Historienfilm | USA/Großbritannien 2018 | 129 Minuten

Regie: Gareth Evans

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts kehrt ein Missionar traumatisiert und gebrochen aus China zurück und muss erfahren, dass seine Schwester entführt wurde. Die Suche führt ihn auf eine abgeschottete Waliser Insel, auf der drei „Propheten“ die Geschicke einer rückwärtsgewandten Geheimsekte führen, die der Natur und dem Mystizismus frönt. Bildgewaltiger, durch charismatische Darsteller getragener, mitunter recht drastischer okkulter Historien-Horrorfilm, der mit komplexen Handlungsellipsen und charismatischen Hauptdarstellern aufwartet.
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Filmdaten

Originaltitel
APOSTLE
Produktionsland
USA/Großbritannien
Produktionsjahr
2018
Produktionsfirma
One More One Productions/Severn Screen/XYZ Films
Regie
Gareth Evans
Buch
Gareth Evans
Kamera
Matt Flannery
Musik
Aria Prayogi · Fajar Yuskemal
Schnitt
Gareth Evans
Darsteller
Dan Stevens (Thomas Richardson) · Lucy Boynton (Andrea Richardson) · Michael Sheen (Prophet Malcom) · Mark Lewis Jones (Quinn) · Kristine Froseth (Ffion)
Länge
129 Minuten
Kinostart
-
Genre
Historienfilm | Horror
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Diskussion

Ein historischer Horror-Thriller von Regisseur Gareth Evans ("The Raid"): Zu Beginn des 20. Jahrhunderts kehrt ein Missionar (Dan Stevens) traumatisiert und gebrochen aus China zurück und muss erfahren, dass seine Schwester entführt wurde. Die Suche führt ihn auf eine abgeschottete Waliser Insel, auf der drei „Propheten“ die Geschicke einer rückwärtsgewandten Geheimsekte führen.

Seine Schwester Jennifer ist das Einzige, was Thomas Richardson (Dan Stevens) noch etwas bedeutet, in einer Welt, in der Glaube in Gewalt eskaliert und die Armut das letzte bisschen Würde raubt. Doch nun ist Jennifer entführt worden und das Lösegeld exorbitant hoch. Als einzige Möglichkeit bleibt Thomas nur dorthin zu reisen, wo sich die Spur seiner Schwester verliert. Und selbst das gleicht einem wahren Horrortrip. Hat doch auf der abgeschotteten Waliser Insel eine höchst eigenartige Sekte das Sagen, die ihren Einklang mit der Natur darin sucht, archaischen Riten zu frönen. Mühevoll gelingt Thomas unter falscher Identität die Überfahrt und die Integration in die autoritär von drei „Propheten“ – Malcolm, Frank und Quinn – geführte Sekte. Doch was der einst als Missionar in China in den Wirren des Boxeraufstands zu Beginn des 20. Jahrhunderts traumatisierte Thomas dort erlebt, stellt den Häretiker endgültig auf die Glaubensprobe.

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Die Bilder, die Regisseur Gareth Evans für die Konzeption seines fantastischen Thrillers im Kopf hatte, sind wohl zu verorten: Sie entstammen in erster Linie aus den grimmigen Okkult- und Hexenhorrorfilmen von Robin Hardy („The Wicker Man“) und Michael Reeves („Der Hexenjäger“). Hier ist das Leben von Schmutz, Existenzangst, aber auch Weltferne und Nihilismus geprägt. Dabei scheinen in der Zeit, in der „Apostle“ spielt, Hexenverfolgung überwunden und die Aufklärung längst vollzogen. Dennoch ist diese Welt, in die uns Evans lockt, seltsam jenseitig und beseelt vom trügerischen Wunsch nach Geborgenheit, die einher geht mit der Ablehnung der Errungenschaften der industriellen Revolution.

Düsterer Natur-Mystizismus

Schon M. Night Shyamalan hat mit seiner Sektenkolonie in „The Village“ die Zeit stillstehen lassen und einen Natur-Mystizismus thematisiert, in dessen Vorstellungswelt Dämonen unter den Wurzelwerken alter Bäume kauern. Bei „Apostle“ ist das ganz wörtlich zu verstehen, was ihn von den geerdeten Werken von Shyamalan und Hardy wegführt und in die Sphären des Übernatürlichen entführt. Hier scheint die porträtierte Welt seltsam märchenhaft – im bösen Sinne.

Der Waliser Gareth Evans ist mit Actionfilmen asiatischer Couleur („Merantau“, „The Raid“) bekannt geworden, die im Fernen Osten spielen. In „Apostle“ sind lediglich die „Backstory Wounds“ des Protagonisten dort verortet. Die Vorliebe des Regisseurs fürs Asiatische zeigt sich aber auch in der betont ruhigen und dabei doch sehr komplexen Erzählweise, die an asiatische Animationsserien erinnert. Man weiß zu Beginn nicht wirklich, wohin Evans die Reise seines Helden führt. Er verlangt vom Zuschauer, rätselhafte Handlungsellipsen zu schlucken und Geduld zu bewahren, bis sich die dramaturgischen Nebel lichten und das groteske Gesamtbild dieser absonderlichen Sekten-Historie freigeben.

Charismatisch: Dan Stevens und Michael Sheen

Dabei baut der Film über weite Strecken nicht auf übernatürlichen Horror, sondern auf die Überzeugungskraft der stark aufspielenden Darsteller. Allen voran Dan Stevens als vermeintlicher Held der Geschichte und Michael Sheen als sein Gegenspieler und Oberprophet der Sekte, die allein durch ihr Charisma und die Körperlichkeit ihres Spiels überzeugen. Stevens, der nach „The Guest“ einmal mehr gegen den Typ des romantischen Liebhabers besetzt wurde, beweist endgültig, dass er allen (Genre-)Disziplinen gewachsen ist. Hier gibt der 36-jährige Brite den dem Wahn nahen emotionalen Berserker und verleiht dem Film damit eine fast schon shakespearehafte Tönung. Ihm verlangt das Drehbuch, das zum Finale nicht nur esoterisch, sondern auch ungemein brutal wird, dann nicht nur die meisten psychischen, sondern vor allem physischen Deformationen ab. „Apostle“ reiht sich nahtlos in den Trend jener Filme ein, die mit dem Übersinnlichen spielen und dabei gewillt sind, dem Zuschauer – wie den Darstellern – die kathartische Erleichterung eines versöhnlichen Endes vorzuenthalten.

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