Abenteuer | USA 2015 | 94 Minuten

Regie: Peter Sohn

In einer Welt, in der die Dinosaurier nicht ausgestorben sind, haben die Echsen ihren Lebensstil über Jahrmillionen verfeinert und eine kulturelle Evolution durchlaufen. Der kleinste Spross einer Saurierfamilie aus Farmern hat Schwierigkeiten, seinen Platz in der Welt zu finden, und muss sich nach dem Verlust seines Vaters durch die bedrohliche Wildnis nach Hause durchschlagen. Hilfe erwächst ihm in einem anhänglichen Menschenkind. Temporeicher, höchst unterhaltsamer Animationsfilm mit kindgerechten Botschaften. Die eher konventionelle Handlung und Figurenzeichnung werden durch zauberhafte Einfälle sowie ein überwältigend fotorealistisches Design ausgeglichen. - Sehenswert ab 8.
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Filmdaten

Originaltitel
THE GOOD DINOSAUR
Produktionsland
USA
Produktionsjahr
2015
Produktionsfirma
Pixar Animation Studios/Walt Disney Pic.
Regie
Peter Sohn
Buch
Meg LeFauve
Kamera
Mahyar Abousaeedi · Sharon Calahan
Musik
Jeff Danna · Mychael Danna
Länge
94 Minuten
Kinostart
26.11.2015
Fsk
ab 6; f
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 8.
Genre
Abenteuer | Animation | Komödie
Externe Links
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Heimkino

BD und DVD enthalten eine Audiodeskription für Sehbehinderte, allerdings nur in englischer Sprache. Die Extras umfassen u.a. einen dt. untertitelbaren Audiokommentar des Regisseurs, des Story Supervisors Kelsey Mann, des Animation Supervisors Mike Venturini, der Kamerafrau Sharon Calahan und des Supervising Technical Directors Sanjay Baksh sowie den Kurzfilm "Sanjays Super Team" (7 Min.), in dem es in spielerischer Form um kulturelle Identität geht. Die BD Editionen enthalten zudem vier zusätzliche Szenen (11 Min.) und sechs "Making of"-Featurettes (36 Min.). Die BD Editionen sind mit dem Silberling 2016 ausgezeichnet.

Verleih DVD
Walt Disney (16:9, 2.35:1, DD5.1 engl./dt.)
Verleih Blu-ray
Walt Disney (16:9, 2.35:1, dts-HDMA7.1 engl. DD+7.1 dt.)
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Pixar entdeckt kultivierte Dinosaurier

Diskussion

In der Dino-Phase, die jedes Kind irgendwann durchlebt, mögen wir es alle schon vermutet haben: Hätten die Urzeitechsen nur ein wenig mehr Zeit auf der Erde gehabt – genauer: ein paar Millionen Jahre –, wären sie durchaus in der Lage gewesen, sich kulturell und gesellschaftlich weiterzuentwickeln. So auch die Ausgangsüberlegung hinter dem Pixar-Film „Arlo & Spot“. Der fatale Meteorit ist hier knapp an der Erde vorbeigerauscht und die Dinosaurier haben die Chance nicht ungenutzt gelassen: Statt weiter unstet umherzuziehen, sind sie im Lauf der Zeit sesshaft geworden, so wie die Familie von Apatosauriern, die zu Beginn des Films vorgestellt wird. Auf ihrer kleinen Farm pflanzen sie selbst ihre Nahrung an, pflügen mit ihren kräftigen Mäulern die Erde durch und haben für feinere Arbeiten wie das Aussäen praktische Hilfsmittel entwickelt.

Um von der Frucht ihres Ackers leben zu können, müssen allerdings alle mit anpacken, und genau da hakt es. Das kleinste Familienmitglied Arlo hat anders als seine Geschwister Schwierigkeiten, seinen Beitrag zu leisten. Mit dem Füttern der Hühner ist er überfordert, weil ihm die fiesen Vögel Angst einjagen, und auch sonst traut er sich nur wenig, sodass es an seinem geduldigen Vater ist, ihm Mut zuzusprechen: „Manchmal muss man die Angst hinter sich lassen, um zu sehen, was Wunderbares vor einem liegt.“

Die enge Vater-Sohn-Beziehung weckt manche Erinnerung an „Der König der Löwen“ und auch sonst orientiert sich der Film an manchem Zeichentrick-Vorbild: Die freundliche Tapsigkeit Arlos erinnert an ähnliche langhalsige Sympathieträger wie schon Winsor McCays Dino-Dame in „Gertie the Dinosaur“ (1914) oder auch Littlefoot aus „In einem Land vor unserer Zeit“ (1987), und die Story läuft sehr geradlinig – wenn auch stets unterhaltsam – darauf hinaus, dass Arlo seine Ängste überwinden lernt. Hinzu tritt der gerade in Disney-Filmen vertraute Verlust des Vaters, der daraus folgende Schock und die Entfernung der Hauptfigur aus ihrer natürlichen Umgebung – in diesem Fall durch einen reißenden Fluss, der Arlo weitab von seiner Familie treibt.

Die anschließende Rückkehr nach Hause ist selbstredend auch eine metaphorische Reise, bei der dem jungen Dino ein Begleiter an die Seite gestellt wird: Ein Menschenjunge auf einem frühen Stand der Evolution, der eher Hund oder Wolf verwandt scheint als dem Affen; jedenfalls folgt er Arlo wie ein treuer Vierbeiner, knurrt und bellt statt zu sprechen und verteidigt ihn mit Bissen gegen Gefahren. Das lässt auch den Saurier immer mehr Zuneigung zu dem Kind fassen, das er Spot nennt; und in einer rührenden nächtlichen Szene finden die beiden im Austausch ihrer Verlusterfahrungen endgültig zusammen und werden so auch dem Zuschauer nähergebracht.

Sind schon Story und Botschaften für einen Pixar-Film eher konventionell gehalten, entfalten auch die Hauptfiguren bei all ihren einnehmenden Zügen nicht den Zauber früherer Buddy-Paare wie Woody und Buzz aus der „Toy Story“-Reihe (1995-2010), Marlin und Dorie in „Findet Nemo“ (2003) oder zuletzt Freude und Kummer in „Alles steht Kopf“ (2015). Doch macht das in diesem Fall wenig aus, denn der Star ist eindeutig die Landschaft. Was die Zeichner in „Arlo & Spot“ auf die Leinwand gebracht haben, überwältigt von Szene zu Szene immer wieder aufs Neue: An den großen Nationalparks der USA orientiert, entfaltet sich das Schicksal der Dinosaurier vor hohen Bergen, dichten Wäldern, weiten Prärien und reißenden Gewässern – eine gewaltige 3D-Naturkulisse, wie sie an visuellem Reichtum, Detailgenauigkeit und Fotorealismus im Animationsfilm so noch nie zu sehen war.

Hierzu passt auch, dass die unberechenbare Natur zum Hauptgegner der beiden Helden erwächst. Mit heftigen Gewitter- und Flutszenen erzeugt der Film eine Bedrohlichkeit, die kleinere Kinder durchaus herausfordern dürfte, ebenso wie die Auftritte einer Gruppe von bösartigen Flugsauriern. Auf der anderen Seite hat Pixar aber auch seinen Anspruch ans Unerwartete nicht aufgegeben: Der ewige Urzeit-Bösewicht Tyrannosaurus tritt hier in Gestalt einer gutmütigen Familie von Büffelzüchtern auf, die Arlo und Spot unter ihre Fittiche nimmt – ein herrlicher erzählerischer Einfall. Hätte der Film mehr davon, er könnte ein wirkliches Meisterwerk sein.

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