Drama | Israel/Deutschland/Frankreich 2013 | 107 Minuten

Regie: Tom Shoval

Um den finanziellen Niedergang ihre Familie zu stoppen, entführen zwei Brüder am hellichten Tag in der Umgebung von Tel Aviv ein Mädchen aus reichem Hause. Schon bald tun sich unvorhergesehene Schwierigkeiten auf, die sich nicht mit Waffengewalt lösen lassen. Der Film verbindet eine eher allgemein gehaltene Krisenerzählung mit dem Porträt einer Jugend, die durch den Militärdienst und die damit verbundene Allgegenwart von Waffen ein verschrobenes Verhältnis zur Gewalt hat. Das durchaus humorvolle Drama bleibt dabei zu sehr an der Oberfläche, um die gesellschaftliche Komplexität des zerrissenen Landes einzuholen, wenngleich sich über die Allgegenwart des Militärischen doch interessante Einsichten ableiten lassen. - Ab 16.
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Filmdaten

Originaltitel
YOUTH
Produktionsland
Israel/Deutschland/Frankreich
Produktionsjahr
2013
Produktionsfirma
Green Prod./One Two Films/United King Films
Regie
Tom Shoval
Buch
Tom Shoval
Kamera
Yaron Scharf
Schnitt
Joel Alexis
Darsteller
Eitan Cunio (Shaul Cooper) · David Cunio (Yaki Cooper) · Moshe Ivgy (Moti Cooper) · Shirli Deshe (Paula Cooper) · Gita Amely (Dafna Edelman)
Länge
107 Minuten
Kinostart
23.01.2014
Fsk
ab 16; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 16.
Genre
Drama

Diskussion
Die T-Shirts, die die Brüder Yaki und Shaul in „Youth“ tragen, fungieren wie Werbeflächen für eine Gewalt verherrlichende Kultur. Sie sind mit Waffen bedruckt oder mit den Namen amerikanischer Actionstars und populärer Kampfmaschinen – Stallone, Al Pacino, Rambo. Dieser fiktionale Gewaltraum trifft in Tom Shovals Film auf die Realität des israelischen Militärdiensts, auf die Allgegenwart bewaffneter und uniformierter Männer in der Öffentlichkeit – und nicht zuletzt auf einen tief verankerten Chauvinismus, der mit all dem ursächlich zusammenhängt. Nur vor diesem Hintergrund erscheint es überhaupt möglich, dass die beiden Brüder am helllichten Tag in der Umgebung von Tel Aviv ein junges Mädchen entführen und in einem vollbesetzten Linienbus in ein Versteck verschleppen – die Waffe, die der Soldat Yaki trägt, ist ein schlichtweg zu normaler Anblick, um Verdacht zu erregen. Selbst wenn der junge Mann in Zivil in der Wohnung herumläuft, legt er sein Gewehr nur selten ab, die Mutter nennt ihn stolz „mein Soldat“. Einmal nimmt sich Shaul die Waffe seines Bruders, um herumstreunende Kinder aus dem Hauseingang zu vertreiben, und gerät darüber in Euphorie – die Waffe verleiht ein berauschendes Gefühl von Macht; bald wird auch er zum Militär eingezogen und einen rechtmäßigen Anspruch darauf haben. Die Beobachtung einer institutionalisierten Gewaltkultur gehört zu den interessanteren Momenten in Shovals Film, auch wenn das Motiv etwas unterentwickelt bleibt. Ansonsten ist „Youth“ vor allem ein unspezifisch erzählter Krisenfilm, der auch in einem anderen geografischen und politischen Umfeld verortet sein könnte. Yakis und Shauls Vater ist arbeitslos und versinkt in Depressionen, die Mutter kämpft sich mit unzähligen Nebenjobs durch, das Geld reicht kaum für Busticket und Zigaretten, und der Verlust der Wohnung hängt wie ein Damoklesschwert über der Familie. Der Plan, das Mädchen zu entführen, entspringt einer ökonomischen Notlage. Die Eltern des Mädchens sollen ein hohes Lösegeld zahlen, doch schon die Kontaktaufnahme scheitert: Am Sabbat geht die orthodoxe Familie nicht ans Telefon. Das eigentliche Zentrum des Films ist das Verhältnis der beiden Brüder, das Machtgefälle zwischen dem Soldaten Yaki und dem jüngeren Shaul, ihre Solidarität und buchstäbliche Verbrüderung – sie pinkeln gemeinsam in die Kloschüssel –, ihr Aufeinander-Bezogen-Sein, das mitunter von vehementen Abgrenzungsversuchen durchbrochen wird. Als die Brüder das Mädchen erfolgreich in den Keller gebracht haben, fallen sie sich in die Arme und stoßen ebenso erleichterte wie triumphierende Schreie aus. Die Ambivalenz ihrer Beziehung aber offenbart eine Szene, in der sich Shauls verzweifelte Umarmung und Yakis Versuch, dieser zu entweichen, zu einem absurden, fast tänzerischen Gerangel mischen. Die überzeugende Inszenierung dieser intensiven Bruderbeziehung kann allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass Shoval seine Gesellschaftsdiagnose in allzu groben Strichen zeichnet – nicht unähnlich den plakativen Botschaften auf den T-Shirts.
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