No Place On Earth - Kein Platz zum Leben

Dokumentarfilm | USA/Großbritannien/Deutschland 2012 | 86 (24 B./sec.)/83 (25 B./sec.) Minuten

Regie: Janet Tobias

1993 bereiste der New Yorker Höhlenforscher Christopher Nicola die Ukraine und stieß in einer Grotte auf rätselhafte Gebrauchsgegenstände: Hinterlassenschaften von fünf jüdischen Familien, die sich hier vor dem Zugriff der Gestapo 511 Tage lang versteckt hielten. Schließlich wurde ihr Versteck gestürmt, nur wenige entrannen der Ermordung. Der ergreifende Dokumentarfilm führt Gespräche mit den Überlebenden. Deren Wirkung torpediert die Regie allerdings durch nachgespielte Szenen, die das zuvor Gesagte lediglich verdoppeln. Doku- und Spielszenen neutralisieren sich dramaturgisch gegenseitig. - Ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
NO PLACE ON EARTH
Produktionsland
USA/Großbritannien/Deutschland
Produktionsjahr
2012
Produktionsfirma
Sierra Tango Prod./A List Films/mdr/Telepool/BR
Regie
Janet Tobias
Buch
Paul Laikin
Kamera
César Charlone · Eduard Grau · Sean Kirby · Peter Simonite
Musik
John Piscitello
Schnitt
Deirdre Slevin · Claus Wehlisch
Darsteller
Katalin Lábán (Esther Sterner) · Péter Balász Kiss (Saul Sterner) · Dániel Hegedüs (Sol Wexler) · Balász Barna Hídvégi (Nissel Sterner) · Fruzsina Pelikán (Sonia Dodyk)
Länge
86 (24 B.
sec.)
83 (25 B.
sec.) Minuten
Kinostart
09.05.2013
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Dokumentarfilm
Externe Links
IMDb | TMDB

Heimkino

Verleih DVD
Telepool/KNM (16:9, 1.78:1, DD5.1 engl./dt.)
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Diskussion
Man kann durchaus der Meinung sein, dass die Geschichte des Holocaust und des Zweiten Weltkrieges auch im Kino hinreichend erzählt ist. Dennoch gibt es immer wieder Geschichten, die so bizarr anmuten, dass man sie kaum zu glauben vermag. 1993 bereiste der New Yorker Höhlenforscher Christopher Nicola die Ukraine und stieß dabei in einer Grotte auf rätselhafte Gebrauchsgegenstände: Hinterlassenschaften von fünf jüdischen Familien, die sich hier vor den Nazis versteckt hatten. Und das nicht etwa für ein paar Wochen oder Monate, sondern 511 Tage lang. Als die Dokumentarfilmerin Janet Thomas davon erfuhr und überdies entdeckte, dass Esther Sterner, seinerzeit eine Art Anführerin der Flüchtlinge, ihre Erinnerungen in einem Buch veröffentlicht hatte, beschloss sie, aus diesem unglaublichen Stoff einen Film zu machen. Die Überlebenden, zwei Söhne und zwei Enkelinnen von Esther Sterner, erweisen sich dabei als überaus beredte Zeitzeugen. Plastisch schildern sie die Enge des Lebens in der Höhle, die Kälte, die Schwierigkeit der Nahrungsbeschaffung und die ständigen Angst vor der Entdeckung durch die Nazis. Wie das Versteck schließlich von der Gestapo gestürmt wurde und nur wenigen Bewohnern die Flucht durch einen in unsäglicher Mühe gegrabenen Nebenausgang gelang, gehört zu den bewegendsten Erinnerungen der vier Zeugen, die sie einzeln vor einem neutralen Hintergrund wiedergeben. Am Ende des Films sieht man die rüstigen Senioren in Begleitung von Nicola noch einmal in jene Höhle hinabsteigen, in der sich einst ihr Drama abspielte. So weit ist „No Place on Earth“ ein ergreifender, bewegender Dokumentarfilm. Doch die Regisseurin belässt es nicht dabei. Ungefähr die Hälfte des Films besteht aus Spielszenen, die in einer ungarischen Höhle mit einheimischen Schauspielern gedreht wurden. Ästhetisch gibt es an den mit emotionalisierender Musik unterlegten Szenen wenig auszusetzen, sieht man einmal davon ab, dass die Lichtsetzung das unterirdische Verließ ein wenig zu golden erscheinen lässt. Die Crux der nachinszenierten Szenen besteht darin, dass sie das von Zeitzeugen gerade Gesagte häufig verdoppeln. Die fiktionalen Passagen sind überdies so lang geraten, dass man das Dokumentarische zwischendurch gänzlich vergisst. Der Stoff könnte durchaus als Vorlage für großes Hollywood-Kino dienen. Doch als Doku-Drama neutralisieren sich hier beide Elemente, statt einander zu befruchten. Was angesichts der ergreifenden Geschichte mehr als bedauerlich ist.
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