Rememory
Drama | Kanada/USA 2017 | 112 Minuten
Regie: Mark Palansky
Filmdaten
- Originaltitel
- REMEMORY
- Produktionsland
- Kanada/USA
- Produktionsjahr
- 2017
- Regie
- Mark Palansky
- Buch
- Mark Palansky · Mike Vukadinovich
- Kamera
- Gregory Middleton
- Musik
- Gregory Tripi
- Schnitt
- Jane MacRae · Tyler Nelson
- Darsteller
- Peter Dinklage (Sam Bloom) · Matt Ellis (Dash Bloom) · Jordana Largy (Freddie) · Anton Yelchin (Todd) · Martin Donovan (Gordon Dunn)
- Länge
- 112 Minuten
- Kinostart
- 08.11.2018
- Fsk
- ab 12; f
- Pädagogische Empfehlung
- - Ab 16.
- Genre
- Drama | Mystery | Science-Fiction
Heimkino
Ein Bekannter will den Tod eines Erfinders aufklären, der ein Gerät zum Aufzeichnen von Erinnerungen konstruiert hat. Uneinheitliche Mischung aus Krimi und pseudophilosophischen Fragen nach Vergessen und Erinnern, Schuld und Sühne.
„Die Erinnerung ist in sehr weitem Maße eine Rekonstruktion der Vergangenheit mit Hilfe von der Gegenwart entliehenen Gegebenheiten und wird im übrigen durch andere, zu früheren Zeiten unternommene Rekonstruktionen vorbereitet, aus denen das Bild von ehemals schon recht verändert hervorgegangen ist.“ Der geniale Erfinder Gordon Dunn hat sich diese Passage aus Maurice Halbwachs’ soziologischem Klassiker „Das kollektive Gedächtnis“ offensichtlich sehr zu Herzen genommen, beharrt aber trotzdem darauf, dass die Essenz einer authentischen Erinnerung als „Wahrheit“ eine therapeutische Wirkung haben kann. Er hat deshalb eine Apparatur namens „Rememory“ entwickelt, die Erinnerungen gewissermaßen von ihrer Patina reinigt, dokumentiert und speichert.
Im Vorfeld der Präsentation kommt es allerdings zu einigen Irritationen, die vom anwesenden Modellbauer Sam Bloom aufmerksam registriert werden. Als Dunns Leiche am nächsten Morgen aufgefunden wird, gibt es zwar Spuren eines Schusswechsels, aber keine Schussverletzungen. Es existieren Aufnahmen von Überwachungskameras, aber der „Rememory“-Koffer ist verschwunden. Die Polizei steht vor einem Rätsel. Bloom hingegen, durch Zufall im Besitz des Apparats und des Erinnerungsarchivs der Probanden, macht sich daran, in bester „Whodunit“-Manier eine Aufstellung der potentiellen Verdächtigen ins Werk zu setzen und die jeweiligen subjektiv „erzählten“ Erinnerungsfragmente zu sichten und zu ordnen.
Wie bei Agatha Christie wimmelt es bald von Motiven, die teilweise privater Natur sind, teilweise aber auch mit dem Forschungsprojekt zu tun haben. Bloom, gespielt von Peter Dinklage, agiert so, als stamme er direkt aus einer „Noir“-Konstellation von Dashiell Hammett oder Raymond Chandler. Es zeigt sich nämlich, dass es durchaus gute Gründe gibt, bestimmte Erinnerungen zu löschen oder ex post zu „schönen“. Eine Probandin hat sich umgebracht, ein anderer Proband wurde durch die „neu“ präsentierten Erinnerungen traumatisiert. Auch zeigen sich beim Privatermittler Bloom erste Nebenwirkungen des „Rememory“-Programms in Form von Halluzinationen.
Das führt irgendwann zur Frage, warum Sam Bloom zu Beginn des Films bei der Präsentation des Geräts eigentlich anwesend war? Gewiss, er hat bei einem vom ihm selbst verschuldeten Autounfall Traumatisches erlebt, bei dem sein berühmter Rockmusiker-Bruder starb. Die letzten Worte, die der Sterbende an ihn richtete, hatte er damals nicht mehr verstanden; deshalb – vielleicht – das Interesse an Dunns Erfindung. Doch Bloom ist ein undurchsichtiger Charakter, der sich schon mal eine sentimentale Erinnerung ausdenkt, um sich das Vertrauen einer Person zu erschleichen.
„Rememory“ kommt als Film nicht auf den Punkt. Das spürt man schon bei der Exposition, die wenig überraschend, aber viel zu lang ausgefallen ist. Auch sonst können sich Regisseur Mark Palansky und sein Co-Drehbuchautor Michael Vukadinovich nicht so recht entscheiden, was sie eigentlich erzählen wollen. Die Kriminalhandlung mit der Aufklärung von Dunns Todesumständen wird sehr ausführlich, aber vergleichsweise spannungslos ausgebreitet. Immer wieder nimmt die Inszenierung das Tempo heraus, um Themen wie Erinnerung, Vergessen, Schuld und Sühne „pseudo-philosophisch“ (Werner Enke) zu ergründen, was wiederum nicht filmisch, sondern dialogisch aufgelöst wird.
Was hier als Science Fiction erscheint – die Ästhetik der gespeicherten Erinnerungen ist vergleichsweise konventionell und erinnert an ein mit einem Off-Kommentar versehenes, nur leicht verrätseltes „Home Movie“ – , ist fast schon retrofuturistischer Trash im Vergleich etwa mit Douglas Trumbulls ähnlich angelegtem „Projekt Brainstorm“. Neben mangelnder Substanz und fehlendem Budget schlagen auch Umständlichkeit und fehlende Logik durch. So dreht sich der Film am Ende darum, dass sich zwei Erinnerungsstränge an einem entscheidenden Punkt überschneiden, dass eine Schuld ungleich größer als vermutet ist und dass das Mysterium, um das Bloom herum ermittelt, ziemlich banal ist.
Ironischerweise wartet dieser prätentiöse „Scheinriese“ (Michael Ende) von einem Film mit einem höchst beeindruckenden Hauptdarsteller auf, dessen markante Kleinwüchsigkeit trotz aller Drehbuchschwächen irgendwann aus dem Blick gerät.