Drama | Philippinen/Deutschland 2015 | 92 Minuten

Regie: Ralston Jover

Ein 71-jähriger Philippino lebt mit seinen beiden Kindern und zwei dressierten Hunden in einem Friedhofsmausoleum in Manila. Die spärlichen Einkünfte, die er mit Kabinettstückchen der Hunde bestreitet, reichen kaum aus, um die Familie über Wasser zu halten. Dennoch will er unbedingt auch seinen kleinen Sohn zu sich holen, den seine Ex-Frau mit in die Provinz genommen hat. Der leise Film, teils stilles Drama, teils Road Movie, beobachtet mit Geduld und einer kontemplativen Kamera den Alltag der Protagonisten, mischt aber auch kleine fantastische Elemente in die Handlung und verdichtet sich zum berührenden Porträt einer tiefen Liebe. (O.m.d.U.) - Ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
DA DOG SHOW
Produktionsland
Philippinen/Deutschland
Produktionsjahr
2015
Produktionsfirma
Bessie Badilla/san cinema
Regie
Ralston Jover
Buch
Ralston Jover
Kamera
Carlo Mendoza
Musik
Andy Hopkins
Schnitt
Kats Serraon
Darsteller
Mercedes Cabral (Celia) · Lou Veloso (Sergio) · Micko Laurente (Eddie Boy) · Aljon Ibañez (Alvin) · Cherry Malvar (Divina)
Länge
92 Minuten
Kinostart
06.10.2016
Fsk
ab 0; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Drama
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IMDb | TMDB

Ein alter philippinischer Hundedompteur, der mit seinen beiden Kindern und zwei Hunden auf dem Friedhof von Manila wohnt, kämpft darum, seinen kleinen Sohn, den seine Ex-Frau aufs Land entführt hat, wieder zurückzuerhalten.

Diskussion
Für einen 71-Jährigen ist Sergio noch ziemlich agil, geistig wie körperlich. Obwohl er seit Ewigkeiten in einem Mausoleum auf einem Friedhof in Manila haust und jeden Abend mehrere dünne Decken zum Schlafen auf dem Boden ausbreitet, merkt man ihm das Alter nicht an. Das hat unter anderem auch mit der Hingabe und Liebe zu tun, mit der er seine beiden Hunde Habagat und Bagwis trainiert; ihre kleinen Darbietungen auf den Plätzen der Stadt bringen ein paar Münzen ein, mit denen Sergio seine kleine Familie über die Runden bringt: Alvin, ein adretter, strebsamer Teenager, der die Schule besucht und auf ein bürgerliches Leben hofft; und die 27-jährige Celia, die geistig zurückgeblieben ist, aber in krisenhaften Momenten unverblümt die Wahrheit sagt. Der philippinische Regisseur Ralston Jover skizziert diese Welt bitterer Armut mit sanftem Realismus, aber bar jeder Elendsattitüde. Wo bei seinem viel berühmteren Landsmann Brillante Mendoza die drangvolle Enge und der hektische Überlebenskampf in den improvisierten Quartieren wie jüngst in „Ma’Rosa“ aus jeder Einstellung quillt, hat die Kamera bei Jover ein Auge für kontemplative Momente, für die Ruhe, die sich abends über den Friedhof legt, das Licht der untergehenden Sonne oder die emotionale Wärme, wenn Sergio die Seinen im Grabmahl zum Essen versammelt und dabei auch die Hunde, seine „adoptierten Söhne“, nicht vergisst. Die gelassene, anteilnehmende Dramaturgie, die semidokumentarischen Gestus mit dezidiert bildgestalterischem Willen vereint, bringt es mit sich, dass die Exposition ungewöhnlich lange bei den einzelnen Protagonisten verweilt, ohne dass daraus ein zwingender Plot erkennbar würde. Erst nach geraumer Zeit kristallisiert sich ein weiteres, abwesendes Kind als erzählerisches Movens heraus: der kleine Eddie Boy, den Sergios Frau mit sich nahm, als sie vor ein paar Monaten ihre Familie im Stich ließ und aufs Land floh; warum, bleibt vage, spielt aber auch keine Rolle, da es um die Sehnsucht des Vaters und seine unermüdliche Energie geht, mit der er den Kleinen zu sich zurückholen will. Denn als er das Geld für die Fahrt mit dem Bus endlich zusammenhat, kann ihn nichts mehr aufhalten, auch nicht die Krankheit von Habagat, der mit Alvin deshalb zuhause bleiben muss, während der Rest der Familie aufs Land reist, stundenlang durch staubige, ausgebleichte Gegenden, bis Eddie Boy gefunden ist und komplizierte Verhandlungen ums Sorgerecht beginnen. Die Mutter bleibt weiter verschwunden, ist nur kurz per Handy kontaktierbar, während die Tante mit keifendem Tremolo auch finanzielle Forderungen formuliert, bis der Ortsvorsteher eine pragmatische Lösung findet. Das Glück aber ist ein Bastard, das selten lange währt. Auf dem Rückweg lauern Entführer, die sich zunächst Eddie Boy greifen, dann aber mit dem Hund verschwinden, der Sergio nicht weniger wert und teuer ist. In der Beiläufigkeit der Inszenierung, die für die Träume und Sehnsüchte ihrer Protagonisten immer wieder kleine Seitenfenster öffnet, findet der ruhige, mitunter fast kontemplative Film zu einer Wahrheit, die Verlust und Nähe, Beistand und Trauer in ein wechselseitiges Verhältnis setzt. Die Größe und der Trost von „Da Dog Show“ aber liegen darin, dass er das reale Elend nur in dem Maße transzendiert, dass die Ahnung von etwas anderem möglich erscheint.
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