50/50 - Freunde fürs (Über)Leben

Komödie | USA 2011 | 100 Minuten

Regie: Jonathan Levine

Bei einem sportlichen jungen Mann wird eine seltene Krebsform diagnostiziert. Bei seiner Auseinandersetzung mit der Krankheit sind Familie, Freundin und Bekannte wenig hilfreich. Mit einem glänzenden Schauspiel-Ensemble leuchtet der Film die sich verändernden Beziehungen des Erkrankten und die Reaktionen seiner Umwelt aus, wobei er souverän zwischen Witz und Nachdenklichkeit balanciert. Emotional wie atmosphärisch mitreißend, findet er auf das ernste Thema überzeugend einen komödiantischen Zugriff. - Ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
50/50
Produktionsland
USA
Produktionsjahr
2011
Produktionsfirma
Point Grey Pic/IWC Prod.
Regie
Jonathan Levine
Buch
Will Reiser
Kamera
Terry Stacey
Musik
Michael Giacchino
Schnitt
Zene Baker
Darsteller
Joseph Gordon-Levitt (Adam) · Seth Rogen (Kyle) · Anna Kendrick (Katherine) · Bryce Dallas Howard (Rachael) · Anjelica Huston (Diane)
Länge
100 Minuten
Kinostart
03.05.2012
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Komödie | Drama
Externe Links
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Heimkino

Die Extras umfassen u.a. einen Audiokommentar mit dem Produzenten Ben Karlin, dem Schauspieler Seth Rogen, dem Drehbuchautor Will Reiser, dem Produzenten Evan Goldberg und dem Regisseur. Des Weiteren enthalten sind u.a. ein Feature mit sechs im Film nicht verwendeten Szenen (6 Min.).

Verleih DVD
Universum (16:9, 1.85:1, DD5.1 engl./dt.)
Verleih Blu-ray
Universum (16:9, 1.85:1, dts-HDMA engl./dt.)
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Diskussion
Ein bösartiger Tumor? Bei Adam Lerner? Das, so glaubt der gutaussehende und sportliche 27-Jährige, kann nicht sein. Okay, da sind diese bohrenden Rückenschmerzen, die ihn zum Internisten getrieben haben, ansonsten aber fühlt sich Adam topfit. Jeden Morgen absolviert er seine Jogging-Strecke durch die Straßen Seattles und hält dabei – sicher ist sicher – an jeder roten Ampel, auch wenn weit und breit kein Auto zu sehen ist. „Ich rauche nicht, ich trinke nicht, ich trenne meinen Müll“, erklärt er seinem Arzt. Doch der Krebs an seiner Wirbelsäule folgt nicht der Scheinlogik vorbeugender Lebensführung. Der Befund, das wird Adam allmählich klar, lässt sich nicht wegdiskutieren. Schlimmer noch: Die Krankheit, welche die statistische Lebenserwartung des Protagonisten drastisch verringert, ist schwer zu behandeln und kommt äußerst selten vor. Ganz ähnlich verhält es sich mit gelungenen Komödien über eine Figur, die mit einer katastrophalen Diagnose zu leben beginnt. Regisseur Jonathan Levine gelingt das Kunststück. In seinem dritten Spielfilm hält er die Waage zwischen Witz und Nachdenklichkeit, vor allem aber hat Will Reiser ein Drehbuch geschrieben, in das eigene Erfahrungen mit Krebs spürbar eingeflossen sind. Wahrscheinlich auch solche: Von medizinischer Seite recht unsensibel mit seiner Krankheit konfrontiert, fühlt sich Adam verpflichtet, seinem Umfeld die Nachricht möglichst schonend zu überbringen. Nach diesem ersten Schritt muss der Radiojournalist erfahren, dass er sich auf Freunde und Familie kaum verlassen kann. Sein an Alzheimer erkrankter Vater ist noch hilfsbedürftiger als er, und das ohnehin schwierige Verhältnis zur dominanten Mutter wird durch ihre panischen Reaktionen zusätzlich belastet. Adams Freundin, die ehrgeizige Künstlerin Rachael, flüchtet sich vor der Verantwortung ins Szene-Leben und dann in eine zum Bruch führende Affäre. Sein Busenfreund Kyle, dessen fast gleichrangige Rolle „50/50“ über weite Strecken zum außergewöhnlichen Buddy-Movie macht, reagiert egoistisch, indem er Adam für seine amourösen Zwecke einspannt. Für Kyle geht die Mitleidstour bei einer adretten Buchhändlerin auf; mit Teamwork kriegt man eben leichter Frauen ins Bett – vor allem, wenn sich der eine als seelische Stütze des anderen produzieren kann. Adam lässt sich Kyle zuliebe auf die Nummer nach der Disco ein, ohne selbst von der Abschleppaktion zu profitieren. Joseph Gordon-Levitt als Adam und Seth Rogen als eher tapsiger als berechnender Freund Kyle ergeben ein durch Gegensätze harmonierendes Gespann. Allein schon Gordon-Levitts darstellerische Glanzleistung lohnt den Film, weil der Hauptdarsteller sowohl die tragischen als auch die komischen Facetten ohne jede Anstrengung ausspielt. Neben diesem zunehmend erblassenden Ritter der traurigen Gestalt, der gegen den inneren Feind ungeahnte psychische Ressourcen mobilisieren kann, brillieren Bryce Dallas Howard als selbstsüchtige Rachael, Serge Houde in seiner praktisch stummen Vaterrolle sowie vor allem Anjelica Huston als Mutter Diane. Das perfekte, zwischen Distanzierung und Wiederannäherung wechselnde Zusammenspiel zwischen ihr und Gordon-Levitt gipfelt in einer Krankenhaus-Szene, die an die Intensität des Mutter-Tochter-Duos Shirley MacLaine und Debra Winger aus „Zeit der Zärtlichkeit“ (fd 24 473) heranreicht. Anders als James L. Brooks Melodram zieht „50/50“ – mit einem offenen bis hoffnungsvollen Ende – aber nicht die bittere Konsequenz aus der lebensbedrohenden Erkrankung des einzigen Kindes. Daran ist nichts zu bemängeln. Störend wirkt eher eine gewisse Voraussehbarkeit der Liebesgeschichte. Früh dämmert dem Zuschauer, dass sich Adam von Rachael trennen und sein Glück bei der etwas verhuschten Psychologin Katherine (ebenfalls überzeugend: Anna Kendrick) finden wird. Überhaupt mag man sich nicht so recht an unprofessionell agierende Therapeutinnen in amerikanischen Mainstream-Komödien gewöhnen (trotz zweier witziger Vertreterinnen der Zunft: Marcia Gay Harden in „Club der Teufelinnen“, fd 32 280, und Meryl Streep in „Couchgeflüster“, fd 37 434). Etwas mehr Realismus im medizinischen Bereich hätte der Geschichte gut getan, gerade weil die inneren Werte stimmen. Als emotional wie atmosphärisch mitreißender Film über ein schwieriges Thema geht „50/50“ aber allemal durch Ziel.
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