Bar 25 - Tage außerhalb der Zeit

Dokumentarfilm | Deutschland 2012 | 99 (24 B./sec.)/95 (25 B./sec.) Minuten

Regie: Britta Mischer

Dokumentarfilm über die Berliner "Bar 25", einen auf einem Brachgelände am Spreeufer errichteten Szene-Treffpunkt, zu dem später ein Hostel, ein Restaurant und eine Pizza-Bude kamen, bis die alternative Location im Jahr 2010 auf behördlichen Druck geschlossen wurde. Der Film zelebriert vor allem die nostalgische Heraufbeschwörung von Erinnerungen. Kritische Selbstreflexionen der Beteiligten werden kaum weiterverfolgt. Eine bunte Materialsammlung, die ihr analytisches Potenzial nicht ausschöpft. - Ab 14.
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Filmdaten

Produktionsland
Deutschland
Produktionsjahr
2012
Produktionsfirma
25 Films/Arden Film/ZDFkultur/3sat
Regie
Britta Mischer · Nana Yuriko
Buch
Britta Mischer · Nana Yuriko
Kamera
Peppa Meissner · Alexander Schmalz
Musik
Reecode
Schnitt
Bobby Good
Länge
99 (24 B.
sec.)
95 (25 B.
sec.) Minuten
Kinostart
03.05.2012
Fsk
ab 0; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Dokumentarfilm
Externe Links
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Heimkino

Verleih DVD
Lighthouse (16:9, 1.78:1, DD5.1 dt.)
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Diskussion
Der Mythos Berlin lebt, trotz oder gerade wegen Gentrifizierung, steigender Mieten und anhaltender wirtschaftlicher Schwäche. So geht das schon seit den 1920er-Jahren: Party-Stimmung und politische Visionen, Tänze auf dem Vulkan, gefolgt von Krieg, gesellschaftlichen Implosionen, Neuanfängen und Abgesängen. Momentan werden unter dem Stichwort „Club-Sterben“ aktuelle Nachrufe auf den Weg gebracht. So auch diese Dokumentation über die legendäre „Bar 25“, die von 2004 bis 2010 wesentlich zum Ruf der Hauptstadt als Party-Metropole beigetragen hat und schließlich auf behördlichen Druck geschlossen wurde. Als „Vertreibung aus dem Paradies“ erlebten die Macher, die auf einem Brachgelände am Spreeufer lebten und arbeiteten, die Schließung ihres sehr spezifischen Universums. Es bestand aus einer selbst gezimmerten Bar im Western-Stil, zu der später noch ein Hostel, ein Restaurant und eine Pizza-Bude kamen. Ein Areal, auf dem, glaubt man dem Film, ständig Karneval angesagt war – mit DJs aus aller Welt, Fantasy-Kostümen, Schlammschlachten und Konfetti-Regen, Konzerten, Kino und Kultur, Beats und Becks. Ein, so der aus der Schweiz zugewanderte Koch Juval, Regiment der Liebe, ganz „Gegenkultur“, wie die Filmemacherinnen Britta Mischer und Nana Yuriko im Presseheft betonen. Ein Freiraum und Abenteuerspielplatz für junge Erwachsene, für die Macher ein Selbstexperiment: Man wohnte in Bauwagen, auf dem Gelände, das harte Leben jenseits des Holzzauns. Während man sich drinnen „keine Sorgen um morgen“ machen muss, wird es „schon schwierig, rauszugehen“, wie einer der Bar-Betreiber zugibt. „Bar 25 – Tage außerhalb der Zeit“ zeigt die Bilder des Drinnen: buntes Treiben, viel Musik, wenig Streit. Das Dokument eines Faszinosums, entstanden aus 750 Stunden Filmmaterial, co-finanziert von ZDF kultur und 26.000 Euro Crowd-Funding. Die Dokumentation wirkt insgesamt ein wenig zu rosa-bunt. Über weite Strecken ist sie ein Imagefilm (immerhin existiert „Bar 25“ heute als kommerzielles Label), der die internen Reibungsprozesse zwischen den Machern zwar anspricht, dann aber schnell unter den Sound-Teppich der DJs kehrt. Womit der Film an die lupenreinen Gut-Böse-Schemata der Hausbesetzerfilme der 1980er- bzw. 1990er-Jahre erinnert: Hier Paradies und Party, dort Business und Bullen. Im Zentrum steht weiterhin das moralische Recht zur Selbstverwirklichung. Da darf die typische Kronzeugin, hier eine Frau um die 70 mit Berliner Schnauze („Ich muss sagen, die jungen Leute haben sich das hier wunderbar eingerichtet“) genauso wenig fehlen wie die fiesen Gegenspieler, in diesem Fall das „Mediaspree“-Projekt, eine Hundertschaft der Bereitschaftspolizei und Bürgermeister Wowereit, der von einer „Bar 25“-Delegation beim Sektempfang zur Rede gestellt wird. Politkulturelle Antagonismen, deren Gutmenschen sich früher in Soli-Gruppen für Knast und Trikont engagierten. Heute geht es um die besseren Beats – was die „Bar 25“-Macher, die sich nicht als Kommune, sondern als „Business-Hippie-Gemeinschaft“ bezeichneten, von der ideologischen Engstirnigkeit ihrer Polit-Kollegen enthebt. Den „Anruf vom Schwarzen Block“, ob man sich nicht etwa mehr am politischen Kampf beteiligen wolle, quittierten sie mit Befremden; den Schlusspunkt setzten sie mit Tränen, Trauer und Wut, aber auch pragmatischem Selbstbewusstsein. „Raum für Neues“ sei mit dem Schlussstrich entstanden, so einer der Macher. Eine der vielen Selbstreflexionen, die in diesem „Doku-Märchen“ kaum weiterverfolgt werden. So ist „Bar 25 –Tage außerhalb der Zeit“ vor allem eine Materialsammlung, faszinierend für die, die dabei waren oder gerne dabei gewesen wären. Das analytische Potenzial des Themas aber wird weitgehend verschenkt.
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