Dokumentarfilm | Deutschland 2013/14 | 86 Minuten

Regie: Hermann Vaske

Der Schauspieler Udo Kier (geb. 1944) flaniert als leidenschaftlicher Kunstliebhaber durch europäische Kunsttempel vom Louisiana Museum in Kopenhagen bis zum Centre Pompidou in Paris. Sein Zugang zur Kunst verdankt sich dabei weniger kunsthistorischen oder intellektuellen Diskursen als vielmehr einem Netzwerk sehr persönlicher Erinnerungen, die anekdotisch aneinandergereiht werden. In der Begegnung mit prominenten Künstler-Freunden gibt sich Kier neugierig bis exzentrisch, wobei eine schöne Portion Ironie den Film befeuert. - Ab 14.
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Filmdaten

Produktionsland
Deutschland
Produktionsjahr
2013/14
Produktionsfirma
Emotional Network Prod./Cineplus Filmprod.
Regie
Hermann Vaske
Buch
Hermann Vaske
Kamera
Patricia Lewandowska
Musik
Blixa Bargeld · Teho Teardo
Schnitt
Bastian Ahrens
Länge
86 Minuten
Kinostart
16.10.2014
Fsk
ab 0; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Dokumentarfilm
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Diskussion
Der in Köln geborene Schauspieler Udo Kier ist ein Hans Dampf in allen Gassen, der es seit den späten 1960er- Jahren mit einer schillernden Filmografie zwischen Arthouse und Trash zum Kultstatus und einem Standbein in Hollywood gebracht hat. Christoph Schlingensief drehte schon1991 die großartige Mockumentary „Tod eines Weltstars“ mit Udo Kier als Weltstar. Kier ist aber nicht nur ein extravaganter und gerne auch exzentrischer Darsteller, sondern auch ein „Arteholic“: einer, der Kunst zum Atmen braucht, weil er selbst immer auf dem Sprung ist, sein Leben in Kunst zu verwandeln. Udo Kier performt Udo Kier – und der Filmemacher Hermann Vaske hat Kier bei einer Reise durch europäische Museen mit der Kamera begleitet und ein paar mehr oder weniger inszenierte Begegnungen mit Künstlern, Museumsleitern und Kuratoren dokumentiert. Kier, der einst mit zwei Filmen aus der „Factory“ von Andy Warhol bekannt wurde, hat sich offenbar stets zur Bildenden Kunst hingezogen gefühlt. Schon seine Anfänge in Wien bei Edi Sailer („Schamlos“) weckten sein Interesse am Wiener Aktionismus, wobei sich Kier den Gegenstände in „Arteholic“ nicht als Kunsthistoriker, sondern konsequent anekdotisch nähert. So lässt er sich von dem Videokünstler Marcel Odenbach durch eine Ausstellung führen, parliert mit der bildenden Künstlerin Rosemarie Trockel über die gemeinsame Liebe zu Hunden, legt sich bei dem Architekten Nikolaus Hirsch auf die Couch und diskutiert mit Performer Jonathan Meese und dessen Mutter über Abstraktion. Die Schauspielerin Nicolette Krebitz hat für die Band Terranova einmal das Musikvideo „Prayer“ gedreht, in dem Udo Kier mitspielt. Warum sich also nicht kurz treffen? Auch Pamela Anderson hat ihren Auftritt, allerdings ist sie nur von hinten zu sehen. Im Centre Pompidou zu Paris stellt Kier eine Performance mit dem kanadischen Experimentalfilmer Guy Maddin auf die Beine. War doch toll! Der Maler Per Kirkeby hat die Kapitel-Tableaus von Lars von Triers „Breaking the Waves“ (fd 32 145) gestaltet, seither ist Kier Kirkeby-Fan. Immer unterwegs in Sachen Kunst, drückt mitunter das vom Hersteller geschenkte Schuhwerk, weshalb dann schon mal ein Kier-Porträt vernichtet und mit großer Geste den Ostseefluten übergeben wird. Manchmal gesellt sich zu der Abfolge von Performances – besonders lustig ist die wortlose Begegnung mit Lars von Trier auf dem Weg zum Louisiana-Museum, nördlich von Kopenhagen – auch ein Blick auf spontane Gesten Kiers, die so genuin Kier sind, dass man auch hier von Performance sprechen muss. Kurz vor Schluss mündet das dann in der Pointe, dass der Arteholic Kier an der Überdosis Kunst im Museum Hamburger Bahnhof in Berlin kollabiert und mit dem Krankenwagen abtransportiert werden muss. Es ist ein vergnügliches Flanieren durch die Kunsttempel Europas, das dem Erhabenen immer mit Ironie begegnet und durch die Präsenz Kiers stets ein Trash-Moment in petto hat. Aber das ist bei Jonathan Meese ja nicht anders.
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