Rillington Place

Drama | Großbritannien 2016 | 156 (3 x 52) Minuten

Regie: Craig Viveiros

Die Geschichte eines realen Serienmörders und eines fatalen Justizirrtums: John Reginald Halliday Christie ermordete in den 1940er- und 1950er-Jahren zahlreiche Frauen, darunter auch seine Ehefrau, und verbarg die Leichen in seiner Wohnung und dem Garten des Mietshauses. Wenige Jahre, bevor die Taten ans Licht kamen, wurde ein junger Nachbar Christies wegen des Mordes an seiner Frau und seinem Kind zum Tode verurteilt und gehängt; Christie, der eigentliche Mörder, war einer der Hauptbelastungszeugen. Die Serie webt das intensive Stimmungsbild einer Zeit, in der der Frauenmörder vor allem deshalb so lange ungestört töten konnte, weil die sozialen Zustände während und nach dem Zweiten Weltkrieg desolat genug waren, um ihn zu schützen. - Ab 16.
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Filmdaten

Originaltitel
RILLINGTON PLACE
Produktionsland
Großbritannien
Produktionsjahr
2016
Produktionsfirma
Bandit
Regie
Craig Viveiros
Buch
Tracey Malone · Ed Whitmore
Kamera
James Friend
Musik
Stuart Earl
Schnitt
Sam White
Darsteller
Tim Roth (John Christie) · Samantha Morton (Ethel Christie) · Nico Mirallegro (Tim Evans) · Jodie Comer (Beryl Evans) · Eiry Thomas (Mrs. Probert)
Länge
156 (3 x 52) Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 16
Pädagogische Empfehlung
- Ab 16.
Genre
Drama | Krimi
Externe Links
IMDb | TMDB

Heimkino

Verleih DVD
Polyband (16:9, 1.78:1, DD2.0 engl./dt.)
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Diskussion

Frauenleichen – eingemauert in Wände, unter den Dielen des Fußbodens, eingegraben im Garten: Als 1953 ein neuer Mieter die Wohnung im Haus Rillington Place Nr. 10 im Londoner Stadtteil Notting Hill renovierte, in der zuvor jahrelang ein gewisser John Reginald Halliday Christie gewohnt hatte, kamen grausige Funde ans Licht. Wie viele Frauen der unauffällige Mann in den 1940er- und 1950er-Jahren betäubt, stranguliert und sexuell missbraucht hat, ist nicht sicher; mehr als ein Duzend waren es auf jeden Fall. Darunter auch seine Ehefrau Ethel. In die britische Kriminalgeschichte eingegangen ist der Serienmord u.a. wegen eines spektakulären Justizirrtums: Wenige Jahre, bevor die Taten ans Licht kamen, war ein junger Nachbar Christies wegen des Mordes an seiner Frau und seinem Kind zum Tode verurteilt und gehängt worden; Christie, der eigentliche Mörder, war damals einer der Hauptbelastungszeugen.

Die britische Miniserie „Rillington Place“, in der Tim Roth Christie beklemmend gefühlskalt verkörpert, interessiert sich nicht allzu sehr für die schockierenden Details der Morde, und sie versucht sich auch nicht an einem Psychogramm Christies: dessen Vorgeschichte, seine Motive für die perversen Taten bleiben weitgehend im Dunkel. Stattdessen entfalten sich die drei Episoden als intensives Stimmungsbild einer Zeit, in der der Frauenmörder vor allem deshalb so lange ungestört töten konnte, weil die sozialen Zustände während und nach dem Zweiten Weltkrieg desolat genug waren, um ihm sozusagen Deckung zu geben. Das kriegsgebeutelte, kleinbürgerliche London, in dem die Handlung der Serie spielt, ist ein maroder Albtraum aus düster-schmutzigen Grau- und Brauntönen, bevölkert von niedergedrückten Menschen voller Existenzsorgen. Die moralischen Ressourcen scheinen da schlicht nicht auszureichen, um wegen des Verschwindens von ein paar Frauen große Anstrengungen zu unternehmen. Ein Paradebeispiel dafür ist die von Samantha Morton eindrücklich verkörperte Ethel, Christies Ehefrau, um die die erste Folge der Serie kreist und die zu Beginn nach längerer Trennung wieder mit ihrem Mann zusammenzieht – eine blasse, abgearbeitete Frau, die unter dem immer wieder auch gegen sie bedrohlichen Christie leidet, aber viel zu abhängig von ihm ist, um mit ihm zu brechen, und letztlich seine Verbrechen deckt.

Tim Roth porträtiert Christie als geschickten Manipulator, der nicht nur Ethel mal mit Freundlichkeit, mal mit Härte kontrolliert und dirigiert, sondern auch seine Opfer geschickt anzulocken versteht – und den armseligen Timothy Evans, seinen Nachbarn, dem er sich als väterlicher Freund anbietet und ihn dann wie auf dem Präsentierteller der Justiz als Mörder unterjubelt, nachdem er selbst dessen Frau und Baby getötet hat. Dabei nutzt Christie die Schwächen der Menschen meisterlich aus und kalkuliert obendrein gesellschaftliche Vorurteile und das restriktive Klima seiner Zeit mit ein. Einige Opfer bringt er zum Beispiel dadurch in seine Gewalt, dass er sich als ehemaliger Arzt ausgibt, der sichere Abtreibungen anbietet. Roth verzichtet gänzlich darauf, Christie ob dieser diabolischen Qualitäten mit Schurken-Charisma aufzuladen; vielmehr scheint die Figur wie ein beängstigender „Mann ohne Eigenschaften“, innerlich ausgebrannt – und damit wie ein düsterer Spiegel einer durch zwei Weltkriege gezeichneten Generation.

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