Als wir die Zukunft waren

Dokumentarfilm | Deutschland 2015 | 91 Minuten

Regie: Peter Kahane

Dokumentarischer Episodenfilm, in dem sieben Filmemacher aus der ehemaligen DDR ihre Kindheits- und Jugenderinnerungen Revue passieren lassen. Lars Barthel, Andreas Voigt, Gabriele Denecke, Peter Kahane, Hannes Schönemann, Thomas Knauf und Ralf Marschalleck skizzieren mit vielfältigen erzählerischen Mitteln persönliche Erfahrungen und Reflexionen, die weitgehend anekdotisch bleiben. Eine stärkere Durcharbeitung und Konzentration der Episoden hätte eine altersbedingte Melancholie von der Desillusionierung einer vom real existierenden Sozialismus früh enttäuschten Generation getrennt. - Ab 14.
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Filmdaten

Produktionsland
Deutschland
Produktionsjahr
2015
Produktionsfirma
Barbara Etz Filmprod.
Regie
Peter Kahane · Thomas Knauf · Andreas Voigt · Hannes Schönemann · Gabriele Denecke
Buch
Peter Kahane · Thomas Knauf · Andreas Voigt · Hannes Schönemann · Gabriele Denecke
Kamera
Andreas Köfer · Thomas Plenert · Marcus Lenz · Sebastian Hattop · Lars Barthel
Musik
Marcel Noll
Schnitt
Gudrun Steinbrück · Mathieu Honoré · Grete Jentzen · Pamela Homann
Länge
91 Minuten
Kinostart
25.02.2016
Fsk
ab 0; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Dokumentarfilm
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Sieben DEFA-Regisseure, sechs Männer und eine Frau, erinnern sich an ihre Kindheit und Jugendzeit in der DDR. Dokumentarischer Episodenfilm

Diskussion
„Als wir Filmstudenten waren, wollten wir politische Filme machen. Alles immer besser machen. Was hat es uns genützt? Gar nichts. Wir hätten unsere Geschichten erzählen sollen!“ Hinterher ist man ja immer schlauer. Jetzt treffen sich sieben Filmemacher um die 60 – sechs Männer und eine Frau – in einem stimmungsvollen Landhaus in der Uckermark, um Erinnerungen auszutauschen an die Zeit, als sie noch als die Zukunft des Sozialismus galten. Herausgekommen sind dabei sieben höchst unterschiedliche Erzählungen unterschiedlicher Temperamente, die mal von der Kindheit im Vor-Mauer-Berlin, mal von einer Reise ins Warschau des Jahres 1968, zumeist aber von Familiengeschichten handeln und mal nüchtern, mal ironisch, mal poetisch, aber durchaus auch pathetisch von Krieg, Neubeginn und dem Verlust der Utopie erzählen. Peter Kahane, Thomas Knauf, Andreas Voigt, Hannes Schönemann, Gabriele Denecke, Ralf Marschalleck und Lars Barthel erlauben sich dabei die größtmögliche Freiheit des Subjektiven, wenn sie sich an ihre Kindheit in einem Land erinnern, das es so nicht mehr gibt. Die erzählerischen Mittel sind vielfältig: Wochenschau- und anderes Archiv-Material, Privatfilme, Fotos, Animationen und kurze Spielszenen illustrieren die Erzählungen aus dem Off. Propagandistisch wurde die Jugend der DDR in die Pflicht genommen. Einmal heißt es: „Um euretwillen, so Wilhelm Pieck, kämpfen wir für den Weltfrieden!“ Manchmal hört man Stimmen von Erwachsenen, manchmal scheinen sich Kinder zu erinnern, was ästhetisch nicht immer überzeugt. Einmal heißt es, die Nachbarin sei Gymnastiklehrerin gewesen. Zwar habe das Kind nicht genau gewusst, was das ist, aber es gefiel ihm: „Es war eine Verheißung, eine Ahnung von etwas, dass ich noch nicht kannte, aber erfahren wollte.“ Als Off-Kommentar, hölzern und unbeholfen intoniert von einer Kinderstimme, wirkt ein solches poetisches Statement in Peter-Handke-Manier altklug und in seiner Gespreiztheit ärgerlich. Rückblickend erstaunlich scheint den Erzählungen stets auch die Versuchung des Westens innezuwohnen, der immer präsent scheint. Man schaute West-Fernsehen, bekam Pakete aus dem Westen (die eine stolze Mutter auch mal postwendend zurückschickte), dachte an den Westen und verlor Väter, Freunde und Nachbarn an den Westen. Das mangelnde Selbstbewusstsein des Projekts „DDR“ richtete sich dann instinktiv gegen die eigene Jugend. Im Film heißt es an einer Stelle: „Man begann uns, den einstigen Hoffnungsträgern, zu misstrauen. Schwer zu misstrauen, wegen der Kleidung, der Haarlänge, wegen der Musik, die wir hörten. Vor allem aber wegen der Ideen, die wir hatten und der Lust, uns der Verantwortung als Heilsbringer zu entziehen.“ In einigen, leider viel zu kurzen Zwischenszenen ergänzen Gespräche zwischen den Filmemachern die Erinnerungen, die etwas zu häufig im Anekdotischen verbleiben. Wann kam der Enthusiasmus für das Versprechen des „Sozialismus“ abhanden? Wann schlug die Probephase der DDR in Verkrustung um? Mit dem 11. Plenum des ZK der SED 1965? Dem Filmprojekt hätte eine verdichtende Durcharbeitung gutgetan. Stattdessen mischt sich eine durchaus auch altersbedingte Melancholie mit der Verbitterung über die Ent-täuschung einer ganzen Generation. Eine Verletzung, die auch durch das „einig Vaterland“ nicht gelindert werden konnte. Am Ende zumindest einer Erzählung steht die Einsicht: „Ich bin, was ich war. Ein Kind des Sozialismus, das nicht aus seiner Haut kann.“
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