Dokumentarfilm | Deutschland 2012 | 101 (24 B./sec.)/98 (25 B./sec.) Minuten

Regie: Mario Schneider

Der Abschluss einer Dokumentarfilm-Trilogie, in der Regisseur Mario Schneider (nach "Helbra", 2004, und "Heinz und Fred", 2007) das Leben im Mansfelder Land am östlichen Rand des Harz festhält, einer Region, die einst dank des Bergbaus florierte, in der mittlerweile jedoch die Zeit stillzustehen scheint. Im Fokus stehen nun drei unterschiedliche Jungen von acht bzw. neun Jahren, ihre Familien und ihr Alltag zwischen den Traditionen des Ortes und einer Gegenwart, die nur noch wenig Zukunft verheißt. Der Film besticht durch seine kluge Montage sowie seine poetische Bildsprache ebenso wie durch seine feinfühligen, unkommentierten Beobachtungen. - Sehenswert ab 14.
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Filmdaten

Produktionsland
Deutschland
Produktionsjahr
2012
Produktionsfirma
42film/MDR
Regie
Mario Schneider
Buch
Mario Schneider
Kamera
Florian Kirchler · Mario Schneider
Musik
Cornelius Renz · Mario Schneider
Schnitt
Gudrun Steinbrück · Mario Schneider
Länge
101 (24 B.
sec.)
98 (25 B.
sec.) Minuten
Kinostart
16.05.2013
Fsk
ab 6; f
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 14.
Genre
Dokumentarfilm
Externe Links
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Heimkino

Alle Filme der Trilogie sind auch in einer DVD-Box erhältlich.

Verleih DVD
42film (16:9, 1.78:1, DD2.0 dt.)
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Diskussion
Ein trüber Wintertag, ein Dorf, das eher Tristesse denn Behaglichkeit verströmt. Auf der Straße ein Junge, der sich mit ernster Miene im Peitschenschwingen übt. Es dauert geraume Zeit, bis sich in diesem Intro eröffnet, was es mit dieser merkwürdigen Freizeitbeschäftigung auf sich hat. Zunächst einmal lernt man drei Viertklässler und ihr Umfeld näher kennen. Tom wächst als Einzelkind mit seiner Mutter und deren Lebensgefährtin auf. Ist er körperlich eher schmächtig, aber das, was man gemeinhin einen „aufgeweckten Jungen“ nennt. Er liest beim Frühstück aus der Zeitung vor, interessiert sich für Raumfahrt, schreibt fantasievolle Geschichten und macht sich Gedanken über Gott und die Welt. Paul tut sich dagegen mit dem Lernen schwer, redet nicht viel und erfährt von seinen Eltern kaum Unterstützung. Sebastian schließlich ist der Sonny Boy der Klasse, der Sport treibt, gern mit seinem jüngeren Bruder herumtollt und scheinbar gänzlich unbelastet durchs Leben geht. Die Kamera begleitet diese drei Jungen durch ihren Alltag, ist in der Schule und in ihren Elternhäusern dabei, wenn die Kinder mit ihren Familien zu Abend essen und ins Bett gehen. Dabei kommt die Dokumentation in manch intimen Situationen den Kindern, aber auch den Erwachsenen um sie herum bemerkenswert nahe. Wenn Pauls Mutter mal wieder mit ihrem Erziehungslatein am Ende ist und ihren Sohn wegen schlechter Schulnoten anherrscht, erwartet man fast, da müsse jetzt aber gleich die „Super Nanny“ ins Bild kommen. Doch der unkommentierte Film führt seine Protagonisten nicht vor, die Erzählhaltung ist deutlich von Anteilnahme und gegenseitigem Vertrauen geprägt. Gelegentlich befragt der Autor die Kinder aus dem Off, aber in der Regel bleibt die Kamera in der Beobachterposition. Der Alltag im Mansfelder Land, einer Gegend am östlichen Rand des Harz´, ist nicht eben spektakulär. Ehemals ein florierendes Bergbaugebiet, scheint hier die Zeit stehen geblieben zu sein. Die Jungen ziehen weg und die Älteren sorgen sich um ihre Arbeitsplätze. So sie noch welche haben. Die gigantischen Abraumhalden am Dorfrand, die immer wieder effektvoll ins Bild gesetzt werden, sind Relikte aus ökonomisch besseren Zeiten. Doch jedes Jahr zu Pfingsten begehen die Dörfler ein altes Ritual, bei dem symbolisch der Winter vertrieben wird. Wozu sich die Männer als Darsteller der kalten Jahreszeit in Schlammlöchern suhlen, bis sie schließlich von Jungen durch lautes Peitschenknallen vertreiben werden. Die Vorbereitungen auf die Mixtur aus Frühlings- und Initiationsritus, an denen Tom, Paul und Sebastian teilnehmen, geben dem Film seine Dramaturgie, so wie die seltsame Gleichzeitigkeit von Archaik und Moderne für die nicht nur ästhetischen Reibungen sorgt. So kontrastiert Regisseur Mario Schneider beispielsweise eine Hausschlachtung mit Bildern aus einer High-Tech-Fabrik, in der die Lebensgefährtin von Toms Mutter arbeitet. Mit dieser, im besten Sinne oft verstörenden Dokumentation, beendet Schneider nach „Helbra“ und „Heinz und Fred“ seine Trilogie über das Mansfelder Land. Ein Dokumentarfilm, der mit seiner poetischen Bildsprache bisweilen über das Ziel hinausschießt, aber unbedingt auf eine Kinoleinwand gehört.
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