Brittany runs a Marathon

Drama | USA 2019 | 104 Minuten

Regie: Paul Downs Colaizzo

Eine frustrierte Frau Mitte 20, die an Übergewicht, Bluthochdruck und Schlafdefiziten leidet und mit ihrem Leben alles andere als zufrieden ist, schließt sich einer Laufgruppe an und will am Marathon in New York teilnehmen. Mit dieser Entscheidung gewinnt das vielschichtige Porträt eines Underdogs, der schwer an seinem negativen Selbstbild trägt, an Fahrt und Tiefe, ohne in die Klischees einschlägiger Sportfilme abzugleiten. Der Kampf um die Selbstbehauptung im eigenen Leben ist frisch und detailreich in Szene gesetzt, mit Hochs und Rückfällen sowie lebensnah-stacheligen Figuren. - Ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
BRITTANY RUNS A MARATHON
Produktionsland
USA
Produktionsjahr
2019
Produktionsfirma
Material Pic./Picture Films
Regie
Paul Downs Colaizzo
Buch
Paul Downs Colaizzo
Kamera
Seamus Tierney
Musik
Duncan Thum
Schnitt
Casey Brooks
Darsteller
Jillian Bell (Brittany) · Michaela Watkins (Catherine) · Utkarsh Ambudkar (Jern) · Lil Rel Howery (Demetrius) · Micah Stock (Seth)
Länge
104 Minuten
Kinostart
24.10.2019
Fsk
ab 6; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Drama | Komödie
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Eine frustrierte Frau Mitte 20, die an Übergewicht, Bluthochdruck und Schlafdefiziten leidet und mit ihrem Leben alles andere als zufrieden ist, schließt sich einer Laufgruppe an und will am Marathon in New York teilnehmen.

Diskussion

Mit dem Titel ist das Wesentliche eigentlich schon gesagt. Im Spielfilmdebüt von Paul Downs Colaizzo beschließt die junge, bis dahin sportlich völlig unerfahrene Brittany (Jillian Bell), den New-York-Marathon zu laufen. Dass der Weg dahin nicht leicht wird und manchen Rückschlag bereithält, ist wenig überraschend. Doch die Geschichte um Brittanys Lauf reicht sehr viel tiefer. Es geht nicht nur um das Ringen eines Underdogs um sportlichen Erfolg, sondern der Film entwirft ein vielschichtiges Porträt einer Twentysomething-Frau, die schwer an ihrem negativen Selbstbild trägt, ihr Leben aber wieder in den Griff bekommen will.

Gründe dafür hat Brittany mehr als genug. Gesundheitlich muss sie mit Übergewicht, Bluthochdruck und Schlafdefiziten kämpfen. Der Arzt, von dem sie sich eigentlich nur ein Rezept für Ritalin erhofft hatte, macht ihr deutlich klar, dass sie ihr Leben auf eine gesündere Basis stellen muss.

Auch um andere Facetten von Brittanys Leben ist es nicht gut bestellt. Sie verliert ihren Job, weil sie immer wieder zu spät kommt und ihre Aufgaben unachtsam erledigt, tut sich aber schwer, eine neue bezahlte Aufgabe zu finden. Ihre Traumbranche Marketing und PR hat sie ohnehin längst abgeschrieben. Aber auch in weniger begehrten Jobs möchte offenbar niemand die chaotisch und unsicher wirkende übergewichtige Frau einstellen.

Auch das scheinbar Perfekte hat Tücken

Hinzu kommt, dass ihre Dating-Versuche kläglich verlaufen. Selbst ihre beste Freundin Gretchen (Alice Lee) schätzt Brittany eigentlich nur dann, wenn ihr Freund wieder mal Schluss gemacht hat oder sie auf ihren Streifzügen durch das New Yorker Nachtleben Gesellschaft braucht. Kurzum: Brittanys Leben ist mehr als ungeordnet und enthält wenig, das ihr Freude bereitet. Zu allem Überfluss scheint sie auch selbst daran zu glauben, dass sie dieses Schicksal verdient.

