Killing God - Liebe Deinen Nächsten

Horror | Spanien/Frankreich 2018 | 93 Minuten

Regie: Caye Casas

In einer Silvesternacht werden vier Erwachsene, die den Jahreswechsel in einem abgelegenen Landhaus verbringen, mit einem kleinwüchsigen Landstreicher konfrontiert, der behauptet, Gott zu sein und für den Sonnenaufgang das Ende der Welt ankündigt. Es sei denn, das Quartett könne sich auf zwei Personen einigen, die überleben sollen. Das bitterböse surrealistische Märchen über die Absurdität menschlicher Wünsche und Begierden angesichts des drohenden Endes bewegt sich auf einem schmalen Grat zwischen Komödie und Horrorfilm, wobei Humor, Grauen und existenzielle Fragen durch überzeugende Darsteller, eine packende Inszenierung und die unheimliche, mit Symbolik wuchernde Atmosphäre in der Balance gehalten werden. - Ab 16.
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Filmdaten

Originaltitel
MATAR A DIOS
Produktionsland
Spanien/Frankreich
Produktionsjahr
2018
Produktionsfirma
Alhena Prod./New Morning Films
Regie
Caye Casas · Albert Pintó
Buch
Caye Casas · Albert Pintó
Kamera
Miquel Prohens
Musik
Francesc Guzmán
Schnitt
Jordi López
Darsteller
Eduardo Antuña (Carlos) · Emilio Gavira (Gott) · Itziar Castro (Ana) · Francesc Orella (Padre) · Boris Ruiz (Eduardo)
Länge
93 Minuten
Kinostart
27.12.2018
Fsk
ab 16; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 16.
Genre
Horror | Komödie
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Diskussion

Bitterböses surrealistisches Märchen über die Absurdität menschlicher Wünsche und Begierden angesichts des drohenden Weltendes, der auf einem schmalen Grat zwischen Komödie und Horrorfilm balanciert.

Es ist mitten in der Nacht; es donnert und blitzt. Ein kleinwüchsiger Mann (Emilio Gavira) steht auf einer Straße, die durch den dunklen Wald führt. Nur der struppige grau-weiße Bart ist zu sehen, den Rest verdeckt die Kapuze. Er hindert ein Auto an der Weiterfahrt. Der Fahrer fragt ihn zornig, ob er verrückt sei: „Ja, ich bin verrückt, aber nicht so, wie du meinst“, antwortet der Kleine und fügt hinzu, dass er bald sterben werde. Panisch startet der Fahrer das Auto, fährt wenig später gegen einen Baum und stirbt.

Carlos (Eduardo Antuña) und Ana (Itziar Castro) bereiten derweil den Silvesterabend vor. Beide sind etwas übergewichtig und desillusioniert – und haben sich schon lange nichts mehr zu sagen. Fast nichts mehr, denn Carlos ist von der fixen Idee besessen, dass seine Frau ihn mit ihrem Chef betrügt. Immer wieder fängt er davon zu sprechen an.

Der Vater denkt nur an Sex und Prostituierte

Für die Feiertage haben sie ein altes Landhaus in den Bergen gemietet und dazu Carlos Bruder Santi (David Pareja) und seinen Vater Eduardo (Boris Ruiz) eingeladen. Die beiden Männer stecken mitten in einer Lebenskrise: Santi wurde von seiner Frau verlassen, und Eduardo ist Witwer geworden. Während Santi aber nur klagt und jammert, denkt sein Vater nur noch an Sex und Prostituierte und kann ebenfalls von nichts anderem mehr reden. Es wird laut gestritten und gestichelt, während die Familie das Essen vorbereitet.

Es könnte trotzdem ein schöner Jahreswechsel werden, als plötzlich lautes Klopfen zu hören ist. Der kleinwüchsige Landstreicher tritt aus der Toilettentür und behauptet, Gott zu sein. Als Zeichen seiner Allmacht lässt er Eduardo an einem Herzinfarkt sterben und kurz darauf wieder erwachen. Aber nicht nur das, die schmutzige Gestalt kündigt auch den Weltuntergang an: „Wenn die Sonne aufgeht, wird die ganze Menschheit ausgelöscht sein.“

Harter Sarkasmus und literweise Wein

Die „frohe Botschaft“ besteht darin, dass die Familie, bei der er eingekehrt ist, zwei Menschen bestimmen darf, die das Drama überleben. Damit aber ist die zerstrittene Familie völlig überfordert. Alte Feindschaften und Rivalitäten brechen jetzt erst richtig auf. Der kleinwüchsige Mann ist hart und bösartig. Er trinkt literweise Wein und behandelt alle schlecht. Mit hartem Sarkasmus wischt er die Illusionen der Familie von einem Leben im Jenseits beiseite.

Immer wieder tauchen bei den Anwesenden Zweifel auf. Ist er vielleicht doch nur ein zwergwüchsiger Landstreicher? Sie glauben ihm, sie gehorchen ihm, bis sie sich eines anderen besinnen. Das Ende ist völlig überraschend.

„Killing God – Liebe Deinen Nächsten“ ist das Spielfilmdebüt der katalanischen Filmemacher Albert Pintó und Caye Casas und bewegt sich auf einem schmalen Grat zwischen Komödie und Horrorfilm. Der Film verbindet Elemente klassischer Hollywood-B-Pictures mit der besten Tradition spanischer Komödien und mit Dialogen, die in ihrer Mischung aus feinsinnigen und derben Elementen an José Luis García Berlanga, Rafael Azcona oder Alex de la Iglesia denken lassen. Gleichzeitig erinnert vieles an Luis Buñuel: der böse kleine Gott und die Absurdität der menschlichen Wünsche und Probleme angesichts der drohenden Apokalypse.

Mit den Augen der ausgestopften Tiere

Der Film ist um die fünf Darsteller herum gruppiert, die als Ensemble sehr dynamisch und tragikomisch zusammenwirken: Emilio Gavira verkörpert den schlechtgelaunten Gott. Eduardo Antuña mimt den eifersüchtigen Ehemann, mit einer hervorragenden Itziar Castro als frustrierter Ehefrau an seiner Seite, der immer wieder eine feine Balance zwischen derben und zarten Momenten gelingt. Die Dialoge sind mitreißend und die Handlung schlägt immer wieder überraschende Haken.

Eine wichtige Funktion kommt der Ausstattung zu. Das alte Haus, dessen Atmosphäre an Buñuels „Viridiana“ erinnert, steckt voller katholischer Symbole: vom Kruzifix über Heiligenbilder bis zum Jesuskind. Die toten Augen der ausgestopften Tiere verfolgen die Protagonisten bis zum Ende der langen Nacht.

Den Regisseuren gelingt die schwierige Gratwanderung zwischen Humor, Horror und den existenziellen Fragen des Lebens. Der Film kreiert eine faszinierend unheimliche Atmosphäre, die mit einem bisweilen auch derben schwarzen Humor variiert, aber nie in die Peinlichkeit abgleitet. „Killing God – Liebe Deinen Nächsten“ ist ein böses surrealistisches Märchen mit doppeltem Boden. Ein Debüt, von Anfang bis Ende hoch unterhaltsam, voll mit schwarzem Humor, Horror und Splatter- Elementen, das aber dennoch Raum gibt, um über Gott und die Welt und deren Untergang nachzudenken.

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