Drama | Großbritannien 2004-2022 | Minuten

Regie: Ben Bolt

Ein Arzt hängt wegen einer Blut-Phobie seinen Job als Chirurg in London an den Nagel und wird Landarzt in jenem Fischerort in Cornwall, in dem er als Kind lebte. Dort ist sein Mediziner-Alltag zwar wesentlich unblutiger, aber der Umgang mit nicht anästhesierten Patienten stellt ihn vor neue Herausforderungen. Dabei kommt es immer wieder zu Reibereien zwischen dem harsch-professionellen Arzt und seinen Nachbarn, Mitarbeitern und Patienten. Das komödiantische Feel-Good-Serienformat legt mehr Gewicht auf die Entfaltung des ländlichen Kosmos und zwischenmenschlicher Beziehungen als auf die medizinischen Herausforderungen und unterhält vor allem als Liebeserklärung an Cornwall, seine Menschen und seine Landschaften. - Ab 12.
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Filmdaten

Originaltitel
DOC MARTIN
Produktionsland
Großbritannien
Produktionsjahr
2004-2022
Produktionsfirma
Buffalo Pictures
Regie
Ben Bolt · Nigel Cole · Paul Seed · Charlie Palmer · Minkie Spiro
Buch
Dominic Minghella · Kirstie Falkous · John Regier
Kamera
Simon Archer · Chris Howard · Dick Dodd
Musik
Colin Towns
Schnitt
Nick McPhee · Catherine Creed · David Yardley · Dave King · Paul Endacott
Darsteller
Martin Clunes (Dr. Martin Ellingham) · Caroline Catz (Louisa Glasson) · Ian McNeice (Bert Large) · Joe Absolom (Al Large) · Selina Cadell (Sally Tishell)
Länge
Minuten
Kinostart
-
Fsk
Staffel 1: ab 0 (1-3,5)
ab 6 (4)
ab 12 (6) Staffel 2,3,4,5: ab 12
Pädagogische Empfehlung
- Ab 12.
Genre
Drama | Komödie
Externe Links
IMDb | TMDB

Heimkino

Staffel 3 enthält zudem ein 90-minütiges Weihnachtsspecial (2x45 Min.).

Verleih DVD
Polyband (16:9, 1.78:1, DD2.0 engl./dt.)
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Eine britische Kult-Comedyserie um einen ruppigen Londoner Chirurgen, den es als Landarzt in ein kauziges Küstenörtchen in Cornwall verschlägt.

Diskussion

In Großbritannien ist der von Martin Clunes gespielte TV-Arzt längst Kult. Ganze zehn Staffeln praktizierte er zwischen 2004 und 2022, und an der Küste von Cornwall, wo die Comedy-Serie spielt und gedreht wurde, hat sich ein regelrechter "Doc Martin"-Tourismus entwickelt, von dem nicht zuletzt das malerische Küstenstädtchen Port Isaac profitiert (oder, je nach Sichtweise, heimgesucht wird), das in der Serie als Fischerdorf Portwenn fungiert.

Dorthin verschlägt es zu Beginn der ersten Staffel den erfolgreichen Londoner Chirurgen Martin Ellingham (Martin Clunes), der eine für seinen Beruf desaströse Phobie entwickelt hat: Er kann kein Blut mehr sehen. Die Stelle als Landarzt in dem beschaulichen Örtchen, in dem er einst als Kind aufwuchs und in dem seine alte Tante Joan auf ihrem Bauernhof lebt, ist zwar wesentlich weniger lukrativ und prestigeträchtig, verspricht aber einen unblutigeren Alltag. Was der Doc allerdings nicht einkalkuliert hat, ist der Umstand, dass er es hier nicht nur mit diversen Zipperlein, sondern mit ganzen Menschen zu tun bekommt. So ergeben sich bald heftige Reibungen mit den Einheimischen, denen die harsch professionelle, wenig einfühlsame Art des Doc, die mitunter Richtung Asperger-Syndrom tendiert, gegen den Strich geht. Nichtsdestotrotz wachsen er und seine Patienten sich allmählich gegenseitig ans Herz. Was ganz besonders für Louisa (Caroline Catz) gilt, die junge, warmherzige Lehrerin des Ortes.

