Footprints - Der Weg deines Lebens

Dokumentarfilm | Spanien 2016 | 90 Minuten

Regie: Juan Manuel Cotelo

Dokumentarischer Film über einen spanischen Priester und zehn US-Amerikaner, die binnen 40 Tagen den nördlichen Jakobsweg vom Baskenland bis nach Santiago de Compostela bewältigen wollen. Der 800 Kilometer lange Marsch führt die Pilger an ihre körperlichen wie seelischen Grenzen. Der Film verbindet Extremsport, spirituelle Momente und Naturerleben zu einem frommen Road Movie, konterkariert die christliche Botschaft von der Rücksicht auf die Schwachen aber durch eine Werbefilmästhetik und einen elektronisch wabernden Soundtrack, der keinen Moment der Stille zulässt. - Ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
FOOTPRINTS, THE PATH OF YOUR LIFE
Produktionsland
Spanien
Produktionsjahr
2016
Produktionsfirma
Infinito+1
Regie
Juan Manuel Cotelo
Buch
Juan Manuel Cotelo · Alexis Martínez
Kamera
Alexis Martínez
Schnitt
Alexis Martínez
Länge
90 Minuten
Kinostart
20.04.2018
Fsk
ab 0; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Dokumentarfilm
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IMDb | TMDB

Frommes Road Movie über einen spanischen Priester und zehn US-Amerikaner auf dem Jakobsweg.

Diskussion
Der Priester Sergio Fita, ein gebürtiger Spanier, sucht in seiner Gemeinde in Phoenix, Arizona, zehn Mitstreiter für eine lange Wanderung. In 40 Tagen will die Truppe den nördlichen Jakobsweg vom französischen Baskenland bis zum Grab des Apostels in Santiago de Compostela bewältigen. Ein spiritueller Gewaltmarsch von mehr als 800 Kilometern, der die Pilger an die Grenze ihrer körperlichen und seelischen Belastbarkeit bringt. Der spanische Regisseur Juan Manuel Cotelo, der sich in „Mary’s Land“ (fd 44 476) noch auf die Spuren von Marienerscheinungen begeben und dokumentarische mit inszenierten Elementen gemischt hatte, begleitet nun elf Pilger auf dem Jakobsweg, den mittlerweile jährlich mehr als 200 000 christlich oder spirituell bewegte Natur- und Wanderfreunde antreten. In der Literatur wie im Kino ist dieser Weg inzwischen zur Metapher für das Leben generell geworden, für die Fußstapfen, die Menschen auf ihrem Lebensweg hinterlassen. In den linear erzählten Dokumentarfilm folgt Cotelo den US-Amerikanern durch die Höhen und Tiefen ihrer Erfahrungen. Denn nach der anfänglichen Euphorie wächst Kilometer um Kilometer ihre Enttäuschung. „Footprints“ ist ein frommes Road Movie mit Schweiß und Tränen, offenen Blasen an den Füßen, Herzflattern, Asthmaanfällen und Gliederschmerzen. Eine Mischung aus Extremsport, spiritueller Energie und Naturerleben. Der Film stellt die einzelnen Teilnehmer vor, ihren persönlichen Hintergrund und die Lebenskrisen, die sie zu dieser Pilgerschaft motiviert haben. Er führt durch die beeindruckenden Landschaften der grünen Küsten Nordspaniens und schaut auch bei den emblematischen Orten des spanischen Katholizismus vorbei, die am Wege liegen: in Loyola im Baskenland, dem Geburtsort des heiligen Ignatius, der Mariengrotte im nordspanischen Covadonga, wo die „Reconquista“ begann, die Rückeroberung der iberischen Halbinsel durch die christlichen Heerscharen, in dem kleinen Kloster mit dem größten Stück Holz aus dem Kreuz Christi, und beim Schweißtuch in Oviedo. Unterhaltsam und durchaus auch ironisch sind die kleinen Animationselemente, die den historischen Hintergrund des Pilgerweges erläutern: über das Wirken des Apostels Jakobus und die Legenden des Jakobswegs, über Franz von Assisi und den jahrhundertelangen Krieg der Christen gegen die Moslems in Spanien. In den letzten Jahren sind zahlreiche Spiel- und Dokumentarfilme über den Jakobsweg entstanden, von „Ich bin dann mal weg“ (fd 43 582) oder „Saint Jacques... Pilgern auf Französisch“ (fd 38 299) bis „Paolo Coelho – Der Weg des Magiers“ (2013). Die wenigsten dieser Filme sind explizit katholisch. Gemeinsam ist ihnen allen, dass Individuen darin über sich selbst hinauswachsen und einen neuen Horizont in ihrem Leben entdecken. „Footprints“ bringt diesen Selbsterfahrungstrip in eine dezidiert katholische Fasson. Dabei oszilliert das Bild der bunt gemischten US-amerikanischen Pilgermannschaft zwischen Männerbündelei und College-Geist. Überdies kämpfen sich die Teilnehmer durch einen dicken, an Vangelis erinnernden Musiknebel. Die Inszenierung lässt keinen Moment der Stille oder der inneren Einkehr zu. Über weite Strecken wirkt „Footprints“ wie ein Werbefilm für Sportveranstaltungen oder wie ein Marketing-Vehikel zur Selbstoptimierung. Darin steckt eine tiefe Paradoxie, denn „Footprints“ will im Gegensatz zur Sportpropaganda nicht den Triumph des Besseren oder Schnelleren verkaufen, sondern postuliert die Rücksicht auf die Schwächeren und Langsameren als Lernziel des gemeinsamen Pilgerwegs. Das ist eine tief christliche Botschaft in Zeiten, in denen selbst die spirituelle Erfahrung zum Bestandteil vermarkteter Selbstoptimierung geworden ist. „Footprints“ dokumentiert die gruppendynamischen Prozesse und die persönliche Motive der Teilnehmer. Der Film besitzt viele kleine bewegende menschliche Momente und beeindruckende Landschaftsbilder. Dennoch bleibt der Gesamteindruck zwiespältig: Die Geschichte dieser beeindruckenden Wanderung wird zu süßlich und zu triumphierend inszeniert; die solidarische Botschaft des Films geht in der Ästhetik eines Werbefilms unter.
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