Opération Libertad

Drama | Frankreich/Schweiz/Portugal 2012 | Minuten

Regie: Nicolas Wadimoff

Eine junge Frau erhält zu ihrem 20. Geburtstag von ihrem Vater ein selbstproduziertes Video geschenkt, das von einem revolutionären Happening Ende der 1970er-Jahre handelt. Eine linke Protestaktion gegen eine Bank war damals aus dem Ruder gelaufen und in Gewalt umgeschlagen. Eine fiebrig erzähltes, kunstvoll inszeniertes Drama, das beständig die Perspektiven wechselt und geschickt Geist und Stimmung jener Epoche beschwört; unterm Strich argumentiert der Filmdabei weniger politisch als dass er davon handelt, wie die Träume einer Jugend binnen weniger Tage aufgerieben werden. - Ab 16.
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Filmdaten

Originaltitel
OPÉRATION LIBERTAD
Produktionsland
Frankreich/Schweiz/Portugal
Produktionsjahr
2012
Produktionsfirma
Akka Films/Dschoint Ventschr
Regie
Nicolas Wadimoff
Buch
Jacob Berger · Nicolas Wadimoff
Kamera
Franck Rabel
Musik
Christof Steinmann
Schnitt
Karine Sudan · Pauline Dairou
Darsteller
Laurent Capelluto (Guy) · Stipe Erceg · Natacha Koutchoumov (Virginie) · Karine Guignard · Nuno Lopes (Baltos)
Länge
Minuten
Kinostart
25.10.2012
Pädagogische Empfehlung
- Ab 16.
Genre
Drama
Externe Links
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Diskussion
Es ist ein „schönes Geschenk“, wie man landläufig sagt: Da vermacht der Erzähler von „Opération Libertad“ seiner Tochter zum 20. Geburtstag ein selbst gedrehtes Video. Sie sei nun erwachsen, habe das Leben noch vor sich und seinen Rat nicht nötig, erklärt Hugues, der Vater, im Vorspann. Doch er schenke ihr eine Geschichte aus seiner eigenen Jugend, die in die bewegten 1970er-Jahre fiel: Hugues spricht aus dem Off, die Leinwand ist schwarz. Er ist als auktorialer Erzähler präsent, gleichzeitig bildlich abwesend, bloß Beobachter. Ein Chronist, der der nachfolgenden Generation in Bildern und Tönen von Ereignissen berichtet, die in längst vergangenen Zeiten zu liegen scheinen und sich gleichwohl erst vor nur 30 Jahren abspielten – eine hübsch gezwirbelte Konstruktion. Aber auch Leila, der Hugues sein Video schenkt, bekommt der Zuschauer nie zu Gesicht: Nicht Leila, sondern Charlie feiert zum Auftakt von „Opération Libertad“ ihren 20. Geburtstag: punkrockig dröhnt das „Happy Birthday“ vom Band, mitgesungen von den Partygästen. Sie sei „lärmsüchtig“, sagt die Jungschauspielerin Karine Guignard, welche Charlie spielt, im Interview, womit sie ganz gut in diesen Film passt, der zwischendurch zappelig-laut ganze Stücke herunterfetzt: mit Musik der Schweizer Punkband Technycolor und Stücken wie Richard Hells „Blank Generation“ oder „No More Heroes“ von The Stranglers schwemmt „Opération Libertad“ unmittelbar Zeitgeist auf die Leinwand. „Libertad“ und „Forever“, „Liberté!“ und „A Toujours!“ skandieren die Gäste im Garten. Man schreibt das Jahr 1978. Die Jugend frönt der freien Liebe, nascht unverkrampft Drogen und fordert lauthals gesellschaftliche Veränderungen. Nicht nur die RAF und Rote Brigaden, sondern auch Klein- und Splittergruppen wie die von Regisseur/Autor Nicholas Wadimoff und Co-Autor Jacob Berger erfundene GAR (Groupe Autonome Révolutionaire) setzen sich dafür ein. Zu deren hartem Kern gehören neben Charlie deren beste Freundin Virginie, der besonnene Guy, Markus aus Deutschland und der Portugiese Baltos. Die fünf wohnen in und um Genf und wollen ihre politische Meinung öffentlich kundtun: mit einer gewaltfreien Protestaktion, dem Überfall auf eine SBG(heute UBS)-Filiale in der Agglomeration von Zürich. Doch dann läuft einiges schief. Ein Schweizer Banker und ein Kunde aus Paraguay sind zur falschen Zeit am falschen Ort, Schüsse fallen, und schließlich finden sich die fünf mit einer schwer malträtierten Geisel auf der Flucht. Und Hugues, auf der Geburtstagsparty als VJ angeheuert, hält fest, was geschieht, bis es Tote gibt und man sich fragt, ob es erlaubt ist, als Dokumentarist einfach so zuzuschauen. Fiktion ist das. Doch es ist gut erfunden, verankert in der realen Vergangenheit, so dass man sich immer wieder an die Zeit erinnert fühlt, in welcher Namen wie Andreas Baader, Gudrun Ensslin, Aldo Moro, Hans-Martin Schleyer täglich durch die Medien geisterten und in der „neutralen“ Schweiz unter dem Bankgeheimnis Geschäfte getätigt wurden, von denen lieber niemand etwas wissen wollte. Fiebrig kommt Nicholas Wadimoffs fünfter Spielfilm daher. Wechselt unmerklich zwischen Hugues Amateurvideo und stilvoll inszenierter Filmerzählung und ergänzt diese mit Aufnahmen von Überwachungskameras und Fernsehnachrichten. Hoch politisch kommt „Opération Libertad“ daher und spiegelt gekonnt den Geist und die Stimmung einer Zeit, ist letztlich vor allem aber doch ein Film über die sich innerhalb weniger Tage in nichts auflösenden Träume einer Jugend.
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