Dokumentarfilm | Deutschland 2011 | 80 (25 B./sec.) Minuten

Regie: Olaf Held

Dokumentarfilm über drei Berliner "Roadies", die sich bei Konzerten und Festivals um Bühnenaufbau und Konzerttechnik kümmern und dafür mit unterschiedlichen Bands ständig auf Achse sind. Er begleitet die Protagonisten in ihrem Arbeitsalltag, wobei es in den Gesprächen auch um eine Auseinandersetzung mit dem Älterwerden sowie um das Problem geht, den mobilen Job mit festen familiären Bindungen zu vereinbaren. Der ebenso unterhaltsame wie humorvolle, vor allem aber melancholisch-nachdenkliche Film beleuchtet differenziert den Berufszweig des Showbiz jenseits des Rampenlichts und kreist auch um allgemein Menschliches. - Ab 12.
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Filmdaten

Produktionsland
Deutschland
Produktionsjahr
2011
Produktionsfirma
Koppfilm/Hochschule für Film und Fernsehen "Konrad Wolf"
Regie
Olaf Held
Buch
Olaf Held
Kamera
Johannes Louis · Johannes Praus
Musik
Benjamin Dickmann
Schnitt
Antje Lass
Länge
80 (25 B.
sec.) Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 0
Pädagogische Empfehlung
- Ab 12.
Genre
Dokumentarfilm
Externe Links
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Heimkino

Verleih DVD
Neue Visionen (16:9, 1.78:1, DD2.0 dt.)
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Diskussion
Auf den ersten Blick ist es ein Traumjob, als „Roadie“ mit einer Rock-Band unterwegs zu sein, sich um die Konzert-Technik zu kümmern, den Aufbau der Bühne, das ganze Equipment, die Instrumente; auf allen Konzerten mit dabei zu sein, mit „VIP“-Karte und Walkie-Talkie. In seinem Diplomfilm „Roadcrew“ begleitet der 42-jährige „HFF Konrad Wolf“-Absolvent Olaf Held drei Bühnenarbeiter auf ihren Konzerttouren: Axel, Tino und Jan arbeiten seit 15 Jahren für unzählige Bands auf zahllosen Festivals und Konzerten und erzählen in breitem Sächsisch von ihren Erfahrungen und Erlebnissen. Zunächst drängt das Anekdotische in den Vordergrund: Erinnerungen an wilde Partys, verwüstete Hotelzimmer; Geschichten von brennenden Bibeln, die aus dem Fenster geworfen wurden, oder von Haaren, die in einer nächtlichen Session blau gefärbt wurden. Ein Leben zwischen Drogen und Entzug, zwischen Tattoos und Bierdosen. Held lässt seine Protagonisten zu Wort kommen, ohne sie zu bewerten. Ihre Vorstellungen von den fahrenden Bühnenarbeitern formulieren dagegen die überwiegend jungen Konzertbesucher: „Muskelberge, 130 Kilo, zwei Meter“; Menschen, die harte Arbeit leisten, eher ruppig und unfreundlich sind und kaum imstande, eine feste Beziehung einzugehen oder gar eine Familie zu gründen. „Eine Beziehung mit einem ,Roadie‘? Die sind doch immer weg!“, kichert eine junge Konzertbesucherin. Doch was, wenn sie dann doch Frauen kennen lernen, Kinder bekommen, Familien gründen? Helds „Roadies“ kommen aus einer anderen Generation als die Fans. Axel, Tino und Jan stammen aus Chemnitz, das früher noch Karl-Marx-Stadt hieß; ihre Berufs- und Lebenswege waren eigentlich vorgezeichnet, doch dann kam die Wende, „plötzlich die grenzenlose Freiheit“, und mit ihr kamen die Schlägereien zwischen Punks und „Faschos“. Damals lagen die musikalischen Pole noch zwischen den „Dead Kennedys“ und „Wo die Wälder heimlich rauschen“. Stets aber war der Job mit einem gewissen sozialen Status verbunden; jeder Abend wurde zum großen Auftritt, und am Ende waren selbst die um ihre Sprösslinge besorgten Eltern stolz, wenn sie auf der Gästeliste der Konzertveranstalter standen. „Roadcrew“ erzählt von Erfahrungen, die auch in andere Arbeitsbereichen anzutreffen sind: die allmähliche Ermüdung, die sich mit der Routine einschleicht, die Desillusionierung und die Ablagerungen der Jahre und Jahrzehnte. Die Branche lebt freilich vom Bild einer permanenten Jugendlichkeit; während die Fans in strandähnlicher Atmosphäre vor den Festivalzelten tanzen, sprechen Jan, Tino und Axel übers Älterwerden. Das Leben auf der Straße führt dazu, dass man sich vom normalen Leben entfremdet, von Freunden und Angehörigen. Einer von ihnen hat eine Familie gegründet; er bleibt, wenn er kann, bei seiner Tochter. Ein anderer hat seine kleine Familie verloren, die Lebensformen stimmten einfach nicht überein. Sein Kollege träumt dagegen von festen Bindungen: „Zwischen Familie und Job würde ich mich immer für die Familie entscheiden.“ Doch statt einer Familie hat er nur kleine Zimmerpflanzen: „Vielleicht gibt’s ja Pflanzensitter?“ „Roadcrew“ ist kein Musikfilm, sondern ein Film über anstrengende und harte Arbeit um das Konzerterlebnis herum. Die drei Protagonisten werden dabei nicht nur durch Gespräche näher gebracht, sondern auch durch aufmerksame Beobachtungen ihres Arbeitsalltags. Ein unterhaltsamer, stellenweise humorvoller, aber auch melancholischer Film, der berührt, weil er grundsätzliche Fragen aufwirft, die über die konkrete Situation der Protagonisten hinausweisen.
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