Das kleine Gespenst (2013)

Kinderfilm | Deutschland/Schweiz 2013 | 92 Minuten

Regie: Alain Gsponer

Realfilmadaption des 1966 erschienenen Kinderbuchklassikers von Otfried Preußler (1923-2013) als liebenswert-nostalgisches Kinder-Spiel: Das kleine Gespenst, das in den Gemäuern eines mittelalterlichen Schlosses spukt, träumt davon, endlich einmal die Welt bei Tageslicht zu erleben, was es selbst ebenso wie die Bewohner eines nahe gelegenen Städtchens ausgerechnet zu dessen 375-Jahr-Feier in Nöte und Turbulenzen stürzt. Die sanft-sympathische Fantasie spielt hübsch mit dem Thema Zeit und kommt dabei dem kindlichen Vergnügen am Trickzauber ebenso entgegen wie im altersgemäßen Umgang mit Mut, Aufrichtigkeit und Zivilcourage. - Ab 8.
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Filmdaten

Originaltitel
S' CHLINE GSPÄNGST
Produktionsland
Deutschland/Schweiz
Produktionsjahr
2013
Produktionsfirma
Claussen + Wöbke + Putz Filmprod./Zodiac Pictures
Regie
Alain Gsponer
Buch
Martin Ritzenhoff
Kamera
Matthias Fleischer
Musik
Niki Reiser
Schnitt
Michael Schaerer
Darsteller
Nico Hartung (Hannes) · Jonas Holdenrieder (Karl) · Emily Kusche (Marie) · Carlos Richter (Peter) · Herbert Knaup (Uhrmachermeister Zifferle)
Länge
92 Minuten
Kinostart
10.08.2023
Fsk
ab 0; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 8.
Genre
Kinderfilm
Externe Links
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Heimkino

Die Edition enthält eine Audiodeskription für Sehbehinderte.

Verleih DVD
Universum (16:9, 1.85:1, DD5.1 dt.)
Verleih Blu-ray
Universum (16:9, 1.85:1, dts-HDMA dt.)
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Realfilmadaption des 1966 erschienenen Kinderbuchklassikers von Otfried Preußler.

Diskussion

Eigentlich hätte dieser Film bei seiner Erstaufführung im Herbst 2013 das Sahnehäubchen auf den geplanten Feierlichkeiten zu Otfried Preußlers 90. Geburtstag werden sollen; dann aber starb Preußler ein halbes Jahr davor am 18.2.2013, weshalb die Festivitäten sowie etwaige Marketing-Aktionen weitgehend ausblieben. Der in Böhmen geborene und aufgewachsene Kinderbuchautor, der sich nach dem Zweiten Weltkrieg eine neue Existenz in Bayern aufbaute, schuf bereits 1956 mit seinem ersten Kinderbuch „Der kleine Wassermann“ einen Klassiker, zu dem sich noch viele weitere gesellten, darunter „Krabat“, „Der Räuber Hotzenplotz“ und „Die kleine Hexe“ sowie auch „Das kleine Gespenst“, das erstmals 1966 erschien und seitdem zum Standardrepertoire in jeder Generation von großen oder kleinen Lesern gehört.

An dem enormen Erfolg der liebenswürdigen Fabel dürften nicht zuletzt auch die zahlreichen Illustrationen von Franz Josef Tripp (1915-1978) maßgeblichen Anteil gehabt haben. Ähnlich wie bei Michael Endes „Jim Knopf“-Büchern oder auch bei Boy Lornens „Robbi, Tobbi und das Fliewatüüt“ brannten sich Figuren und Schauplätze gerade auch durch Tripps Zeichnungen tief ins Gedächtnis ein – was eine schwierige Hürde für jede Verfilmung darstellt, die solche ikonischen Festlegungen nicht verletzen darf.

Eine hübsch animierte Spukgestalt

Nach Curt Lindas mehr als 20 Jahre alter Zeichentrick-Verfilmung (1999-92) hat sich die erste Realfilmadaption des Kinderbuchklassikers alle Mühe gegeben, den visuellen Eindrücken gerecht zu werden und die Anhänger des Romans nicht zu enttäuschen: Während das kleine Gespenst als zunächst weiße, später schwarze Spukgestalt digital hübsch animiert durch das turbulente Geschehen schwebt (und dabei nicht zuletzt dank der Stimme von Anna Thalbach seinen Charme entwickelt), entfalten sich Burg und Stadt Eulenstein in nostalgisch-putziger Pracht, die dem Roman-Ambiente durchaus gerecht wird.

Auch die meisten Personen entsprechen aufs Schönste ihren literarischen Vorbildern, besonders die amtlichen Würdenträger vom aufgeplusterten Bürgermeister über den eilfertigen Wachtmeister bis zur Feuerwehr-Slapstick-Truppe. Insofern ist der Wiedererkennungswert angenehm hoch, und der Film entfaltet sich als sanft-sympathische Fantasie, die den einzelnen Romanstationen mit Respekt und Zuneigung begegnet und zudem reizvoll mit dem Thema „Zeit“ spielt.

Denn das kleine Gespenst, das in den Gemäuern des mittelalterlichen Schlosses Eulenstein spukt, träumt davon, einmal die Welt bei Tageslicht zu erleben, was ihm eines Tages dadurch ermöglicht wird, dass Uhrmachermeister Zifferle die große Rathausturmuhr überholt und dabei das Räderwerk des Antriebs um zwölf Stunden verstellt. So stürzt das nunmehr schwarze Gespenst die Bewohner des Städtchens ausgerechnet zu dessen Jubiläumsfeier in Nöte und Turbulenzen: Vor 375 Jahren (in Roman waren es noch 50 Jahre weniger) hatte man sich erfolgreich gegen die Besetzung des schwedischen Generals Torsten Torstenson zur Wehr gesetzt, spielt nun die historischen Ereignisse nach und verwirrt das kleine Gespenst heillos, weil es glaubt, sein alter Widersacher würde seine Attacke wiederholen.

Über sich hinauswachsen

So verrückt-versponnen diese Geschehnisse auch sind: Für eine Kinoverfilmung schienen sie wohl doch nicht tragfähig genug, zumal das kleine Gespenst nicht unbedingt als „moderne“ kindliche Identifikationsfigur taugt. So kommt der zehnjährige Karl ins Spiel, Sohn des örtlichen Apotheker-Ehepaars, der anders als im Roman ein Einzelkind ist, das sich nur schwer durchzusetzen vermag und oft genug den hämischen Attacken seiner Mitschüler ausgeliefert ist, insbesondere denen des Bürgermeistersohn Peter.

Als er nach einem Schlossbesuch sogar verdächtigt wird, eine wertvolle historische Taschenuhr gestohlen zu haben, muss Karl über sich selbst hinauswachsen, seine Unschuld beweisen und zugleich im Verbund mit neuen Freunden das kleine Gespenst retten.

Das ist keine sonderlich originelle Erweiterung der Romanvorlage; allzu häufig schon erlebte man solche Themen in Kinderfilmen. Und doch funktioniert es hier: In gegen Ende sogar recht spannenden Ereignissen vermittelt der Film unaufdringlich viel vom altersgemäßen Umgang mit Mut, Aufrichtigkeit und Zivilcourage, ebenso von der kindlichen Sorge, ungerecht behandelt und nicht als Vertrauensperson respektiert zu werden. Otfried Preußler hätte das bestimmt gefallen.

 

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