Cornische Originale und andere Charakterköpfe

Dass aus dieser simplen Prämisse das Zeug für einen Serien-Dauerbrenner werden konnte, hängt nicht zuletzt mit dem Geschick der Autoren um Serienschöpfer Dominic Minghella zusammen, verschiedene Genre-Ingredienzien auszubalancieren. Die solide erzählerische Basis liefert die Typenkomödie: Rund um Martin Clunes lässt die Serie einen munteren Reigen an cornischen Originalen und anderen Charakterköpfen auftreten, von denen viele für nur ein, zwei, drei Folgen mit kuriosen (Krankheits-)Geschichten Stoff für aktuelle Verwicklungen liefern, einige aber auch zum festen Personal werden und mit ihren diversen Lebensproblematiken munter sprudelnden Stoff für Nebenstränge liefern – vom dicken Gemütsmenschen Bert (Ian McNeice), der in wechselnden Professionen vom Klempner bis zum Pub-Besitzer sowas wie die verkörperte Seele von Portwenn ist, bis zur umtriebigen Apothekerin Mrs. Tishell (Selina Cadell), die einen Dauer-Crush für den guten Doktor entwickelt. Martin Clunes bewährt sich dabei bestens als vitales Herzstück des Ensembles, indem er einerseits komödiantisch-effektvoll Doc Martins ruppig-kurzangebundene, kaltschnäuzig und oft etwas arrogant wirkende Art mit seinen Gegenübern kollidieren lässt und dabei eine herrliche Deadpan-Komik entfaltet, andererseits hinter der harten Schale aber auch immer wieder glaubhaft den weichen Kern der Figur rauskitzelt.

Zwischen "medical drama" und Familiensaga

Als zweites Genre-Standbein kommt das „medical drama“ ins Spiel, wenn regelmäßig zwischen vielen marginalen und eher ulkigen als bedrohlichen Fällen, mit denen sich der Doc rumschlagen muss, doch auch diverse ernste Krankheiten und Unfälle zu meistern sind. Damit bietet sich dem Doc immer wieder die Chance, seine trotz der Blutphobie beeindruckenden fachlichen Kenntnisse zu beweisen und sich damit trotz seiner nicht unerheblichen Macken allmählich den Respekt der Gemeinde zu verdienen und zu bewahren.

Und zum Dritten entwickelt sich die Serie im Lauf ihrer zehn Staffeln immer mehr zur herzigen Liebes- und Familiensaga, wenn sich erstmal abzeichnet, dass der Doc und Lehrerin Louisa zwar wie Hund und Katze sein mögen, aber sich Gegensätze nunmal bekanntermaßen auch anziehen – was zunächst für RomCom-Vibes sorgt und der Serie dann einen ganzen neuen Strauß an Themen rund um die Tücken des Beziehungs- und schließlich des Elternlebens bietet.

Gut aufeinander abgestimmt und mit einem unermüdlichen Erfindungsgeist gesegnet, was neue, kuriose Windmühlenflügel angeht, gegen die Martin Ellingham als Don Quijote der Landmedizin anrennen kann, dürfte „Doc Martin“ das wohl wirkungsvollste „Feel Good“-Heilmittel sein, dass das britische Fernsehen in den bewegten ersten zwei Jahrzehnten des 21. Jahrhunderts hervorgebracht hat. Dessen Schatten – von den Folgen des „War on Terror“ bis hin zum Brexit – reichten im Lauf der Serie nie bis nach Portwenn, in dieses malerische, kauzige britische „Brigadoon“, in dem die Zeit irgendwie stillzustehen scheint.

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