Ingo Rasper (geb. 1974) hat nach diversen Kurzfilmen im Rahmen seines Regiestudiums an der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg mit seiner Vater-und-Sohn-Komödie „Reine Geschmacksache“
(fd 38 264) ein vielbeachtetes Kinodebüt absolviert. Mit „Vatertage“ bestärkt er jetzt die Hoffnung, dass man bei ihm mit einem echten Talent im komischen Regiefach zu tun hat. Im Mittelpunkt steht der Münchner Mittdreißiger Basti, der mit einer doppelten Überraschung konfrontiert wird: Vor seiner Haustür steht die 17-jährige Dina aus Bitterfeld, die glaubwürdig behauptet, seine Tochter zu sein. Dazu hat Dina ihr Baby Paul mitgebracht, sodass Basti sich unvermittelt in der Vater- wie in der Großvaterrolle wiederfindet. Natürlich klaffen Rollenprofil und reale Hauptperson in dem geschickt mit (gewiss nicht wenigen) Klischees jonglierendem Drehbuch extrem auseinander. Mit Familie hat der Vollblut-Münchner, Hobby-Blasmusiker und Frauenheld Basti nämlich nie etwas am Hut gehabt. Doch Dina will keinen Vater, sondern Geld, jene geschätzten 15.000 Euro Unterhalt, die Basti ihrer Mutter Vanessa schuldig geblieben sein soll, nach jenem One-Night-Stand vor 18 Jahren. Dummerweise schreibt Bastis Rikscha-Unternehmen, für das der Chef auch selbst radelt, tiefrote Zahlen. Doch mit „ein paar Weißrussen“ drohend, die „keine Gefangenen machen“, meldet sich auch Vanessa aus Bitterfeld als wütend sächselnde Anruferin zu Wort, um der Forderung ihrer Tochter Nachdruck zu verleihen. Was Basti nicht ahnt: Hinter der Stimme am Telefon steckt Dinas Freundin Natalie, die mit ihr nach München gefahren ist. Während Natalie das Nachtleben genießt und Basti sich auf die verzweifelte Suche nach Geldgebern macht, nistet sich Dina mit Baby bei ihrem frisch gekürten Vater ein. Bald regt sich bei ihr das schlechte Gewissen, zumal sich Sympathie zwischen ihr und Basti einstellt.
Sarah Horváth macht mit selbstbewusster Präsenz wett, was ihrer Tochter-Rolle im Drehbuch an Substanz fehlt, und Sebastian Bezzel ist als halb schelmischer, halb vertrottelter Vater wider Willen eine Wucht. Das Salz in der Suppe sind jedoch die durchweg ausdrucksstark besetzten Nebenfiguren: Nina Gummich als Mitverschwörerin Natalie, Monika Gruber als Bastis nervtötend vernünftige große Schwester, Heiner Lauterbach als Bastis schwuler Vater, Adam Bousdoukos als dessen junger, extrovertierter Geliebter, Irm Herrmann als selbstherrliche Frau Oberrotter vom Amt, Max Hegewald als Pauls fast noch kindlicher, unerwartet aus Sachsen-Anhalt anreisender Erzeuger, der seinem Spitznamen „Fels“ so gar nicht entspricht. Insgesamt ist „Vatertage“ amüsante, dialogwitzig und rasant wie eine Rikscha-Fahrt auf abschüssiger Straße erzählte Komödie um Missverständnisse und Annäherung – zwischen Männern und Frauen wie zwischen Ost- und Westdeutschen. Der etwaige Vorwurf, Rasper hantierte mit zu vielen Klischees, greift nicht, weil das Erwartbare immer wieder unterlaufen wird. Erst zum versöhnlichen Ende hin wird München dann doch arg hochglanzprospektmäßig als Hauptstadt bayerischer Liberalität und Multikulti-Harmonie beworben. Das wirkt nicht lustig, sondern eher wie fehlplatziertes Stadt-Marketing.