Shadowlands

Drama | Großbritannien 1993 | 131 Minuten

Regie: Richard Attenborough

Der englische Literaturprofessor und Romanautor C.S. Lewis erlebt mit der Amerikanerin Joy Gresham eine späte Liebe und wird vor die Prüfung seines Glaubens gestellt, als sie unheilbar an Knochenkrebs erkrankt. Ein gefühlvolles Drama, das die Liebesgeschichte durch die Behandlung der existenziellen Grundfrage nach dem Sinn des Leidens thematisch vertieft. Die brillante Leistung des Hauptdarstellers läßt die Schwachstellen einer allzu durchschaubar lehrhaften Dramaturgie vergessen. - Sehenswert ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
SHADOWLANDS
Produktionsland
Großbritannien
Produktionsjahr
1993
Produktionsfirma
Shadowlands Prod./Spelling/Price/Savoy
Regie
Richard Attenborough
Buch
William Nicholson
Kamera
Roger Pratt
Musik
George Fenton
Schnitt
Lesley Walker
Darsteller
Anthony Hopkins (C.S. Lewis) · Debra Winger (Joy Gresham) · John Wood (Christopher Riley) · Edward Hardwicke (Captain Warnie Lewis) · Joseph Mazzello (Douglas Gresham)
Länge
131 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 14.
Genre
Drama | Literaturverfilmung
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Diskussion
Eine friedvolle Abendstimmung liegt über den Colleges von Oxford, der Klang der Abendglocken geht über in den Gesang der Schola, und während die Kamera durch die lichtdurchflutete Kirche schwebt, erklingt die Pfingstsequenz "Veni creator Spiritus". Die weltferne, idyllische Abgeschlossenheit der Universität Oxford bildet den Hintergrund für ein Drama um eine späte Liebe und eine Glaubenskrise, in dessen Mittelpunkt eine reale Person steht. Clive Staples ("Jack") Lewis (1999-1963), Professor für englische Literatur, ein brillanter Denker und Vortragskünstler, ein bekannter Autor von philosophischen Zukunftsromanen und phantasievollen Kinderbüchern. Lewis wird eingeführt als ein Mann, der "einfache Antworten auf komplexe Fragen" zu geben weiß, der Buchwissen und Phantasie über konkrete persönliche Erfahrung stellt und in vollbesetzten Vortragssälen über den Sinn des Leidens doziert: "Das Leiden ist Gottes Megaphon, um eine taube Welt aufzuwecken." Dieser Mann, der sein Leben im Griff hat, wird vor eine Herausforderung gestellt durch den Kontakt mit einer Verehrerin. Die Amerikanerin Joy Gresham, die durch ihre Briefe mit scharfsinnigen Bemerkungen und Anfragen zu seinen Werken sein Interesse geweckt hat, sucht ihn bei ihrem England-Besuch in seinem Domizil, das er zeit seines Lebens nur mit seinem Bruder, Captain Lewis, geteilt hat, auf. Ihre offene, kritisch-ironische Art bezaubert den Professor. Schon bald folgt ein zweiter Besuch mit ihrem Sohn, und es stellt sich heraus, daß sie sich von ihrem zu Gewalttätigkeit neigenden Mann getrennt hat. Nach ihrer Scheidung siedelt sie ganz nach London um. Um ihr die für den dauerhaften Aufenthalt in Großbritannien notwendige britische Staatsangehörigkeit zu verschaffen, erklärt sich Lewis bereit, sie zu heiraten, eine reine .,pro forma"-Angelegenheit. wie er seinem Bruder versichert. Nach der vor allen Freunden geheimgehaltenen Trauung gehen die Jungvermählten gleich wieder auseinander. Sie treffen sich vorwiegend bei offiziellen Anlässen in der Universität, ohne zu erkennen zu geben, daß sie ein Ehepaar sind. Joy findet es zunehmend schwieriger, sich mit seiner Unangreifbarkeit und seiner Hemmung, Gefühle preiszugeben. abzufinden. Kaum deutet sich eine größere Intimität der Beziehung an, schon trifft das ungleiche Paar ein schwerer Schicksalsschlag. Joy stürzt unglücklich, und die ärztliche Untersuchung ergibt die niederschmetternde Diagnose: unheilbarer Knochenkrebs. Der sonst so selbstgewisse Professor tut sich schwer, mit dieser Prüfung seines Glaubens fertig zu werden. Joy, vom nahen Tod gezeichnet, bewegt ihn, noch einmal mit ihr eine Reise in das sogenannte "Goldene Tal" in Herefordshire zu unternehmen, das ihm seit seiner Kindheit durch ein Aquarell bekannt und immer als Vision des Paradieses erschienen ist. Auf dieser Reise vermittelt sie ihm die Einsicht, daß Freude und Schmerz untrennbar zusammengehören. An ihrem Sterbelager ist er endlich in der Lage, ihr seine Liebe offen zu gestehen und seinen Gefühlen freien Lauf zu lassen. Ihr Tod läßt ihn in seinem Glauben an den Sinn des Leidens zweifeln, aber es gelingt ihm, seinen Schmerz zu überwinden und seinen Frieden mit Gott zu machen.

