Paulista - Geschichten aus São Paulo

Drama | Brasilien 2009 | 83 Minuten

Regie: Roberto Moreira

Drei sehr unterschiedliche Liebesgeschichten über die Bewohner eines Wohnblocks im Zentrum der brasilianischen Metropole São Paulo: eine ehrgeizige Schauspielerin aus der Provinz verliebt sich in eine Sängerin; eine Scheidungsanwältin bandelt mit ihrem Kollegen an; ein erfolgloser Schriftsteller sucht das Glück mit einer Prostituierten. Ein melancholisch-gedämpftes, einfühlsam-unterhaltendes und dabei vorsichtig optimistisches Porträt der jungen brasilianischen Mittelschicht. (O.m.d.U.) - Ab 14.
Zur Filmkritik

Filmdaten

Originaltitel
QUANTO DURA O AMOR?
Produktionsland
Brasilien
Produktionsjahr
2009
Produktionsfirma
Coração da Selva
Regie
Roberto Moreira
Buch
Roberto Moreira · Anna Muylaert
Kamera
Marcelo Trotta
Musik
Livio Trachtenberg
Schnitt
Mirella Martinelli
Darsteller
Silvia Lourenço (Marina) · Danni Carlos (Justine) · Paulo Vilhena (Nuno) · Maria Clara Spinelli (Suzana) · Gustavo Machado (Gil)
Länge
83 Minuten
Kinostart
14.03.2013
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Drama
Externe Links
IMDb | TMDB

Heimkino

Verleih DVD
Bildkraft (16:9, 1.78:1, port. DD5.1)
DVD kaufen

Diskussion
Ein Kindertheater auf dem Dorf: Rotkäppchen ist auf dem Weg zur lieben Großmutter, aber hinter deren großen Augen lauert der böse Wolf. Die Kinder im Zuschauerraum wissen es natürlich schon und wollen sie warnen. Aber dann hat sie der Wolf auch schon gefressen. Marina spielt das Rotkäppchen, ihr Freund den Wolf. Er ist zufrieden mit seinem Leben, aber Marina hat genug vom Theater in der Provinz, sie ist jung und möchte noch ganz andere Sachen erleben. Jetzt hat sie die Gelegenheit, ihr Dorf zu verlassen. Sie wurde in die große Stadt eingeladen, nach São Paulo. Dort soll sie für eine Rolle in „Onkel Wanja“ von Tschechow vorsprechen. An der Landstraße verabschiedet sie sich und bricht ins Unbekannte auf. Marina erwartet sich viel von der Stadt. Sie liebt die Metropole, die Theater, Kneipen und Konzertsäle. Sie liebt die Hochhäuser an der Kreuzung mit der Avenida Paulista, wo sie jetzt wohnt, sie liebt ihre kleine, etwas spießige Wohnung und auch ihre Zimmerwirtin, die freundliche, aber verschlossene Suzanna, auch wenn sie im Wohnzimmer nicht rauchen darf. Marina lernt die Stadt kennen, geht auf Konzerte, jobbt bei einem Werbefilm und verliebt sich in die schrille Sängerin Justine. Die lebt immer auf der Überholspur und nimmt sich, was sie will, Tabletten, Alkohol und Männer. Justine und Marina passen gut zusammen, denkt Marina, wenn da nicht der Bühnenmanager Nuno wäre. Auch Marinas Mitbewohnerin, die ebenso strenge, wie scheue Scheidungsanwältin Suzanna, verliebt sich: in ihren Kollegen Gil, der ihr schon seit einiger Zeit den Hof macht. Die beiden scheinen sehr gut zusammenzupassen, wirken fast wie ein konservatives Spiegelbild von Marina und Justine. Aber jeder hat seine eigene Geschichte, hinter mancher Großmutter steckt ein Wolf und hinter manchem Wolf eine Großmutter. Sie verstehen sich so gut, dass Suzanna sich entscheidet, Gil die Wahrheit zu sagen. Dass sie nämlich nicht immer Suzanna war, sondern als Junge geboren wurde. Auch Marina wird nach einem Kreislaufkollaps Justines im Krankenhaus mit unangenehmen Wahrheiten über die Freundin konfrontiert. Plötzlich steht sie alleine da, obwohl sie die Rolle am Theater bekommt. Die dritte Liebesgeschichte ist ein absurd komischer Kampf gegen die Verhältnisse: der Schriftsteller Jay, ein Nachbar der beiden „Frauen“, verliebt sich in die farbige Prostituierte Michelle. Doch seine romantische Vorstellungskraft stößt schnell an die engen Grenzen der Wirklichkeit. Am Ende ist nichts, wie es sein sollte; zwei Frauen stehen im Morgengrauen auf dem Balkon und rauchen eine Zigarette. Kein Happy-End, aber vielleicht der Beginn einer wunderbaren Freundschaft. In seinem zweiten Spielfilm „Paulista“ begibt sich Regisseur Roberto Moreira ins Zentrum von São Paulo und erzählt parallel und im modernen Hochhauslabyrinth ineinander verwoben drei glücklich-unglückliche Liebesgeschichten aus der brasilianischen Mittelschicht, deren Protagonisten auf eigenartige Weise entwurzelt wirken, mit Rissen und kleinen Abgründen hinter einer glatten Fassade. In einem herbstlichen Ambiente schildert er mit einem ansprechenden jungen Schauspielerensemble Geschichten von sympathisch-schönen Menschen, die mit ihren Gefühlen gegen eine Wand laufen. Der Grundton des Films ist zurückhaltend und gedämpft, einfühlsam und unterhaltsam, aber durchaus optimistisch: Das Leben geht weiter, trotz aller Enttäuschungen.
Kommentar verfassen

Kommentieren