Die Eskorte

Polizeifilm | Italien 1992 | 95 Minuten

Regie: Ricky Tognazzi

Mit unterschiedlichen Motivationen versehen einige junge Carabinieri ihren Dienst als Leibwächter eines Mafia-Ermittlers in Sizilien, dessen Vorgänger einem Attentat zum Opfer fiel. Nach anfänglichen Auseinandersetzungen werden die Männer zum Team, das schließlich selbst Ermittlungsaufgaben übernimmt und auch nach dem Mord an einem Kollegen nicht auseinanderbricht. Spannender Polizeifilm vor dem Hintergrund der innenpolitischen Entwicklung Italiens. Der permanente Ausnahmezustand für die Beamten und ihre Familien wird überzeugend thematisiert; über die Genre-Grenzen hinausgehende aktuelle Bezüge bleiben vage. (Videotitel: "Bodyguards im Visier der Angst", Fernsehen: "Die Eskorte - Im Visier der Angst") - Ab 16.
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Filmdaten

Originaltitel
LA SCORTA
Produktionsland
Italien
Produktionsjahr
1992
Produktionsfirma
Claudia Bonivento/Cinecittà/Luce
Regie
Ricky Tognazzi
Buch
Graziano Diana · Simona Izzo
Kamera
Alessio Gelsini
Musik
Ennio Morricone
Schnitt
Carla Simoncelli
Darsteller
Claudio Amendola (Angelo Mandolesi) · Enrico Lo Verso (Andrea) · Carlo Cecchi (Richter de Francesco) · Ricky Memphis (Fabio) · Leo Gullotta (Polizzi)
Länge
95 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 16.
Genre
Polizeifilm

Diskussion
Innerhalb zweier Wochen starten zwei italienische Filme über die Bedrohung durch die Mafia und politische Helfershelfer bzw. über diejenigen, die sich der Bedrohung entgegenstellen. Kein Zufall im Prinzip, denn die Zeit ist reif angesichts der innenpolitischen Erschütterungen der letzten Jahre. Erstaunlich allerdings, wie sich "Die Eskorte" und von Trottas "Zeit des Zorns" (fd 30 624) in mehrfacher Hinsicht ergänzen. Berichtet letzterer (im ersten Teil) von der Isolation eines Richters im "Gefängnis" allgegenwärtiger Bewachung, so widmet sich Tognazzis dritte Regiearbeit den Bewachern: denen, die mit den eigentlichen Untersuchungen nichts zu tun haben und doch im Zweifelsfall buchstäblich in der Schußlinie stehen. Beide Filme beginnen mit einer "Wachablösung": An die Stelle eines ermordeten Ermittlers tritt ein Nachfolger. In diesem Fall ein Jurist aus dem Norden, der im sizilianischen Trapani nur schwer Fuß fassen wird. Zur selben Zeit kehrt der Carabiniere Angelo aus Rom in seine sizilianische Heimat zurück. Er hat sich freiwillig gemeldet, um den Platz eines Freundes einzunehmen, der als Leibwächter des ermordeten Richters ums Leben kam.

Aus dieser Konstellation entwickelt Tognazzi einen klassischen Polizeifilm, dessen Hauptakteure ihren jeweiligen Platz erst zu suchen bzw. zu erkämpfen haben. Wie De Francesco, der Ermittler, sich zwischen ängstlichen, illoyalen oder gar korrupten Beamten behaupten muß, sucht auch seine vierköpfige Eskorte nach einem gemeinsamen Nenner. Angelo legt sich mit Andrea an, dem unerfahrenen und arglosen Chef des kleinen Trupps, der sich berechtigte Sorgen ums Wohl seiner Familie macht. Der junge Fabio schließlich ist Leibwächter wider Willen und müht sich um eine Versetzung, während Raffaele seine Verlobung verschweigt, um eben diese Versetzung zu vermeiden. Die gemeinsame Angst aber schweißt zusammen. Und so bezieht De Franceso den Vorschriften zum Trotz seine Bewacher schließlich in die eigentlichen Ermittlungsarbeiten ein. Der Feind bleibt unsichtbar, demonstriert aber Macht und exzellente Verbindungen, in jener Szene etwa, in der ein überwachter Verdächtiger sich telefonisch meldet, um die fehlerhafte Protokollierung seiner Telefongespräche zu beklagen. Aus heiterem Himmel schließlich wird Raffaele Opfer einer Autobombe, die De Francescos kleiner Tochter gegolten hat.

Einmal ins Rollen gekommen, belasten die Untersuchungen inzwischen Industrielle, Politiker und hochrangige Mitarbeiter im Polizeiapparat. Ein Kronzeuge packt aus, ein Senator wird auf offener Straße erschossen. Und De Franceso muß seinen Stuhl räumen, weil er den Einnuß seiner Gegner unterschätzt hat. Das Böse hat einstweilen gesiegt.

Blendend gespielt und spannend ist "Die Eskorte" allemal. Und immer wieder gelingen Tognazzi Momente, die eine überlebensnotwendige Paranoia auf den Punkt bringen: ein am Straßenrand geparkter Wagen bedeutet Lebensgefahr. Das vollbesetzte Begleitfahrzeug schiebt sich als Puffer neben den Wagen De Francescos. Keine Bombe explodiert, gemeinsames Durchatmen, Alltag. Als Genrefilm funktioniert "Die Eskorte" einwandfrei, trotz übertriebener Kamerafahrten, trotz der Emotionalisierung in Morricones Musik. Ein wenig aber vermißt man doch das Aufbrechen dieser Regeln, den Ausbruch aus konventioneller Glätte. Von Trottas sendungsbewußtes Finale in "Zeit des Zorns" muß man nicht mögen, aber es bietet eben jene emotionale Reibungsfläche, die Tognazzis Film abgeht. Möglich, daß man das in Italien anders sieht, daß sich zwischen den Zeilen und in Andeutungen mehr aktuelle Bezüge finden, als sich dem Außenstehenden erschließen.
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