Panihida - Himmelreich

Drama | Deutschland/Moldawien 2012 | 61 Minuten

Regie: Ana-Felicia Scutelnicu

Die Bewohner eines moldawischen Dorfs halten nächtliche Totenwache für eine verstorbene Bewohnerin. Am Tag darauf soll die Beerdigung auf dem weit entfernten Friedhof sattfinden. Unter sengender Sonne macht sich die Trauergemeinde mit dem Sarg auf einen beschwerlichen Fußmarsch, wobei man unterwegs eifrig dem Wein zu spricht. Eine bildgewaltige Meditation, die sich als eigenwillig-eigenständige Mixtur aus Spiel- und Dokumentarfilm souverän zwischen Heimatfilm und absurder Komödie bewegt. - Sehenswert ab 16.
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Filmdaten

Originaltitel
PANIHIDA
Produktionsland
Deutschland/Moldawien
Produktionsjahr
2012
Produktionsfirma
Weydemann Bros./DFFB
Regie
Ana-Felicia Scutelnicu · Tito Molina
Buch
Ana-Felicia Scutelnicu
Kamera
Tito Molina
Schnitt
Tito Molina · Ana-Felicia Scutelnicu
Länge
61 Minuten
Kinostart
22.05.2014
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 16.
Genre
Drama | Heimatfilm | Komödie
Externe Links
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Diskussion
Eine Gruppe von Menschen zieht gemessenen Schrittes in einiger Entfernung einen Hügel hinauf. Die Teilnehmer sind feierlich gekleidet und führen, soweit das aus der Entfernung zu erkennen ist, christliche Symbole wie Kreuze und einen Baldachin mit sich. Eine Prozession, womöglich eine Beerdigung. Plötzlich wirft einer aus der Gruppe irgendwas nach einer Kuh, die friedlich am Wegesrand grast. Woraufhin das Huftier einen wilden Tanz aufführt, während die Menschen unbeeindruckt weiterziehen. Als sie auf dem Gipfel des Hügels bei einer kleinen Kapelle angekommen sind, nimmt die bis dahin statische Kamera in einem gravitätisch langsamen Schwenk sonnendurchflutete Wiesen und Felder ins Visier, bis die Kreisfahrt nach etwa 90 Grad unvermittelt abbricht. Ein rätselhafteres, faszinierenderes Intro hat man lange nicht mehr gesehen. Und der Films hält, was der Vorspann verheißt. In einem moldawischen Dorf ist eine alte Frau gestorben, weshalb sich die Bewohner in ihrem Haus, wo der Leichnam aufgebahrt ist, zur nächtlichen Totenwache einfinden. Während die Frauen das Ableben der Nachbarin unter Tränen und Gesängen beklagen, sitzen die Männer in einem Nebenraum, rauchen, trinken und hadern mehr mit der Härte des Lebens. Am Tag darauf soll die Beerdigung stattfinden. Doch der Friedhof liegt weit entfernt. Der Trauermarsch über staubige Feldwege unter sengender Sommersonne artet deshalb zu einer Art Wandertag mit Sarg aus, worunter vor allem die betagten Sargträger zu leiden haben. Linderung verschafft ihnen lediglich ein schweigsames junges Mädchen, das einen Krug mit sich führt, aus dem sie fortlaufend Wein ausschenkt. Was nicht ohne Wirkung bleibt. Doch erst als der Krug nie leer zu werden scheint und schließlich sogar der Pfarrer bedenklich zu schwanken beginnt, dämmert es einem, dass man es hier wohl nicht mit einer lupenreinen Dokumentation zu tun hat. „Panihida“ ist von der ersten bis zur letzten Einstellung inszeniert, lässt aber bis auf eine Ausnahme durchweg örtliche Laiendarsteller vor dem Kamera agieren. Hinzu kommt, dass es zwar ein Drehbuch, aber keine Dialoge gab, so dass die agierenden Figuren bei ihren Gesprächen vornehmlich frei improvisierten. Schon unter dem Genreaspekten also ein seltsames Zwitterwesen, passt der Film auch sonst in keine Schublade. Er bewegt sich in ruhigen, langen Einstellungen zwischen Heimatfilm, Ethno-Studie und Spielfilm mit teils herrlich vital-absurden Sequenzen, die einem Fellini alle Ehre gemacht hätten. Gleichzeitig ist „Panihida“ in seiner völlig eigenständigen Ästhetik eine bildgewaltige Liebeserklärung der Regisseurin an ihre moldawische Heimat. Ein kleiner Film, der in gerade einmal 61 Minuten großes Kino bietet.
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