The Bad Batch

Horror | USA 2016 | 118 Minuten

Regie: Ana Lily Amirpour

Eine junge Frau wird wegen unbekannter Vergehen in die so genannte "Bad Batch“-Zone verbannt, ein gesetzfreies Wüstenareal, in das die zukünftigen USA ihre Ausgestoßenen abschiebt. Dort fällt sie in die Hände von Kannibalen und entkommt mit einigen Gliedmaßen weniger in eine Enklave, die von einem selbstgefälligen Guru geleitet wird. Das Leben dort stellt sie auf die Dauer nicht zufrieden, und sie macht sich erneut auf in die Wüste. Eine bildgewaltige, ins Psychedelische spielende Synthese aus Hinterwäldlerhorror und Western-Motiven mit zivilisationskritischem Impetus und einer zynischen Demontage des „American Dream“. - Ab 18.
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Filmdaten

Originaltitel
THE BAD BATCH
Produktionsland
USA
Produktionsjahr
2016
Produktionsfirma
Annapurna Pic./Vice Films/Human Stew Factory
Regie
Ana Lily Amirpour
Buch
Ana Lily Amirpour
Kamera
Lyle Vincent
Schnitt
Alex O'Flinn
Darsteller
Suki Waterhouse (Samantha) · Jason Momoa (Joe) · Giovanni Ribisi (Bobby) · Yolonda Ross (Maria) · Cory Roberts (Brückenmann)
Länge
118 Minuten
Kinostart
-
Pädagogische Empfehlung
- Ab 18.
Genre
Horror | Liebesfilm | Science-Fiction
Externe Links
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Eine junge Frau wird in eine gesetzlose Zone verbannt, bekommt es mit Kannibalen zu tun und landet in einer Stadt, in der ein seltsamer Guru das Sagen hat. Eine bildgewaltige, ins Psychedelische spielende Synthese aus Hinterwäldlerhorror und Western-Motiven.

Diskussion
„Good Luck“ steht zynisch unter dem Schild, das jene, die in die „Bad Batch“-Zone verbannt werden, davor warnt, dass sie nun nicht mehr unter dem Schutz der US-Gesetze stehen. Hinter dem mit Stacheldraht gesicherten Zaun beginnt ein Western-Wüsten-Niemandsland, wie man es aus „El Topo“ von Jodorowsky, „Wild at Heart“ von Lynch und „Spiel mir das Lied vom Tod“ von Leone kennt – Filme, auf die sich Regisseurin Ana Lily Amirpour in „The Bad Batch“ bezieht. Arlen (Suki Waterhouse), ihre Hauptfigur, hat kein Glück: Kurz nachdem sie die Wilde Zone betreten hat, findet sie sich angekettet im Hof einiger ihrer Bad-Batch-Mitbewohner wieder und bekommt einen Arm und ein Bein abgesägt, die prompt in der Pfanne landen: Die Community muskelbepackter Bodybuilder-Typen und ihrer Familien behilft sich angesichts der Nahrungsknappheit in der Wüste damit, Jagd auf andere Verbannte zu machen und sie stückchenweise zu verspeisen. Arlen kann es immerhin tatkräftig verhindern, noch mehr Körperteile einzubüßen, und schafft es zu fliehen. Eine mitleidige Seele (Jim Carrey), die sie in der Wüste aufgabelt, bringt sie in die Enklave Comfort. Dort ist es bis auf den Palast eines Gurus bzw. Führers (gespielt von Keanu Reeves) zwar auch nicht viel komfortabler als im schrottigen Lager der Kannibalen, immerhin aber fressen die Bewohner Fremde nicht einfach auf. Arlen zieht es trotzdem bald wieder aus Comfort hinaus in die Wüste. Dort kreuzt sich ihr Weg zuerst mit der Mutter und der kleinen Tochter, später mit dem Vater einer Kannibalen-Familie. Wie in ihrem Arthouse-Vampir-Noir-Drama „A Girl Walks Home Alone at Night“ erweist sich Ana Lily Amirpour auch hier als stilsichere Erzählerin, die Genreelemente (des Western sowie des Hinterwäldler-Horrors) und einprägsame Bilder zu einem wahnwitzigen cineastischen Trip verbindet. Arlens Gang in die Wildnis, der zuerst eine Verbannung ist und immer mehr zur Suche nach etwas Unbestimmtem wird, entfaltet sich angenehm entschleunigt, hält sich mit Dialogen zurück und wirkt ein wenig wie ein von Minimal Techno und „Mad Max“ befruchtetes Bastardkind von Terry Gilliams „Fear and Loathing in Las Vegas“. Das Motiv einer Zone der Ausgegrenzten, die sich die US-Gesellschaft mittels Zäunen vom Leib hält, wirkt angesichts der Politik Donald Trumps nicht mehr sonderlich futuristisch. In Sachen Gesellschaftskritik ist auch interessant, wie Amirpour mit dem Kannibalismus-Motiv arbeitet, das in den letzten Jahren regelmäßig in post-apokalyptischen Stoffen à la „The Road“, „Hell“ oder „The Walking Dead“ herbeibemüht wurde – als unterste moralische Stufe, auf die man als Mensch nach dem Zusammenbruch der zivilisatorischen Infrastruktur absinken kann. Amirpours Film scheint diesem Muster zunächst zu folgen, schwenkt aber dann davon ab und schlägt eher den zivilisationskritischen Tonfall an, in dem weiland Montaigne in seinem Text über „Les Cannibales“ seine Zeitgenossen ermahnte, nicht die exotischen Menschenfresser als Barbaren zu verdammen, für die Unmenschlichkeiten in der eigenen Gesellschaft aber blind zu sein. So entpuppt sich der Kannibalen-Mann (Jason Momoa) als liebevoller Familienvater, mit dem man durchaus gut zurechtkommt, wenn man es denn erst einmal geschafft hat, von ihm nicht mehr nur als potenzielles Frischfleisch wahrgenommen zu werden. Das Zusammenleben in Comfort dagegen gerät unter dem selbstsüchtigen Regime des Gurus zum absurden Zerrspiegel einer US-Klassengesellschaft, deren Burgfrieden sich nur durch die drogeninduzierte Party-Beschwörung eines illusorischen gemeinsamen „Traums“ aufrechterhalten lässt. Kein Wunder, dass Arlen der Wüste den Vorzug gibt. Die mag eine gefährliche Wildnis sein, erscheint aber auch als Möglichkeitsraum, in dem sich das menschliche Zusammenleben vielleicht ganz neu und anders gestalten lässt. Unversehens infiltriert ein Hauch von Utopie die Dystopie.
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