Western | Irland/USA/Belgien/Frankreich/Luxemburg/Großbritannien 2019 | 96 Minuten

Regie: Ivan Kavanagh

Ein Sargmacher und Bestattungsunternehmer lebt mit Frau und Kindern in einem heruntergekommenen Nest am California Trail, das von einem fanatischen Prediger beherrscht wird. Dann aber kommt ein skrupelloser Outlaw in die Stadt, öffnet den geschlossenen Saloon wieder und funktioniert ihn zum Bordell um, während er jeden Widerstand gewaltsam unterdrückt. Düsterer und deprimierender Spätwestern, der sich deutlich am Italo-Western-Vorbild orientiert und dessen Motive übernimmt. Die Figuren gewinnen in ihrer fast schon zur Karikatur überzeichneten Negativität und durch die komplizierte Gespreiztheit der Dialoge aber nur wenig Lebendigkeit. - Ab 16.
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Filmdaten

Originaltitel
NEVER GROW OLD
Produktionsland
Irland/USA/Belgien/Frankreich/Luxemburg/Großbritannien
Produktionsjahr
2019
Produktionsfirma
Ripple World/Iris/Iris Films/Rezo
Regie
Ivan Kavanagh
Buch
Ivan Kavanagh
Kamera
Piers McGrail
Musik
Aza Hand · Will Slattery · Gast Waltzing
Schnitt
Dermot Diskin
Darsteller
Emile Hirsch (Patrick Tate) · John Cusack (Dutch Albert) · Danny Webb (Prediger Pike) · Déborah François (Audrey Tate) · Molly McCann (Emma Tate)
Länge
96 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 16
Pädagogische Empfehlung
- Ab 16.
Genre
Western
Externe Links
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Heimkino

Die Extras umfassen u.a. eine ganze Reihe von Kurzinterviews mit Cast & Crew (52 Min.).

Verleih DVD
Koch (16:9, 2.35:1, DD5.1 engl./dt.)
Verleih Blu-ray
Koch (16:9, 2.35:1, dts-HDMA engl./dt.)
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Diskussion

Patrick Tate (Emile Hirsch) hat sich als Sargschreiner und Bestattungsunternehmer mit Frau und Kindern in Garlow niedergelassen, einem kleinen Nest am California Trail, der im Wilden Westen von Missouri nach Nordkalifornien führt. Der Sonnenstaat Kalifornien scheint noch weit entfernt: Garlow macht mit grauem Himmel und schlammigen Gehwegen einen deprimierenden Eindruck. Ein fanatischer Prediger hat – gestützt durch einen Frauenverein – Alkohol und Waffen verboten, der Saloon gegenüber der Kirche ist geschlossen. Bei einer Beerdigung redet er darüber, dass es Garlow seitdem sehr viel besser ginge. Doch die traurigen Gesichter der Bewohner zeugen vom Gegenteil.

Ein neues Bordell & neue Aufträge für den Sargmacher

Sonntags geht Tate notgedrungen in die Kirche, um es sich mit dem Prediger (nicht zuletzt in geschäftlicher Hinsicht) nicht zu verderben. Doch dann kommt der Teufel höchstpersönlich und bedroht den brüchigen Frieden der Stadt: Dutch Albert, von John Cusack genüsslich gespielt. Albert ist ein schwarz gekleideter Outlaw, sein großer Hut verdeckt sein Gesicht, die Untersicht der Kamera verleiht ihm eine bedrohliche Größe. Die Strenggläubigkeit der Stadtbewohner interessiert ihn nicht; kurzerhand eröffnet er den Saloon wieder und macht daraus ein Bordell. Missliebige Zeitgenossen schießt er über den Haufen, und das belebt Patrick Tates Geschäft – so wie schon Clint Eastwood in Für eine Handvoll Dollar einem Sargmacher viel Arbeit verschaffte. Doch Tates Frau Audrey ist über diese gefährliche Allianz nicht begeistert…

Postmoderne Western gefallen sich oft darin, die Mythen des amerikanischsten aller Genres gegen den Strich zu bürsten und neue zu erfinden. Die Eroberung des Westens stockt in einem düsteren Kaff, fundamentalistische Prediger ergreifen – wie schon in „Brimstone – Erlöse uns von dem Bösen“ (2016) – die Macht. Die Bösewichter sind, wie schon im Italo-Western, an Brutalität und Skrupellosigkeit nicht zu überbieten; die Hoffnung auf ein gutes Ende wird bereits im Prolog – ein Mann geht mit einem Schrotgewehr in eine Kirche, der Zuschauer hört aus dem Off mehrere Schüsse – zunichtegemacht. Das macht aus „Never Grow Old“ von Beginn an ein niederschmetterndes Werk, das mit zunehmender Dauer immer düsterer wird.

Figuren sind so überzeichnet, dass sie kaum Lebendigkeit gewinnen

Was den Film so unerquicklich macht, ist jedoch weniger diese Grimmigkeit, es sind die Stereotypen und Klischees, die er dabei bedient: Die Figuren sind in ihrer Schlechtigkeit hoffnungslos überzeichnet – sei es die Gemeinheit Alberts, der Zorn des Priesters, die Tatenlosigkeit Tates oder der religiöse Fanatismus der älteren Frauen. Da es zu all dieser Negativität aber keinen starken positiven Gegenpol gibt, kann auch keine wirkliche Spannung aufkommen. Einzig Audrey, dargestellt von Déborah François, gewinnt als französische Einwanderin etwas Profil, weil sie die Gefahr erkennt und aufbegehrt. Der irische Autor und Regisseur Ivan Kavanagh überdreht die Schraube und nimmt so den Figuren Lebendigkeit und Glaubwürdigkeit. Das gilt auch für die Dialoge, die in ihrer komplizierten Gespreiztheit nicht die beabsichtigte Gelassenheit entwickeln. „Glauben Sie, dass ein anständiger, ehrlicher Mann wie Sie mit einem Kerl wie mir befreundet sein könnte?“, fragt Albert den phlegmatischen Schreiner, nachdem er ihn zuvor als irischen Einwanderer zum Außenseiter der neuen amerikanischen Gesellschaft erklärt hat, denn die Iren seien „Wilde“. Da hätte man sich von Kavanagh doch ein bisschen mehr Selbstbewusstsein gewünscht.

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