Komödie | Deutschland 2014 | 82 Minuten

Regie: Franz Müller

Die Dreharbeiten zu einer Komödie während der Fußball-Europameisterschaft 2012 in Polen geraten für den Regisseur zum Desaster: Seine Produzentin überwirft sich mit ihm, die Kostümbildnerin ist von ihm schwanger, erste Schauspieler reisen ab, die Laiendarsteller sprechen kein Deutsch. Die aberwitzige Film-im-Film-Komödie spart nicht mit Seitenhieben auf die Filmbranche und belegt mit schmerzhaftem Witz, dass sich prekäre Arbeitsbedingungen nicht wegimprovisieren lassen. Dabei lebt der eindrucksvolle Film entschieden von seinen grandiosen Darstellern. - Ab 14.
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Filmdaten

Produktionsland
Deutschland
Produktionsjahr
2014
Produktionsfirma
Film Boutique/3 Müller Film
Regie
Franz Müller
Buch
Franz Müller
Kamera
Kawe Vakil
Musik
Tobias Ellenberg
Schnitt
Andreas Menn · Stefan Stabenow · Olaf Held
Darsteller
Eva Löbau (Olga) · Samuel Finzi (Marc) · Laura Tonke (Meike) · Janek Bielawski (Łukasz) · Mirek Balonis (Mirek)
Länge
82 Minuten
Kinostart
02.07.2015
Fsk
ab 0; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Komödie
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Verleih DVD
good!movies
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Viel Glück! und tschüss. Geniale Film-im-Film-Komödie

Diskussion
Von deutschem Boden darf nie wieder Comedy ausgehen, findet die Produzentin Ingrid. Auch nicht in Polen. Dort, wo einst um die Ecke Kriegsverbrechen begangen wurden und vielleicht sogar „Die Blechtrommel“ (fd 22 008) gedreht wurde, ziemt es sich nicht, wenn erwachsene Männer in einer Autorenkomödie ihre Fürze abfackeln. Auch von einer Komödie kann man verlangen, dass sie etwas Grundsätzliches zum deutsch-polnischen Verhältnis, zu seiner Geschichte und Gegenwart zu sagen hat. Schließlich könne der Faschismus unversehens „aus einer Chipstüte“ hervorkriechen. Ingrid zieht von dannen – und das Filmteam steht unvermittelt ohne Produktion da. „Worst Case Scenario“ oder große Chance? Schließlich ist das enthusiastische Team um Regisseur Gregor fast vollständig vor Ort und die Fußball-Europameisterschaft 2012, der dokumentarische Hintergrund der Komödie, findet gerade jetzt in Polen und der Ukraine statt. Wer weiß schon, was in vier Jahren ist? Tatsächlich ist „Worst Case Scenario“, eine Komödie über eine Filmcrew, der der Film zwischen den Fingern zerbröselt, selbst der Plan B eines gescheiterten Projektes, das Regisseur Franz Müller offenbar recht spontan und vor Ort improvisierend aus dem Boden gestampft hat. Eine schöne Film-im-Film-Doppelbödigkeit, aus der sich reichlich Kapital schlagen lässt. Regisseur Gregor gibt den Maniac, der bereit wäre, für den Film seine Mutter zu töten; doch jetzt muss er mal improvisieren. Wie war das nochmal? Wer macht die Kamera? Wer übernimmt die Ausstattung? Vielleicht Olga, von der er sich gerade erst getrennt hat, weil er keine Familie gründen wollte. Und die ihm jetzt mitteilt, dass sie schwanger ist. Beziehungsprobleme am Set haben Gregor gerade noch gefehlt. Dann springen die ersten Crew-Mitglieder ab, weil sie sich eine weitere Selbstausbeutung nicht leisten können. Andere Schauspieler reisen gar nicht erst an, da die Produzentin Ingrid die Flüge gecancelt hat. Also ist noch mehr Improvisation angesagt. Vielleicht mit Laiendarstellern arbeiten, um so den Flair des Fußballfestes einzufangen? Können Fußballfans alle nicht lesen? Die Inszenierung spart nicht mit Seitenhieben auf die Branche. Die Hauptdarstellerin, der alles egal ist, solang sie vor der Kamera steht, kann bei den Laien mit etwas Glamour punkten, ist aber sonst keine große Hilfe. Zudem braucht ihr Nervenkostüm ständig Zuwendung. Auch die Polen im Team erweisen sich gegenüber dem etwas konzeptlosen Filmemacher aus Deutschland schnell als bockig. Darf man hier vielleicht mal an Wajda oder Zanussi erinnern? Im allgemeinen Chaos verliebt sich Olga in einen jungen Set-Runner, was dem Film die Gelegenheit bietet, sich ein wenig im polnischen Alltag umzuschauen. Währenddessen versucht Gregor sein Glück mit polnischen Theaterschauspielern, die kein Deutsch sprechen. Egal, man kann bei der Post-Produktion vielleicht ja nachsynchronisieren. Doch auch diese Idee ist nach einer grotesk verlaufenden Probe bereits Geschichte. „Worst Case Scenario“ teilt nach allen Seiten großzügig aus und belegt teilweise mit schmerzhaftem Witz, dass sich die prekären Arbeitsbedingungen nicht einfach wegimprovisieren lassen. Jeder vielversprechende Einfall gebiert drei Folgeprobleme. Vielleicht doch lieber eine Dokumentation drehen? Geradezu erleichtert reist die Hauptdarstellerin zu einem anderen Casting ab: War nett mit euch. Viel Glück! Küßchen! Der Film lebt dabei entscheidend davon, dass man Samuel Finzi, Eva Löbau, Laura Tonke und all den anderen gerne dabei zuschaut, wie sie dem Affen Zucker geben. Eine großartige Szene folgt auf die nächste, bis man schließlich zu ahnen beginnt, dass das ganze Filmprojekt vielleicht nur darauf zielt, der Beziehungskrise zu entkommen. Falls ja, dann hat sich Gregor zu früh gefreut, denn der Film endet erschöpft im Morgengrauen am Ostseestrand. Die Idee mit dem nachträglichen Dubbing der Stimmen wurde dabei nicht fallengelassen. Zum Glück!

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