Tito, der Professor und die Aliens

Familienfilm | Italien 2017 | 93 Minuten

Regie: Paola Randi

Komödie um einen verschrobenen Weltraum-Wissenschaftler in Nevada, der sich plötzlich um die Kinder seines verstorbenen Bruders aus Italien kümmern soll. Spielerisch und humorvoll verknüpft der Film Kinderfantasien mit den auch in metaphysischen Science-Fiction-Filmen formulierten existenziellen Fragen nach dem Sinn des Lebens. Aus der Sicht der Kinder wird ein abenteuerliches Universum voller Absurditäten entfaltet, das unweit der mythenumwobenen Area 51 lustvoll mit surrealen Elementen hantiert. - Sehenswert ab 10.
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Filmdaten

Originaltitel
TITO E GLI ALIENI
Produktionsland
Italien
Produktionsjahr
2017
Produktionsfirma
BiBi Film
Regie
Paola Randi
Buch
Paola Randi · Massimo Gaudioso · Laura Lamanda
Kamera
Roberto Forza
Musik
Giordano Corapi · Fausto Mesolella
Schnitt
Desideria Rayner
Darsteller
Valerio Mastandrea (Professore) · Clémence Poésy (Stella) · Luca Esposito (Tito) · Chiara Stella Riccio (Anita) · Miguel Herrera (Luke)
Länge
93 Minuten
Kinostart
28.03.2019
Fsk
ab 0; f
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 10.
Genre
Familienfilm | Komödie | Science-Fiction
Externe Links
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Heimkino

Verleih DVD
eksystent (16:9, 1.78:1, DD2.0 dt.)
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Diskussion

Komödie um einen verschrobenen Weltraum-Wissenschaftler in Nevada, der sich plötzlich um die Kinder seines verstorbenen Bruders aus Italien kümmern soll. Spielerisch verknüpft der Film Kinderfantasien mit existenziellen Fragen nach dem Sinn des Lebens.

Drei weiße Wohnkugeln, nachts von bläulichem Licht erhellt: Das futuristische Zelt mitten in der Wüste Nevadas sieht wie eine Raumstation auf einem fernen Planeten aus. Der siebenjährige Tito und seine 16-jährige Schwester Anita finden ihr Domizil wirklich cool – anders als den Rest an ihrem neuen Wohnort Groom Lake.

Die Geschwister kommen aus Neapel und werden in „Tito, der Professor und die Aliens“ ans Ende der Welt katapultiert und noch ein bisschen weiter. Ihr Vater ist jüngst gestorben, ihre Mutter ist schon lange tot. Vor seinem Ende hat ihr Vater Videonachrichten für seinen Bruder in den USA aufgezeichnet, der bislang in anderen Sphären zu Hause war. Fast zeitgleich mit den Videobotschaften kommen die Kinder am Flughafen an. Keine Zeit mehr, den Kopf in den Wüstensand oder die Milchstraße zu stecken.

Das macht der Onkel Professore sonst nämlich gerne: Sich im Universum verlieren und von seiner Frau träumen, die nicht mehr lebt. Ab und zu redet er sogar mit ihr, in seinem Labor, das er kaum mehr für Forschungen nutzt, sondern mehr dazu, sich ins Gestern zu flüchten.

In Las Vegas wartet Lady Gaga

Tito und insbesondere Anita haben sich Amerika anders vorgestellt. In Las Vegas, so hatte sie es ihrem kleinen Bruder – und vor allem auch sich selbst – versprochen, würden Glamour, Lady Gaga und viele berühmte Menschen auf sie warten.

Liebe, Tod, Verlust und Erwachsenwerden. Die italienische Regisseurin Paola Randi fächert mit liebe- und humorvollem Blick viele Themen auf. In diesem chaotisch-fantasievollen Wüstenuniversum haben sie alle Platz. Nachts blickt der Mond zum Space-Zelt-Fenster herein und nimmt einen mit: in einen Kosmos zwischen Georges Méliès, Federico Fellini und Emir Kusturica.

„Tito, der Professor und die Aliens“ erinnert an ein unaufgeräumtes Kinderzimmer, in dem Legos neben Comics und Büchern, Stiften unter Klamotten und Kuscheltieren liegen – dazwischen herrlich undefinierbare Bauten und wundersam dekonstruierte Figuren oder Gegenstände. Für Erwachsene ist das pure Unordnung – für Kinder aber das Paradies.

Tito und Anita sind im Nirgendwo gestrandet, unweit der legendären Area 51. Im Auftrag der Air Force sucht ihr bärbeißiger Onkel mit einem gigantischen Teleskop angeblich nach Signalen aus dem Weltraum. Während Tito sich sehnsüchtig wünscht, mit seinem toten Vater sprechen zu können, will Anita so schnell wie möglich weg von hier. Zum Glück gibt es Stella. Die einzige Freundin des Onkels organisiert bizarre Weltraumhochzeiten mit Ufos und Alien-Masken, wozu auch eine über den Kopf gestülpte Waschmaschinentrommel dienen kann. Ab und zu kutschiert Stella den Professore irgendwohin, zum Beispiel zum Flughafen, um die Kinder abzuholen. Denn der Onkel hat kein Auto.

Die Aliens entpuppen sich als Kinder

Paola Randi räumt nicht gerade mit Rollenklischees auf. Während sich die pubertierende Anita für Nagelstudios und ältere Männer interessiert, darin durchaus Stella ebenbürtig, entwickelt sich der jüngere Bruder zum Forschungsassistenten des Onkels. Immerhin sitzt der Onkel als alleinerziehender Mann in der Wüste und findet, nach einigen nachvollziehbaren Anfangsschwierigkeiten, Gefallen an der neuen Rolle. Aus Aliens, die seine Welt angreifen, werden Kinder, die ein neues Zuhause finden.

Der heitere Grundton des Films färbt sich gegen Ende zu melancholisch ein und verbindet so spielerisch wie satirisch-sanft Kinderfantasien mit Anklängen an metaphysische Science-Fiction-Filme wie „Solaris“ oder „2001 – Odyssee im Weltraum“. Hier gibt es statt HALs bedrohlich rotem Auge aber den freundlich zwinkernden, weiblichen Computer LINDA.

Die Themen, die eher philosophische Fragen sind, werden noch einmal verdichtet: Es geht um Selbstentfremdung und um die Verbindung zum Ich durch die Erinnerungen. „Tito, der Professor und die Aliens“ ist ein Plädoyer gegen die Verdrängung und für das Loslassen. Das Glück war nicht gestern oder wird morgen sein. Es ist heute – jetzt.

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