Hilfe kommt von völlig unerwarteter Seite. Ausgerechnet Brittanys perfekte Nachbarin Catherine (Michaela Watkins), die ihr stets nur in Joggingklamotten im Hausflur begegnet und Vorhaltungen über die Unordnung im Flur macht, geht auf Brittany zu, als ihr Weinen nicht zu überhören ist.

Auch Catherine, die äußerlich den Schönheitsidealen entspricht und offenbar über viel mehr Geld als die überschuldete Brittany verfügt, ist nicht wirklich glücklich. Sie steckt mitten in einer Scheidung, steht finanziell kurz vor dem Ruin und kämpft vor Gericht darum, dass sie ihre Kinder regelmäßig sehen kann. Im Gegensatz zu Brittany ist ihr aber Selbstmitleid völlig fremd; sie arbeitet vielmehr Schritt für Schritt daran, ihre Angelegenheiten zu ordnen. Kurzerhand ermutigt sie Brittany, in ihrer Laufgruppe mitzumachen, um auf andere Gedanken zu kommen. Auch wenn Brittany dieses Angebot zunächst ablehnt, beschließt sie doch, ihr Leben zu ändern.

Im Zickzack durch die Straßen

Sinnbildlich startet sie die erste Laufrunde ihres Lebens. In alten Jogginghosen, einem ranzigen T-Shirt und ihren alten Sportschuhen macht sie sich auf, einmal um den Block zu laufen. Ein Kampf gegen sich selbst und den Großstadtdschungel beginnt: Im Zickzack um Fußgänger, Mütter mit Kinderwagen, Jugendliche, die sie mit verächtlichen Blicken bedenken, und Passanten, die über sie lachen; dazu kommen Unterbrechungen an der Ampel, bei denen sie den Blicken der anderen noch weniger ausweichen kann. Aber als sie am Ende wieder zu Hause ankommt, hat Brittany zum ersten Mal seit Jahren das Gefühl, etwas geschafft zu haben. Und nimmt sich vor, als nächstes eine Meile (1,6 km) am Stück zu laufen.

Ab diesem Moment erobert Brittany sich nach und nach die Kontrolle über ihr Leben zurück.

Das Thema „Selbstfindung durch Marathon/Triathlon“ ist nicht ganz neu und gerade zu Beginn sind manche Szenen klischeehaft vorhersehbar. Doch nach und nach gewinnt „Brittany runs a Marathon“ an Fahrt und Tiefe: Charaktere werden entwickelt, die keinen gängigen Schablonen entsprechen und die sich auf ebenso lebensnahe wie stachelig-humorvolle Weise an weiblichen (Körper-)-Idealbildern abarbeiten, ohne dass der Film in die Falle tappen würde, die simple Gleichung „sportlich/dünn gleich glücklich“ zu bestätigen. Dazu sind die Gründe für Brittanys anfängliche Misere viel zu vielschichtig; und der Prozess, wie sie nach und nach selbstbewusster wird und Entscheidungen trifft, die langfristig gut für sie sind, wird detailliert und einfühlsam dargestellt, ohne dass gleich alles in ihrem Leben perfekt (und damit unglaubwürdig) werden würde.

Selbstachtung als Grundlage für Zufriedenheit

Subtil vermittelt Jillian Bell, wie Brittany allmählich aufhört, von sich selbst als dicke, unfähige Person zu denken, und stattdessen anfängt, sich selbst zu akzeptieren und ernst zu nehmen.

„Brittany runs a Marathon“ erzählt eine Geschichte, wie man sie ansatzweise schon hundertfach in US-Sportfilmen gesehen hat, doch die Inszenierung tut das so frisch und mit so sympathischen Charakteren, dass man unwillkürlich mitgerissen wird. Es mag ein sehr weiter Weg sein, den Brittany zu gehen hat, aber sie tut dies buchstäblich Schritt für Schritt.

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