Dügün - Hochzeit auf Türkisch

Dokumentarfilm | Deutschland 2015 | 93 Minuten

Regie: Marcel Kolvenbach

Im heruntergekommenen Duisburger Stadtteil Marxloh sorgen die Schaufenster türkischer Geschäfte für Brautmoden für einen Hauch von Glamour. Der Dokumentarfilm gewährt intime Einblicke hinter die Kulissen dieses florierenden Gewerbes, lässt Geschäftsleute und Brautpaare zu Wort kommen und sie über den Wandel der Traditionen sowie das Wesen der Liebe räsonieren. Der gestalterisch unspektakuläre Film lässt alle aktuellen Probleme der deutsch-türkischen Integration außen vor, um in eine Parallelgesellschaft einzuführen, die in friedlicher Koexistenz zu ihren Nachbarn zu funktionieren scheint. (O.m.d.U.) - Ab 14.
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Filmdaten

Produktionsland
Deutschland
Produktionsjahr
2015
Produktionsfirma
Ifage Filmprod./WDR
Regie
Marcel Kolvenbach · Ayse Kalmaz
Buch
Marcel Kolvenbach · Ayse Kalmaz
Kamera
Marcel Kolvenbach
Musik
Sinem Altan
Schnitt
Katharina Schmidt
Länge
93 Minuten
Kinostart
08.09.2016
Fsk
ab 0; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Dokumentarfilm
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IMDb | TMDB

Doku über die deutsch-türkische Hochzeitskultur

Diskussion
Der Duisburger Stadtteil Marxloh hat schon bessere Tage gesehen. In den Straßenzügen des Viertels, das einst von Bergbau-Kumpels und Stahlarbeitern mit ihren Familien bewohnt wurde, ist der vielbeschworene Strukturwandel des Ruhrgebiets nie angekommen. Die meisten Häuserzeilen sind von ausgemachter Tristesse; wer heute in Marxloh wohnt, zählt nicht zu den Gewinnern der Veränderungen der letzten Jahrzehnte. Dennoch hat sich dort ein erstaunlich prosperierendes Gewerbe entwickelt, das in erster Linie vom Geschäft mit der Liebe lebt. Wo deutsche Textilgeschäfte längst ihre Pforten geschlossen haben, betreiben Mitglieder der türkischstämmigen Community, die inzwischen die Mehrheit unter den Bewohnern des Stadtteils stellen, eine Vielzahl von Läden, die sich auf Brautmoden spezialisiert haben und mit ihren Schaufenstern in manchen Straßenzügen die einzigen Lichtblicke im sonstigen Einheitsgrau bilden. Türkische Bräute (und wohl auch ihre künftigen Ehemänner) lieben es nach wie vor opulent, wenn es um die Ausstattung zur Hochzeit geht. Je mehr Rüschen und glitzernde Applikationen, umso besser. Dabei sind Kleider von der Stange verpönt. Wer etwas auf sich hält, besteht auf Maßanfertigung und lässt sich diesen Luxus gern mehrere tausend Euro kosten. Der Dokumentarfilm „Dügün – Hochzeit auf Türkisch“ vermittelt intime Einblicke in diese (Parallel-)Welt, die deutsche Mitbürger sonst allenfalls mit irritiertem Blick in die Schaufenster wahrnehmen. Hier lernt man einen eifrigen Unternehmer kennen, der Hochzeiten von A bis Z organisiert, trifft auf Betreiber von Veranstaltungssälen, die in erster Linie von den Partys leben und eine clevere Geschäftsfrau, die jeder Braut zu ihrem Traumkleid verhilft. Darüber hinaus begleitet der Film zwei Paare und ihre Angehörigen bei den Vorbereitungen, um den Bund fürs Leben zu schließen. Die Besonderheit des Films besteht in seiner konsequenten Binnenperspektive auf das Geschehen. Etwaige Probleme wie Arbeitslosigkeit oder Konflikte mit der deutschstämmigen Bevölkerung kommen nicht zur Sprache. Stattdessen beklagen die Mitglieder der Community (durchgehend auf Türkisch), dass sich bei der jüngeren Generation selbst beim Heiraten der Geiz bemerkbar mache, und konstatieren, dass es mit dem familiären Zusammenhalt auch unter den Türken bergab gehe. Weshalb Hochzeiten so ziemlich die letzten Gelegenheiten für große Zusammenkünfte seien. „Ohne Hochzeiten kannst du alles vergessen“, sagt einer. Daneben wird viel über den Wandel der Liebe geredet und (vorzugsweise von Bräuten und ihren Müttern) noch mehr geweint. Filmisch ist das trotz vieler gelungener Einstellungen nicht sonderlich spektakulär, und auch die hie und da aufblitzende Situationskomik hält sich in Grenzen. So lebt die Dokumentation in erster Linie von der Nähe der Filmemacher zu ihren Protagonisten und ihren Einblicken in eine Parallelgesellschaft, die in friedlicher Koexistenz zu ihren Nachbarn zu funktionieren scheint.
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