Die Florence Foster Jenkins Story

Biopic | Deutschland 2016 | 93 Minuten

Regie: Ralf Pleger

Dokumentarfilm über die Musik-Mäzenin Florence Foster Jenkins (1868-1944), die im fortgeschrittenen Alter als „Gesangsvirtuosin“ reüssierte, obwohl sie kein Gespür für Modulation und Stimmführung besaß. Der Versuch, ihr bewegtes Leben von Schauspielern nachstellen zu lassen, veranschaulicht zwar ihre schillernde Karriere, rückt jedoch den Camp-Mythos über Gebühr in den Vordergrund, der ihr erst retrospektiv durch eine vornehmlich homosexuelle Fangemeinde erwuchs. Mit zeitgenössischen Reaktionen hält sich der Film weitgehend zurück, was eine umfassendere Einordnung der skurrilen Person erschwert. - Ab 14.
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Filmdaten

Produktionsland
Deutschland
Produktionsjahr
2016
Produktionsfirma
3B-Prod./ZDF/SRF
Regie
Ralf Pleger
Buch
Ralf Pleger
Kamera
Christoph Valentien
Schnitt
Franz Tschöke
Darsteller
Joyce DiDonato (Florence Foster Jenkins) · Adam Benzwi (Cosmé McMoon) · Jan Rekeszus (William Key) · Lars-Peter Schmädicke (St. Clair Bayfield) · Jasmin Antic (Kathleen Bayfield)
Länge
93 Minuten
Kinostart
10.11.2016
Fsk
ab 0; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Biopic | Dokumentarfilm
Externe Links
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Heimkino

Die DVD enthält eine Audiodeskription für Sehbehinderte.

Verleih DVD
Salzgeber (16:9, 1.78:1, DD5.1 engl. & dt.)
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Dokumentation über die Musik-Mäzenatin Florence Foster Jenkins (1868-1944), die im fortgeschrittenen Alter als dilettantische "Gesangsvirtuosin" reüssierte.

Diskussion
Nicht singen zu können, es aber dennoch tun, zählt seit der Fernsehshow „Deutschland sucht den Superstar“ schon fast zum guten Ton. Um auch einmal im Zentrum der medialen Öffentlichkeit zu stehen, verlieren Menschen zunehmend jede Scham, werden schmerzfrei und missverstehen Häme als Chance; ein Umstand, den die US-Amerikanerin Florence Foster Jenkins (1868-1944) sicherlich vehement verurteilt hätte. Manche ihrer Biografen sind sogar davon überzeugt, dass die öffentliche Kritik an ihrem Tun der New Yorkerin das Leben gekostet habe. All das macht sie zu einer faszinierenden Person der Zeitgeschichte, zu einem Mysterium, das nach Erklärungen verlangt; gilt sie doch als eine der schlechtesten Sängerinnen, die jemals das Licht der Öffentlichkeit gesucht haben. Ihre Geschichte schlummerte jahrzehntelang im Verborgenen; nur eingefleischte Fans und Kuriositätensammler interessierten sich für ihren einzigartigen schiefen (auf CD konservierten) Operngesang. Doch in diesem Jahr wird Florence Foster Jenkins mit aller Wucht der Öffentlichkeit präsentiert. Meryl Streep erweckt sie im Mainstreamkino (fd 44 315) würdig zum Leben und krönt mit dieser Performance einmal mehr ihre Karriere. Gleichzeitig widmet sich ein Dokumentarfilm der bemerkenswerten Lebensgeschichte. Allerdings lässt Regisseur Ralf Pleger viele Szenen ihres Lebens von Schauspielern nachspielen. Es ist anscheinend zu verlockend, diese schillernde Persönlichkeit aus dem (gar nicht so) mondänen New York während der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg zu fiktionalisieren; sie in ihren Roben durch die feine Gesellschaft stolzieren zu lassen und als ein bisschen divenhaften, ein bisschen kindlich-naiven Upperclass-Aficionado zwischen Teatime und Musikabenden zu zeichnen. Erst nach dem Tod ihrer Eltern kam Foster Jenkins zu Geld und konnte sich fortan in einer Weise der Kunst und Kultur widmen, wie es ihr der gestrenge Vater nie ermöglicht hatte. Anfangs war ihr Leben recht unspektakulär als verheiratete Frau in bescheidenen Verhältnissen verlaufen. Doch mit dem Geld fand ihre lange unterdrückte Leidenschaft für Gesang endlich ein Ventil. Sie reüssierte als Mäzenin in dem von ihr gegründeten „Verdi-Club“, der sie mehr und mehr in die Öffentlichkeit und auf die Bühne komplimentierte. Diese Mischung aus Bestimmung und Hingabe, Kämpferherz und der Gewissheit, endlich unantastbar zu sein, formte eine Persönlichkeit, die an das glaubte, was sie tat. So singt es sich unbeschwerter und – frei von kritischer Begleitung – auch selbstbewusster, obwohl Talent und Technik fehlen. Die neben der Spielhandlung ausführlich zu Wort kommenden Experten konstatieren, dass es vielleicht der durch eine Syphilis-Krankheit gestörte Hörapparat gewesen sei, der die Diva so unkritisch gegenüber ihren eigenen Gesangskünsten reagieren ließ. Es gibt viele kontroverse Thesen über Florence Foster Jenkins, die der Film versammelt, und die allzu gerne eine Person der Zeitgeschichte für moderne Gender- oder Gesellschaftstheorien (miss)brauchen. So gilt sie manchem als eine Ikone des Feminismus oder des Camp. Dabei war Foster Jenkins doch „nur“ eine selbstbewusste Frau, die beschlossen hatte, das, wofür sie schwärmte, nämlich die Schönheit der Musik, einem interessierten Publikum näher zu bringen. Was ihr trotz aller biografischer Tragik durchaus gelungen ist. So schillernd die (Kunst-)Figur in diesem Dokumentarfilm auch erscheinen mag, so interessant wäre es gewesen, auf zeitgenössische Kritiker einzugehen und zusammenzutragen, wie die „seriöse“ Opernwelt damals auf die Eskapaden der Florence Foster Jenkins regiert hat. Oder welche Wirkung die potente, sich selbst überschätzende Geldgeberin auf die finanziell von ihr abhängigen Künstler hatte. So bleibt unter dem Strich auch hier „nur“ das heute von unterschiedlichsten Gruppierungen vereinnahmte (Zerr-)Bild einer ebenso mediokren wie einflussreichen „schlechtesten Sängerin der Welt“.
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