- | Deutschland 2013 | 118 Minuten

Regie: Christian Alvart

Eine 30-jährige „graue Maus“ bricht Mitte der 1960er-Jahre aus ihrem kleinbürgerlichen Dasein aus, überfällt mit einem Bekannten in der Umgebung von Hamburg Banken und träumt mit Charme und Chuzpe von einem anderen Leben. Ein nach einer historischen Begebenheit erzähltes Drama um eine Frau, die sich mit allen Mitteln emanzipieren will. Die energische Inszenierung besticht durch eine am Actionfilm orientierte Bildsprache sowie durch gute Darsteller; dabei werden nicht alle dramaturgischen Herausforderungen immer überzeugend gelöst. - Ab 14.
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Filmdaten

Produktionsland
Deutschland
Produktionsjahr
2013
Produktionsfirma
Syrreal Ent./StudioCanal
Regie
Christian Alvart
Buch
Christoph Silber · Kai Hafemeister
Kamera
Ngo The Chau
Musik
Steffen Kahles · Christoph Blaser · Christian Alvart
Schnitt
Sebastian Bonde · Philipp Stahl · Christian Alvart
Darsteller
Nadeshda Brennicke (Gisela Werler) · Charly Hübner (Hermann Wittdorf) · Ken Duken (Kommissar Fischer) · Andreas Schmidt (Uwe) · Heinz Hoenig (Hauptkommissar Kaminski)
Länge
118 Minuten
Kinostart
27.03.2014
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Externe Links
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Heimkino

BD und DVD enthalten eine Audiodeskription für Sehbehinderte.

Verleih DVD
StudioCanal (16:9, 2.35:1, DD5.1 dt.)
Verleih Blu-ray
StudioCanal (16:9, 2.35:1, dts-HDMA dt.)
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Diskussion
Tagsüber arbeitet Gisela Werler in einer Tapetenfabrik, abends muss sie ihrem versehrten Vater den Stumpf einfetten, bevor sie sich in ihr kleines, recht erbärmlich eingerichtetes Zimmer zurückziehen und von den Dingen träumen darf, die sie nie haben wird. Mit über 30 Jahren wohnt sie noch bei den Eltern, doch erst als sie durch ihren Freund Uwe den charmanten und etwas schmierigen Peter kennenlernt, wendet sich das Blatt. Als sie eines Tages beide verfolgt, beobachtet sie, wie sie eine Bank ausrauben wollen, was jedoch an Uwes schwachen Nerven scheitert. Sie wittert ihre Chance, aus ihren Lebensverhältnissen ausbrechen zu können und bietet sich als Komplizin an. Der joviale Peter, der sie nur „Mädchen“ nennen wird und vor Energie brodelt, lässt sie einen Überfall in einer kleinen Filiale allein machen – zum Test. Sie besteht, und fortan überfällt sie mit Sonnenbrille und Perücke, stets an Peters Seite, Banken im Hamburger Umland. Christian Alvart („Antikörper“, fd 37 134) ist ein für deutsche Verhältnisse ungewöhnlicher Regisseur, weil er mit enormer Lust für die Leinwand inszeniert. „Banklady“ wirkt trotz des den Stoff umwehenden Provinzmiefes und trotz ARD-Beteiligung in keiner Sekunde wie eine Fernsehproduktion. Das liegt weniger an der erstaunlich detailverliebten Rekreation der 1960er-Jahre als vielmehr an Alvarts Inszenierung: ohne gnadenlos zu übersteigern, findet er zu einer Bildsprache, die einem Actionfilm eher gerecht wird als einem im Kern sozialen Drama um eine Frau, die sich mit all den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln emanzipiert. Nadeshda Brennicke gelingt scheinbar mühelos der Spagat zwischen der „grauen Maus“, die nach Leben hungert, und der selbstbewussten Bankräuberin, die sich mit Charme und Chuzpe ihre Zukunft sichern will. Allerdings schluckt die Konzentration auf Gisela etwas von dem Drama, das Peter umgibt, den Charly Hübner leidenschaftlich und sympathisch spielt. Denn der rundliche, immer schlagfertige Peter, der von Gisela nicht zuletzt aufgrund seines Wagemuts auch erotisch wahrgenommen wird, heißt eigentlich Hermann und hat Frau und Kind. Seine Beweggründe, aus der bürgerlichen Existenz ausbrechen zu wollen, werden leider nur recht kurz verhandelt. Auf der anderen Seite des Gesetzes jagt Kommissar Fischer nach dem Paar und steht unter dem Druck seines Vorgesetzten, in der Sache schnell Ergebnisse zu liefern. Ken Duken ist ein wenig ratlos im Umgang mit dieser Figur, die in ihrer Anstrengung, den Fall klären zu müssen, etwas überzeichnet wirkt. Doch das wahre Leben schreibt hier die Dramaturgie vor, und wie so oft scheitern die Kriminellen an dem „letzten großen Coup“, der eine endgültig sorgenfreie Existenz verheißt. Nur wenige Tage bevor in den westdeutschen Kinos Arthur Penns Verfilmung von „Bonnie und Clyde“ (fd 15 130) anläuft, werden die beiden gefasst. Dass beide noch im Gefängnis heirateten, ist eine Art deutsches Happy-End für ein Verbrecherpaar, dessen kinotaugliche Attraktivität erst jetzt erkannt wurde und das Glück hatte, dass ihr aufsehenerregendes Schicksal von einem talentierten Regisseur verfilmt wurde.
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