielle Fassade von Marilyn Monroe – die zur Schau gestellte Naivität, ihr habituelles Flirten – nahtlos mit ihren Schattenseiten zu verschmelzen. Weil sie Monroe auf diese Weise mehr Tiefe verleiht, als diese je in ihren Filmen zeigen durfte, wirkt sie letztlich reizvoller als das Original. Wenn am Ende Marilyn wieder zur Ikone wird, wenn Schwarz-Weiß-Bilder die Leinwand füllen, wie sie Richard Avedon einst von ihr aufgenommen hat, dann ist man sich nicht einmal mehr sicher, ob man die echte Marilyn Monroe oder Michelle Williams vor sich hat.
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