Die Beschwörung der stimmungsvollen Atmosphäre der Universität mit allen folkloristischen Zugaben bildet den Hintergrund für eine Geschichte, die ans Herz gehen soll. Dazu werden bewährte dramaturgische Mittel eingesetzt. Die Form hat den Charme eines klassischen wohlgebauten Hollywood-Melodrams. Das Thema der Verwandlung des sympathischen, aber etwas weltfremden Professors, der aus seinem elfenbeinernen Turm geholt wird, weckt Erinnerung an einen Klassiker wie "Goodbye Mr. Chips" (fd 16 674) oder "My Fair Lady" (fd 13 169). Richard Attenborough zieht die Register seines Könnens, um diese erprobten attraktiven Elemente voll zur Geltung zu bringen. Er läßt auf der Leinwand eine Welt auferstehen, die fast zu schön ist, um wahr zu sein. Man wäre schnell bereit, die allzu weihevoll beschworene Idylle abzulehnen, wenn nicht der Film dadurch interessant würde, daß eine reale Person im Mittelpunkt steht und die Liebesgeschichte in den Horizont der Glaubenskrise gestellt ist. Die theoretischen Positionen, die C.S. Lewis im Hinblick auf die Liebe und das Leiden vertritt, werden im Verlauf der Handlung auf die praktische Probe gestellt. Die "Lektion" für den Professor ist geradezu didaktisch aufgezogen und wird am Ende mit einem Merkspruch abgerundet. Die allzu durchschaubare Konstruktion ist ein unübersehbarer Schwachpunkt des Films, dem es aber dennoch gelingt, die Hauptfigur durchaus komplex und interessant zu gestalten. Es wird deutlich, daß sich die existentielle Frage nach dem Sinn des Leidens für Lewis erstmals stellte, als er als Neunjähriger den Tod seiner Mutter erlebte. Seine philosophisch-theologische Bewältigung der Frage, die er in seinen Vorträgen vermittelt, und die Bewältigung seiner Ängste in seinen fiktionalen Werken erscheinen als Reaktionen auf die Krise der Kindheit. Die unmittelbare Konfrontation mit dem Sterben der geliebten Frau reißt ihn aus seiner Glaubenssicherheit erneut in die Strudel des Zweifels an Gott. Das Schlußbild jedoch, daß Lewis mit Joys Sohn Douglas in der in lebhaftem Grün erstrahlenden Wiesenlandschaft des "Goldenen Tals" verschwinden läßt, deutet seinen Frieden mit Gott an und ein Akzeptieren der Schöpfung, die Glück und Leid als zwei untrennbare Seiten einer Medaille enthält. Daß der Film trotz einer schematischen Dramaturgie funktioniert, ist der brillanten schauspielerischen Leistung von Anthony Hopkins zu verdanken, der in jeder Geste perfekt ist und sich als konkurrenzlos in einem Rollenfach erweist, das er gerade mit seiner Darstellung des Butlers Stevens in "Was vom Tage übrig blieb" (fd 30 697) als sein Terrain reklamiert hat. Debra Winger kann nur in wenigen Szenen dagegenhalten, in denen sie durch ihren schlagfertigen Witz die Oxford Dons zu verblüffen weiß, verblaßt aber zusehends, wenn ihre Rolle nur die Leidensmiene und lehrhafte Sprüche zuläßt. Hopkins allein lohnt schon den Besuch des Films, der gefühlvolle Unterhaltung mit Tiefgang zu verbinden weiß und vielleicht in der Lage ist, das Interesse an dem Werk von C.S. Lewis erneut zu beleben.
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