Berberian Sound Studio

Thriller | Großbritannien/Deutschland/Australien 2012 | 92 (24 B./sec.)/88 (25 B./sec.) Minuten

Regie: Peter Strickland

Ein britischer Tontechniker lässt sich im Jahr 1976 von einem italienischen Regisseur anwerben. Doch die Bildwelten der Slasher-Filme, die er mit Hilfe von Synthesizer und viel zermatschtem Obst vertonen soll, machen ihm ebenso zu schaffen wie das Leben in der Fremde und die Attitüde der Filmemacher. Formal raffinierte Hommage ans italienische Kinogenre "Giallo" (eine Spielform des Thrillers) die ihrem Gegenstand auch dadurch "gerecht" wird, dass die gelungene filmsprachliche Form einen reichlich wirren Inhalt umspielt. (O.m.d.U.) - Ab 16.
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Filmdaten

Originaltitel
BERBERIAN SOUND STUDIO
Produktionsland
Großbritannien/Deutschland/Australien
Produktionsjahr
2012
Produktionsfirma
Illuminations Films/Warp X/Geissendörfer Film- und Fernsehprod./Madman Ent.
Regie
Peter Strickland
Buch
Peter Strickland
Kamera
Nicholas D. Knowland
Musik
Broadcast
Schnitt
Chris Dickens
Darsteller
Toby Jones (Gilderoy) · Tonia Sotiropoulou (Elena) · Susanna Cappellaro (Veronica) · Cosimo Fusco (Francesco) · Antonio Mancino (Santini)
Länge
92 (24 B.
sec.)
88 (25 B.
sec.) Minuten
Kinostart
13.06.2013
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 16.
Genre
Thriller
Externe Links
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Diskussion
Der Tontechniker Gilderoy ist vielleicht nicht der Beste seines Faches, aber er ist gründlich und weiß, wie man einem Film das gewisse akustische Äußere verleiht. Wie Mitte der 1970er-Jahre üblich, kennt er sich mit den eben aufkommenden Synthesizern genauso aus wie mit allem „Analogen“, aus dem sich Töne produzieren lassen. Letzteres wird ihm bei seinem aktuellen Auftrag von Nutzen sein, denn der italienische Filmhandwerker Giancarlo Santini benötigt Gilderoys Hilfe für sein neues Meisterwerk „Il Vortice Equestre“. Der bodenständige Brite ist des Italienischen zwar nicht wirklich mächtig, und auch Leben und Werk von Santini sind ihm nicht geläufig, doch er lässt sich mutig auf die Reise ein, die erstmals auch eine längere Trennung von seiner Mutter mit sich bringt. In der Fremde angekommen, sieht er sich schon bald mit der ungewöhnlichen Bild- und Blutgewalt von Santinis Film konfrontiert; um dafür einen adäquaten Synchronton zu erhalten, erweist es sich am besten, Obst- und Gemüseberge auf möglichst kreative Weise zu zerquetschen. Von der abweisenden Fremde, den arroganten Filmemachern und den schwer verdaulichen Bilderwelten gezeichnet, zieht sich Gilderoy zunächst in sein mentales Schneckenhaus zurück. Einzig die regelmäßigen Briefe seiner Mutter sowie die Zuneigung der Synchronsprecherin Silvia bauen ihn auf, so dass er erstaunlich kreativ mit dem in seinen Augen kruden Machwerk und dessen sexistisch-herablassenden Machern umzugehen weiß. Nichts desto trotz kriselt es in der Produktion, und Gilderoy verliert nicht nur psychologisch immer mehr den Boden unter den Füßen. Peter Stricklands Film ist nicht nur von der Story her im Italien der 1970er-Jahre verhaftet. „Berberian Sound Studio“ ist auch ästhetisch und inszenatorisch dem Giallo-Genre gänzlich verfallen. Bevor sich der Film seiner subtilen Film- im-Film-Geschichte widmet, versprüht der grafisch ausgefeilte, mit obsessivem Elektro-Gothic-Jazz beseelte Vorspann altertümlichen Videotheken-Charme. Mit kräftigen Farben, atemberaubenden Schnitten und fast schon psychedelisch wirkenden Schwenks und Zooms verbeugt sich Strickland vor dem Kino Mario Bavas und Dario Argentos. Auch wenn es der fiktive „Kunstfilm“-Regisseur Santini nicht zugibt und man mit keinem einzigen Bild seines Werkes konfrontiert wird, befindet man sich mitten in der Postproduktion eines Slashers-Films. Strickland verlagert die Vorstellung des Grauens durch das passive Agieren seines vorzüglichen Ensembles und nicht zuletzt durch den Soundtrack zermatschter Melonen direkt in den Kopf des Betrachters. Doch so sehr der Film im Detail auch begeistert, so sehr enttäuscht das „große Ganze“ seiner Geschichte. Mit wirren Handlungsschlenkern sucht Strickland Halt in der Dramaturgie des Surrealen, verhaspelt sich dabei aber heillos und weiß schließlich nicht mehr zum Schluss zu kommen. Zwangsläufig muss so ein Film im Ärgernis enden und steht damit – jedoch ungewollt – fast schon wieder symptomatisch für das Schicksal des Giallo, das nicht selten an der Spannung zwischen formaler Virtuosität und inhaltlicher Banalität zerbrach.
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