Walter Pfeiffer - Chasing Beauty

Dokumentarfilm | Schweiz 2017 | 89 Minuten

Regie: Iwan Schumacher

Dokumentarfilm über den Schweizer Grafiker, Zeichner und Fotografen Walter Pfeiffer (geb. 1946), dem erst in den frühen 2000er-Jahren der Durchbruch als international anerkannter Künstler und Modefotograf gelang. Zunächst tätig als Underground-Fotograf für schwule Magazine, wurde er später durch Magazine wie „Vogue“ bekannt. Im Mittelpunkt steht ein ausführliches Interview mit Pfeiffer, von dem ausgehend sich anschaulich und unterhaltsam dessen Leben und Werk entfalten. So ergibt sich das Bild eines quirligen Künstlers, der seine Arbeit bis heute mit der Begeisterung eines Amateurs angeht. - Ab 16.
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Filmdaten

Originaltitel
WALTER PFEIFFER - CHASING BEAUTY
Produktionsland
Schweiz
Produktionsjahr
2017
Produktionsfirma
Schumacher & Frey
Regie
Iwan Schumacher
Buch
Iwan Schumacher · Martin Jaeggi
Kamera
Pio Corradi · Iwan Schumacher
Musik
Victor Moser · Fabian Gisler
Schnitt
Anja Bombelli
Länge
89 Minuten
Kinostart
08.03.2018
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 16.
Genre
Dokumentarfilm
Externe Links
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Heimkino

Verleih DVD
Salzgeber (16:9, 1.78:1, DD5.1 dt. & engl. & frz.)
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Anschaulicher und unterhaltsamer Dokumentarfilm über den Schweizer Grafiker, Zeichner und Fotografen Walter Pfeiffer

Diskussion
Das künstlerische Selbstverständnis des Schweizer Fotografen, Grafikers und Zeichners Walter Pfeiffer lässt sich in dem dokumentarischen Porträt von Iwan P. Schumacher immer wieder gut beobachten. „Walter Pfeiffer – Chasing Beauty“ zeigt den homosexuellen Künstler eingangs bei Aktaufnahmen in einer Alpenlandschaft. Im Hintergrund läuten die Kuhglocken, ein Assistent ist nicht zugegen. Pfeiffer fotografiert einen nackten Mann mit hübschem Gesicht auf einer roten und blauen Decke in der Wiese, später holt er seinen Skizzenblock heraus und beginnt ihn zu zeichnen. Als ein Traktor herantuckert, packen die beiden Männer wie Kinder, die bei einer verbotenen Sache ertappt wurden, rasch ihre Sachen zusammen. Diese sehr spezielle Mischung aus Neugierde, Spontaneität und Naivität im besten Sinne ist auch dann noch zu spüren, wenn Pfeiffer für High-Concept- Magazine wie „Self Service“ arbeitet. Im Film sieht man, wie er mit einer kleinen Kamera und ohne künstliches Licht das Model Anja Rubik in einem Haus des finnischen Architekten Alvar Aalto fotografiert. Seine Anweisungen sind spielerisch und von hintergründigem Witz. Vom Klischee eines Modefotografen, der seine Modelle mit hohlen, cheerleaderhaften Phrasen anfeuert, könnte der extrem sympathische Mann in der Fleecejacke kaum weiter entfernt sein. Schumacher lernte Walter Pfeiffer, der seine berufliche Laufbahn als Dekorateur begonnen hatte, Mitte der 1960er-Jahre an der Kunstgewerbeschule in Zürich kennen. Die Vertrautheit zwischen Regisseur und Protagonisten ist dem Film stets anzumerken. Auch wenn die Inszenierung eher den Vorgaben einer klassischen Dokumentation folgt, mit Talking Heads, gepaart mit Bildmaterial und Aufnahmen von Ausstellungsaufbauten, Vorträgen und Fotosessions, mischt Pfeiffer mit seiner ewigen Frische die formalen Konventionen immer wieder auf. Pfeiffer benutzte die Fotografie zunächst nur als Vorlage für seine großformatigen Zeichnungen und Illustrationen, bevor er sie mit leicht zittriger Hand als eigenständiges Medium für sich entdeckte. Später drehte er auch Videos, schrieb und inszenierte ein Theaterstück, „Walterspiel“ (1981), oder malte zur Existenzsicherung gelegentlich auch Auftragsporträts. Als Grafiker machte er sich vor allem durch seine Arbeiten für das Zürcher Filmpodium einen Namen; mit viel Hingabe gestaltete er Plakate für Filmreihen, etwa zu Erich von Strohheim oder D.W. Griffith. Doch vor allem in seinen zahlreichen Männerporträts fand „Walti“ zu seiner unverwechselbaren (queeren) Signatur. Im Nachwirken von Andy Warhol suchte Pfeiffer bei Streifzügen durch die Stadt seine ganz eigenen „Superstars“: Männer wie den androgynen Carl Joh, der auf Fotos als sexuell ambivalentes Faunwesen erscheint, oder einen jungen Bademeister, dessen virile Körperlichkeit durch Pfeiffers aufmerksamen Blick fragile Anteile offenbart. Mit den Schwarz-Weiß-Fotos jugendlicher Popper, die einem speziellen Begriff von Schönheit huldigen, entwarf der Künstler nicht zuletzt eine Chronik der Zürcher Jugendkultur. Seine Sensibilität für das Lebensgefühl von Teenagern hat sich der 72-jährige Pfeiffer bis heute bewahrt; auch deshalb wird er von einem Magazin wie dem britischen „i-D“ gerne gebucht. Pfeiffer war auch für das französische Schwulenmagazin „Gai Pied“ tätig, zu dessen Autoren auch Michel Foucault zählte. Über die entspannte, nahezu freundschaftliche Arbeitsatmosphäre erfährt man in den zahlreichen Interviews mit ehemaligen männlichen (und erklärtermaßen heterosexuellen) Models, die heute beispielsweise als Architekten und Gerüstbauer tätig sind. Einen großen Raum nehmen im Film auch seine Buchprojekte ein, denen der lange Zeit als „artists’ artist“ geltende Künstler letztlich seinen Durchbruch als Modefotograf verdankt. Mit seinem ersten, im Zeitalter der kalten Hochglanzästhetik erschienenen Buch (1980) war er seiner Zeit weit voraus. Das Schwarz-Weiß-Cover zeigt eine muskelbepackte männliche Actionfigur, die Hand im Schritt. Die Fotos sollen, so wird erzählt, selbst Andy Warhol zu „dirty“ gewesen sein.
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