Alles was wir wollen

Dokumentarfilm | Deutschland 2008-2013 | 70 Minuten

Regie: Beatrice Möller

Die Filmemacherin Beatrice Möller porträtiert drei Frauen um die 30 aus der vieldiskutierten Generation der Kreativarbeiterinnen, für die das vermeintlich unbegrenzte Angebot beruflicher und privater Möglichkeiten Fluch wie Segen ist. Die Schauspielerin Marie-Sarah ist ständig auf dem Sprung, die Halbpälästinenserin Mona genießt die Anonymität von Berlin, Claudia arbeitet bei einer Stadtzeitung in Leipzig. Der Film begleitet die Protagonistinnen drei Jahre lang, sitzt mit am Tisch ihrer Mütter, notiert die Abwesenheit von Männern sowie berufliche und private Entwicklungen. Ein zeit- oder generationenspezifiches Gesamtbild ergibt sich daraus nicht, wohl aber eine unaufdringliche Momentaufnahme über „unfertige“ Biografien, die bei aller individuellen Färbung manches über die Gegenwart erzählen. - Ab 14.
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Filmdaten

Produktionsland
Deutschland
Produktionsjahr
2008-2013
Produktionsfirma
ONEWORLDDOCUMAKERS/time prints film & media/Beatrice Möller Prod.
Regie
Beatrice Möller
Buch
Beatrice Möller
Kamera
Rasmus Sievers · Beatrice Möller · Martin Jabs
Musik
Eckart Gadow
Schnitt
Robert Wellié · Andrea Schönherr
Länge
70 Minuten
Kinostart
06.03.2014
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Dokumentarfilm

Diskussion
Die Schauspielerin Marie-Sarah bezeichnet sich als „Sucher“ und „Scanner“. Ihre Mimik scheint diese Selbstbeschreibung zu illustrieren: Während sie spricht, wandern ihre Augen rastlos hin und her. Marie-Sarah schickt jede Woche acht bis zehn Bewerbungen raus, ist 29 Mal umgezogen und weit davon entfernt, ökonomisch oder beruflich abgesichert zu sein. In „Alles was wir wollen“ von Beatrice Möller sieht man sie oft Texte rezitierend im Auto sitzen oder durch die Gegend spazieren. Am Ende packt sie erneut ihre Koffer, um in München für eine Unternehmensberatung zu arbeiten. Die Halbpalästinenserin Mona, die nach einer Jugend in Israel alleine nach Berlin gezogen ist, spricht von einem „schwammigen Gefühl“ und dem Wunsch, irgendwann mal anzukommen – auch wenn sie versichert, ihre Freiheiten zu genießen. Claudia arbeitet als Journalistin bei einer Stadtzeitung in Leipzig und klagt über viel Verantwortung für wenig Geld. „Alles was wir wollen“ beschäftigt sich mit der vielbesprochenen Generation der mehr oder weniger richtungsoffen lebenden und arbeitenden Um-die-Dreißigjährigen, deren unendliche Möglichkeiten von ebenso vielen Fragen und Unsicherheiten verschluckt werden. In Amerika macht man darüber Spielfilme, etwa „Frances Ha“ (fd 41 835). Das Fass eines Generationenporträts will Möller zwar nicht ernsthaft aufmachen, aber selbst als Porträt einer bestimmten Gruppe – die drei Frauen gehören im weitesten Sinn der ökonomisch wenig abgesicherten Kreativklasse an – gibt der Film nicht allzuviel her. Zeit- und Generationen-diagnostisch generalisierende Töne und Allgemeinplätze drängen sich auf, wenn Claudia, Marie-Sarah und Mona mit ihren Müttern in der Küche herumhantieren und ihre Lebensentwürfe in Gesprächen gegenüberstellen. In ihrem Alter lebten die Mütter schon in gefestigten Beziehungen und etablierten Arbeitsverhältnissen, hatten Kinder. Das überrascht nicht. Einmal platzt Claudias Vater ins Gespräch und redet was von „effektiver Lebensgestaltung“; davon abgesehen, sind Männer bzw. Beziehungspartner nahezu abwesend in dem Film, wie überhaupt das soziale Umfeld erst gar nicht in den näheren Blick genommen wird. Möller hat ihre recht unverstellt über ihr Leben plaudernden Protagnistinnen über einen Zeitraum von drei Jahren immer mal wieder begleitet. Langzeitbeobachtung kann man das nicht nennen, der Zeitraum ist dann doch zu kurz, um Aussagen über berufliche und private Entwicklungen zu treffen. Einschneidende Dinge passieren dennoch: Mona wird mit einer Erkrankung konfrontiert, Claudia zieht mit ihrem Freund zusammen und bekommt ein Kind. Für das Verstreichen von Zeit findet der fernsehreportagenhaft erzählte Film jedoch keine Bilder – außer den wiederkehrenden Einstellungen auf Schneedecken, die den Wechsel der Jahreszeiten anzeigen. Ansonsten wiederholen sich die Situationen, in denen die Frauen gezeigt werden, recht stereotyp: Alltagsszenen wie Einkaufen, Kochen, ein bisschen Arbeitswelt, Interviews in den eigenen Wohnungen. Diese Beobachtungen geraten so unspezifisch, wie überhaupt die Fragestellung des Films recht vage bleibt. „Alles was wir wollen“ ist ein Film darüber, wie drei Frauen um die 30, von denen man im Grunde nicht weiß, unter welchen Kriterien ausgerechnet sie ausgewählt wurden, heute „so leben“.
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